Der Antrag auf Räumung des Hotels scheitert. Der Verfassungsschutzchef hält die Besetzer für gefährlich. Die rechtliche Lage ist unklar.

Faßberg. Verfallen, beinahe gespenstisch wirkt das Landhaus Gerhus bei Faßberg im Kreis Celle. Eine schwarz-weiß-rote Reichsflagge ist gehisst, zwischen zwei Fenstern hängt ein Transparent mit der Aufschrift "Nationaler Widerstand Celle". Schilder mit "Unbefugten ist der Zutritt verboten" oder "Vorsicht bissiger Hund!" sollen ungebetene Besucher abschrecken. Seit gut zehn Tagen ist das Hotel von Neonazis, Anhängern des rechtsextremistischen Anwalts und NPD-Bundesvize Jürgen Rieger, besetzt. Die rechtliche Situation in diesem bizarren Streitfall bleibt weiterhin unklar. Ein Dringlichkeitsantrag zur Räumung des Gebäudes vor dem Amtsgericht Celle ist am Montag gescheitert. Verhandlungstermin ist jetzt Freitag.



Der Insolvenzverwalter des Objekts, Jens Wilhelm, hatte den Antrag gestellt. "Das ist nicht besonders glücklich und kommt überraschend, denn was soll dringender sein als die Räumung eines illegal besetzten Hotels?", sagt Wilhelm. Jürgen Rieger hat einen Pachtvertrag für das Gebäude. Er will in dem Landhotel ein Schulungszentrum einrichten. Ursprünglich sollte das Hotel zwangsversteigert werden. Der Zwangsverwalter hatte neue Schlösser eingebaut. Neonazis bohrten diese am 17. Juli auf und besetzten das Hotel.


Seitdem spitzt sich die Lage zu. Die Polizei stellte am Wochenende bei zwei jungen Männern aus der linken Szene Pfefferspray sicher, bei einer Gruppe von Rechtsextremen wurde ein Schlagstock entdeckt. Als Linke und Rechte vor mehr als einer Woche aufeinandertrafen, waren auf dem Gelände Schüsse gefallen. Verletzt wurde dabei aber niemand. "Mehrere Streifenwagen patrouillieren rund um die Uhr in dem Gebiet um das Hotel", sagt Celles Polizeisprecher Christian Riebandt.


Der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Günther Heiß hält die Besetzer für gefährlich. "Das sind Leute, die auch hinlangen, wenn sie meinen, dass sie provoziert werden. Ich kann mir vorstellen, dass sie durchaus handgreiflich werden." Bei den Leuten handele es sich um die Kameradschaft 73 Celle von Neonazi Dennis Bühring. Heiß bezeichnet Bühring als "Riegers Vorposten in dem Hotel". Faßbergs Bürgermeister Hans-Werner Schlitte (parteilos) fürchtet, dass es zu andauernden Krawallen kommt. Er kündigt an, dass die Gemeinde das gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung ihres Vorkaufsrechts wieder aufnehmen und so eine Zwangsversteigerung des Hotels verhindern will, damit sich die Rechten nicht dauerhaft in Faßberg einnisten können.


Verfassungsschutzchef Heiß betont, dass sämtliche rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft würden, um zu klären, ob Riegers Leute zu Recht in dem Hotel sind. Die Bauaufsicht prüfe zudem, ob in dem Hotel Menschen untergebracht oder geschult werden könnten. Rieger hatte am 26. Mai mit der Besitzerin des Hotels einen Pachtvertrag geschlossen - einen Tag vor dem Beschluss zur Zwangsverwaltung. "Wir prüfen, ob es sich um einen Scheinvertrag handelt oder er vordatiert wurde", sagt Oberstaatsanwalt Roland Kazimierski. "Der Pachtvertrag ist der Dreh- und Angelpunkt für die gerichtliche Entscheidung zur Räumung", sagt der Direktor des Amtsgerichts Celle, Günter Busche. Das Gericht müsse klären, ob der Vertrag gegen den Beschluss zur Zwangsverwaltung Bestand hat. Die Zwangsversteigerung wird laut Busche von der Bank weiter betrieben. Anfang nächsten Jahres soll das Gebäude erneut unter den Hammer kommen.