Kurz nach der Ankunft der Castoren in Gorleben wird der nächste Transport geplanr. Er könnte über die Hansestadt nach Murmansk gehen.

Gorleben/Berlin. Es ist vollbracht. Elf weitere Castoren mit hoch radioaktivem Müll stehen im Zwischenlager Gorleben. Es war der längste, teuerste und umstrittenste Transport seit Beginn 1995. Begründet wird die Unterbringung im Wendland mit der Notwendigkeit, deutschen Atommüll auch im eigenen Land zu entsorgen. Dazu gehört auch die gestern angeordnete Fortsetzung der Erkundung des Gorlebener Salzstocks auf Eignung als Endlager, kaum dass die nukleare Fracht angekommen ist.

Muss der Atommüll wirklich auf ewige Zeiten im Lande gelagert werden? Das Bundesumweltministerium plant, 18 weitere Castorbehälter mit 951 hoch radioaktiven Brennelementen nach Russland zu bringen - zur Aufarbeitung und Endlagerung.

Diese Brennelemente stammen aus dem ehemaligen DDR-Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden und lagern seit 2005 im Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen. In der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hieß es gestern, ein Abkommen mit der Regierung in Moskau sei unterschriftsreif, wegen des Fehlens von Genehmigungen von Bundesbehörden gebe es aber keinen Zeitplan für den Transport. Als wahrscheinlich gilt eine Route von Ahaus nach Hamburg oder Bremerhaven zur Verschiffung nach Murmansk in Russland.

Zwar hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als eine dem Bundesumweltministerium unterstehende Behörde schon im September den Transport genehmigt, gestern allerdings meldete das BfS Zweifel an, ob der Abtransport nach Russland nicht gegen frühere Genehmigungen zur Zwischenlagerung in Ahaus verstößt. Damals habe der Bund sich auch für diese Abfälle darauf festgelegt, dass sie in ein deutsches Endlager kommen sollten.

Genau dies forderte gestern auch der frühere Bundesumweltminister und SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel von der schwarz-gelben Bundesregierung in Berlin ein: "Die Verschiffung nach Russland ist ein Akt der politischen Feigheit, es ist Aufgabe eines jeden Landes, den eigenen Atommüll selbst zu entsorgen." Ähnlich äußerten sich Politiker der Grünen sowie Vertreter von Umweltorganisationen.

Basis für den von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) angestrebten Abtransport ist ein internationales Abkommen, in dem sich die USA und Russland verpflichten, in andere Länder geliefertes Atommaterial zurückzunehmen. Erklärtes Ziel dabei ist es, waffenfähiges Uran einzusammeln.

Der Castortransport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben hat vier statt der geplanten drei Tage gedauert, knapp 20 000 Polizisten waren im Einsatz, teilweise in letzter Minute zusätzlich angefordert, weil auch die Zahl der zu Blockaden entschlossenen Demonstranten auf der Straße und auf der Schiene teilweise 7000 überschritt, deutlich mehr als gedacht.

Rund 50 Millionen Euro kostete der Einsatz, Niedersachsen bleibt auf 25 Millionen Euro sitzen, weil es für die Kosten der anderen Bundesländer aufkommen muss, die Beamte zu Hilfe schickten. Diskutiert wird jetzt auch, die Energiekonzerne, die Atomstrom und Atommüll produzieren, an den Kosten zu beteiligen.

Gegen 172 Demonstranten wurden Strafverfahren eingeleitet, deutlich mehr als im Vorjahr, aber doch nur ein Bruchteil der Verfahren, die es Anfang des Jahrzehnts bei jedem Transport trotz geringerer Teilnehmerzahlen gab. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) nannte den Polizeieinsatz mit Schlagstöcken, Wasserwerfern, Pfefferspray und Tränengas "richtig und angemessen". Im Jahr 2011 soll der nächste Transport rollen.