SPD Niedersachsen sieht sich im Aufwind und will die CDU als stärkste kommunalpolitische Kraft ablösen. Entscheidung über Spitzenkandidatur offen.

Wolfsburg/Hannover. Die Niedersachsen-SPD traut sich wieder etwas zu: Auf dem Landesparteitag in Wolfsburg machte der Landesverband Front gegen die Pläne des Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel, Nichtmitglieder an wichtigen Personalentscheidungen zu beteiligen. Schließlich steht noch in diesem Herbst die Entscheidung an, wer als Spitzenkandidat Ende 2012 in den Landtagswahlkampf zieht. Und die Umfragen signalisieren der SPD, dass sie erstmals nach acht Jahren in der Opposition wieder eine reale Chance hat, in Hannover zu regieren.

Schon im September bei der Kommunalwahl wird sich zeigen, wie belastbar der neue Optimismus der Niedersachsen-SPD ist. Ihr Landesvorsitzender Olaf Lies gab in Wolfsburg das Ziel aus, die CDU als stärkste kommunalpolitische Kraft abzulösen: "Dann gibt es auch an David McAllister die klare Botschaft, dass es Zeit ist für einen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten."

Als Gastredner trat in Wolfsburg der Hamburger Bürgermeister und Vizevorsitzende der Bundespartei Olaf Scholz auf -und wurde für seinen Wahlsieg als Vorbild gefeiert. Wie die Niedersachsen-SPD stellte sich auch Scholz gegen Gabriels Vorstellungen zur Parteireform. Für Scholz geht es darum, die "richtige Balance" zu halten zwischen Stärkung der Mitglieder und Öffnung der Partei: "Der Schatz der Mitgliedschaft muss gewahrt bleiben."

Mit sozial- und energiepolitischen Themen will die SPD in den Kommunalwahlkampf ziehen. Aber am Rande des Delegiertentreffens ging es immer wieder um die Frage, wer der richtige Herausforderer McAllisters ist. Laut aktueller NDR-Umfrage könnte die SPD bei der Landtagswahl mit 31 Prozent rechnen, die CDU mit 34 Prozent, die Grünen mit 22 Prozent, Linke und FDP mit jeweils fünf Prozent. Die schwarz-gelbe Landesregierung ist also zumindest derzeit weit weg vom Machterhalt. Und selbst wenn es am Ende nicht für Rot-Grün reichen sollte, ist auch Rot-Grün-Rot denkbar. Schon im vergangenen Jahr hat der DGB ein erstes vertrauliches Treffen der drei Parteispitzen organisiert, um diese Option auszuloten. Unüberwindbare Hindernisse zeigten sich nicht, während die weitere Erkundung des Gorlebener Salzstocks auf Eignung als Endlager mit dem Segen der CDU als unüberwindbares Hindernis für die schwarz-grüne Variante gilt.

Die NDR-Umfrage aber hat auch das Handicap der SPD deutlich gemacht: CDU-Ministerpräsident McAllister ist der mit Abstand bekannteste Landespolitiker: 78 Prozent, zwei Drittel der Befragten, stellen ihm ein gutes Zeugnis für seine Arbeit aus. Aber nur 26 Prozent der Befragten kennen den SPD-Landesvorsitzenden Olaf Lies und nur 20 Prozent den Fraktionschef im Landtag Stefan Schostok. Gefragt nach dem geeigneten Spitzenkandidaten entschieden sich 17 Prozent für den 38-jährigen Bundestagsabgeordneten und Chef des SPD-Bezirks Braunschweig, Hubertus Heil, gefolgt von dem 52-jährigen hannoverschen Oberbürgermeister Stephan Weil (13), dem 44-jährigen Landesvorsitzenden Lies (10) und dem 47-jährigen Schostok (4).

Die Entscheidung soll nach der Kommunalwahl im September getroffen werden, und viel spricht dafür, dass der hannoversche OB Weil die besten Karten hat. Er hebt sich durch Alter und Auftreten am ehesten vom dem jungen Gegenspieler McAllister ab. Weil hält sich bedeckt. Entscheidend wird letztlich sein, ob es am Ende wieder zum seit Jahrzehnten gepflegten Kleinkrieg um Einfluss zwischen den vier SPD-Bezirken kommt oder ob die Aussicht auf eine Rückkehr an die Macht nach zehn Jahren Opposition dazu führt, die Reihen zu schließen. Wenn mehrere Kandidaten antreten, wird die Parteibasis per Urwahl zu entscheiden haben.