Die Wildbiologin Britta Habbe über die Rückkehr des Raubtiers

Hannover. Britta Habbe wurde von der Landesjägerschaft Niedersachsen extra angestellt, damit sie sich um die wissenschaftliche Erfassung von Wolfshinweisen, dem so genannten Wolfsmonitoring, und der Schulung ehrenamtlicher Wolfsberater kümmert.

Hamburger Abendblatt: Frau Habbe, Sie sind Jägerin, bejagen wie viele andere ihrer Kollegen Rehe und Wildschweine. Diese Tiere sind auch eine beliebte Beute des Wolfs. Damit ist er im Wald automatisch ihr Konkurrent, oder?

Britta Habbe: Nein, keineswegs. Es gibt noch keine wissenschaftlichen Daten darüber, wie sich die Rückkehr des Wolfes auf die Wildbestände in Deutschland auswirkt. Einige mögen vermuten, dass der Wolf so stark in den Bestand eingreift, dass für die Jäger nichts mehr übrig bleibt. In der Lausitz, wo sich auf der sächsischen Seite sechs Wolfsfamilien angesiedelt haben, hat sich das aber nicht bestätigt. Da können Jäger und Wolf wunderbar nebeneinander jagen.

Wie fühlt es sich für Sie als Biologin und Jägerin an, dass der Wolf wieder nach Niedersachsen zurückgekehrt ist?

Habbe: Es ist spannend. Ich finde es biologisch sehr interessant. Wir von der Landesjägerschaft wollen jetzt versuchen, den möglichen Einfluss des Wolfes zu messen, indem wir ein Monitoring des Schalenwilds, also der Hirsche und Wildschweine, starten.

Warum?

Habbe: Jetzt können wir noch den Status Quo zur Stunde null erheben und sehen wie hoch der Wildbestand noch ohne Wolf ist. Sobald sich ein Wolfsrudel für die Lüneburger Heide als Lebensraum entscheidet, prüfen wir, ob es Veränderungen gibt, ob sich das Wild anders verhält oder der Bestand sinkt und ob das auf den Wolf zurückzuführen ist. Bislang gibt es nur subjektive Wahrnehmungen. Der eine Jäger jagt zehn Jahre lang in einem Wolfsgebiet und hat keine Veränderung festgestellt. Der andere spricht von stark gesunkenem Wildbestand.

Warum sind Sie so sicher, dass sich der Wolf in der Lüneburger Heide ansiedeln wird?

Habbe: Die Bedingungen hier ähneln denen in der Lausitz. Hier wie dort gibt es große Truppenübungsplätze mit wenig Menschen, viel Wild und viel Fläche. Man selbst würde sich ja auch die schönste und nicht die kleinste Wohnung aussuchen.

Glauben Sie, dass die Jägerschaft mit dem Wolf auf Kriegsfuß gehen wird, sobald er hier in der Lüneburger Heide eine Familie gegründet hat?

Habbe: Nein, hier arbeitet die Landesjägerschaft Hand in Hand mit dem Umweltministerium. Schließlich ist die Jägerschaft ein anerkannter Naturschutzverband, der sich auch für Tiere engagiert, die nicht im Jagdrecht aufgeführt sind. Die aktive Beteiligung der Jägerschaft bringt für das Wolfsmanagement viele Vorteile.

Nachdem das Umweltministerium und die Landesjägerschaft vor kurzem eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet haben, wurde das Wolfsmonitoring vom niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) auf die Landesjägerschaft übertragen. Steckt hinter dieser Kooperationsvereinbarung, den Wolf perspektivisch unter das Jagdrecht und nicht mehr unter den Naturschutz stellen zu wollen ?

Habbe: Für Niedersachsen ist eine solche Übernahme nicht angedacht. Die Jägerschaft gibt ab dem kommenden Jahr die Monitoringdaten zum Wolf regelmäßig an den NLWKN weiter. Am Arbeitsfeld der ehrenamtlichen Wolfsberater, die keine Jäger sind, ändert sich nichts.