Dennoch können die Jäger in Niedersachsen den Zuwachs bei Dam- und Schwarzwild nicht stoppen. Das Land beklagt große Waldschäden.

Hannover. Niedersachsens Jäger haben im abgelaufenen Jahr einen neuen Rekord beim Abschuss von Damwild aufgestellt, und auch beim Erlegen von Wildschweinen gibt es einen massiven Anstieg. Der Landesjagdbericht aber macht deutlich, dass dies noch nicht ausreicht, die wachsende Population dieser beiden Tierarten einzudämmen.

Einige Jagdpächter, so die Kritik des zuständigen Landwirtschaftsministeriums und der Landesjägerschaft, ignorierten unverändert die "massiven Probleme", die so entstehen: "Die Schäden sind nicht nur ökologisch bedenklich, sondern haben auch erhebliche ökonomische und finanzielle Dimensionen erreicht." Deshalb prüft jetzt das Ministerium, ob es künftig Mindestabschusspläne für einzelne Tierarten geben soll. Geeinigt haben sich Ministerium und Jägerschaft laut Bericht bereits auf ein "Schwarzwildmanagement" mit der Anlage von Schussschneisen in Feldern und eine intensive Bejagung von Wildschweinen vor allem in den Bereichen mit hoher Population.

Die neuen Zahlen für das Jagdjahr 2010/2011 bestätigen einen langjährigen Trend. In den vorangegangenen 25 Jahren sind die Bestandszahlen immer weiter gestiegen, obwohl auch die Abschusszahlen unaufhörlich wuchsen. Beim Rotwild stiegen die Abschüsse um 137 Prozent auf 7800 Tiere, beim Damwild um 291 Prozent auf 12 700 und beim Schwarzwild um 280 Prozent auf 50 000 Stück. Beim Rehwild betrug der Anstieg 155 Prozent auf 129 600 Tiere.

Im abgelaufenen Jagdjahr wurden in Niedersachsen sogar 13 040 Stück Damwild erlegt. Nur in einem Landkreis (Wesermarsch) und in den großen kreisfreien Städten des Landes gab es keine Damwild-Abschüsse, Spitzenreiter war der Landkreis Rotenburg/Wümme mit 2583 Abschüssen. Die zunehmende Verbreitung des Damwildes hat laut Landesjagdbericht vor allem damit zu tun, dass es anders als das Rotwild keine ausgedehnten Waldkomplexe benötigt, sich auch von Menschen wenig stören lässt und sich so optimal in die in weiten Teilen Niedersachsens übliche Parklandschaft eingliedert.

Der Jagdbericht schildert die Folgen der Ausbreitung von Damwild. So sind bei einem Forstamt des Landes in den vergangenen zehn Jahren auf 600 Hektar Schälschäden durch Wild aufgetreten, betroffen waren dabei 100 Jahre alte Buchenbestände. Ein Problem sieht das Ministerium in der mangelhaften Zusammenarbeit der Inhaber der Jagdreviere: "Man kann derzeit den Eindruck gewinnen, dass in einigen Fällen den Pächtern der Wald mit Rot- und Damwild lediglich als Kulisse dient."

Bei Wildschweinen ist die Jagdstrecke 2010/2011 noch einmal um zehn Prozent auf 55 000 Tiere gestiegen. Hier stellt sich die Problemlage sehr unterschiedlich da. Einerseits gibt es den Kreis Aurich mit nur einem Abschuss, auf der anderen Seite ist der Landkreis Soltau-Fallingbostel Spitzenreiter mit 3884 Abschüssen. Und der Landesjagdbericht geht davon aus, dass das Schwarzwild dank seiner hohen Vermehrungsrate von im Mittel 260 Prozent pro Jahr auch bisher schwarzwildfreie Gebiete sehr schnell besiedeln kann.

Christian Meyer, landwirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, macht die Agrarpolitik der CDU-FDP-Landesregierung mitverantwortlich für die Probleme: "Eine Ursache für die Zunahme der Schwarzwild- und Damwildbestände ist der deutlich zunehmende Maisanbau in Niedersachsen für Massentierhaltung und Biogasanlagen. Wir wollen daher für Natur und Artenvielfalt eine abwechslungsreichere Landschaft fördern und die staatliche Förderung des Maisanbaus einstellen." Er fordert, die Jagd insgesamt den Naturschutzzielen unterzuordnen: "In Nationalparken wie dem Harz ist die Jagd grundsätzlich einzustellen. Dies ist zurzeit erlaubt, siehe Staatsjagd Sander. Dazu gehört auch die Wiederansiedlung großer Beutegreifer wie Luchs und Wolf. In diesem Zusammenhang halten wir die alleinige Übertragung des Wolfsschutzes an die Landesjägerschaft und Ausbootung der Naturschutzverbände für falsch."

In Niedersachsen gibt es über 9000 private Jagdreviere. Bei geringwertigen Waldbeständen, so der Landesjagdbericht, bringt die Verpachtung der Jagd mehr Geld ein als der Holzerlös.