Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge startet Spendensammlung. Das Geld kommt der Friedensarbeit und Mahnmalpflege zugute.

Lüneburg. Gestern war Volkstrauertag. Traditionell beginnt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge rund um den Gedenktag mit seiner Spendensammlung. Auch in Stadt und Landkreis Lüneburg sind ehrenamtlichen Sammler wieder unterwegs. Sie starteten am Sonnabend zu der diesjährigen Straßensammlung in der Lüneburger Innenstadt. Mit dabei waren unter anderem Soldaten und Soldatinnen des Panzer-Aufklärungslehrbataillons 3 und des Logistikbataillons 3 aus Lüneburg mit ihrem Kommandeur Oberstleutnant Jochen Geck sowie Dr. Stefan Porwol, Staatssekretär im niedersächsischen Kultusministerium, und Harald Ottmar, Leiter der Regierungsvertretung Lüneburg.

"Die Arbeit des Volksbundes ist mehr als Kriegsgräberfürsorge und sie ist unverzichtbar", sagt Landrat Manfred Nahrstedt, der Kreisvorsitzender der Kriegsgräberfürsorge ist. Der Volksbund finanziert sich zu mehr als 80 Prozent aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Neben dem Erhalt der Gräber- und Gedenkstätten betreibt der Volksbund aktive Friedens- sowie eine umfangreiche Schul- und Jugendarbeit. Als humanitäre Organisation arbeitet der Volksbund im Auftrag der Bundesregierung und kooperiert eng mit den Kommunen. Zur Erinnerung an mehr als zwei Millionen Kriegsopfer betreut der Volksbund im Ausland rund 800 Kriegsgräberstätten. Weiter zählt auch die Suche nach Vermissten sowie die Aufklärung deren Geschichte und Verbleib zu den Aufgaben des Volksbundes.

"Wir sind nicht rückwärtsgewandt, sondern zukunftweisend, weil wir Frieden und Toleranz fördern", sagt Jan Effinger, Geschäftsführer des Bezirksverbandes Lüneburg/Stade. Auch mehr als 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei das Schicksal von 1,3 Millionen deutscher gefallener Soldaten noch ungeklärt. "Mit 40 000 Umbettungen in Russland, Weißrussland und der Ukraine alleine in diesem Jahr tragen wir dazu bei, die Opfer zu identifizieren und ihnen Namen zu geben", so Effinger. Das sei vor allem für die Angehörigen sehr wichtig, betont er.

"Friedhöfe der Namenlosen" hießen viele Stätten bis in die 1990er-Jahre. "Erst seit in der ehemaligen Sowjetunion Archive geöffnet wurden, kamen etwa Unterlagen der deutschen Wehrmacht über 14 000 sowjetische Kriegsgefangene ans Tageslicht, die zum Beispiel auch in der Lüneburger Heide in Kuhlen und Massengräber gekippt wurden." Es gibt riesige Friedhöfe in Hörsten bei Bergen-Belsen, in Oerbke bei Bad Fallingbostel und Wietzendorf.

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+++ Am Volkstrauertag gedenken wir der Kriegsopfer +++

Hintergrund ist, dass das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen von den Nationalsozialisten bis April 1942 als Kriegsgefangenenlager für Soldaten der Roten Armee genutzt wurde. "Die Häftlinge hatten kein Dach über dem Kopf, bekamen nichts zu essen und starben qualvoll. Vor allem im harten Winter 1941/42 starben sie zu tausenden", sagt Effinger. Und selbst im Tod hätten die Nazis sie unwürdig behandelt, weil sie die Toten einfach im Heidesand verscharrten. "Mit Hilfe von Schülern geben wir den Toten jetzt die Würde wieder. Die Jugendlichen platzieren in Schulprojekten zum Beispiel auf dem Friedhof Hörsten Ziegel mit Namen und Daten der Toten."

Der Volksbund steht nach seinen Worten in einem stetigen Kampf gegen das Vergessen. "Unsere Arbeit erinnert daran, wie brutal und grausam Kriege sind." Das wiederum trage dazu bei, vor allem junge Leute davor zu wappnen, dass sie Konflikte mit Gewalt lösen. "Auch wenn es heute oft so scheint, ein Krieg sei nur ein Computerspiel. Doch das ist er nicht. Krieg fordert ganz reale Opfer, nämlich Menschen", so Effinger.

Er räumt ein, dass die Generation, die zum Gedenken an die Opfer von Nazi-Diktatur und der beiden Weltkriege auf die Friedhöfe geht, langsam kleiner wird. Deshalb sei besonders wichtig, junge Leute an das Thema heranzuführen. "Denn was nutzen die Friedhöfe und Kriegsgräber als Mahnmale, wenn sie keiner besucht?", sagt er.

Der Bezirksverband Lüneburg/Stade geht daher in die Schulen. "In diesem Jahr haben wir rund 6000 Schüler über Vorträge und Projekte erreicht", so der Geschäftsführer. Unter dem Motto "Arbeit für den Frieden" treffen sich überdies jährlich 18 000 junge Menschen aus verschiedenen Ländern in Workcamps und Jugendbegegnungsstätten im In- und Ausland. Ziel ist, gegenseitiges Verständnis aufzubauen und Toleranz zwischen den Kulturen zu fördern. Gemeinsam arbeiten sie auf Kriegsgräber- und Gedenkstätten und setzten sich dabei mit der deutschen und europäischen Geschichte auseinander.

"Im kommenden Sommer ist ein internationales Sommercamp in Lüneburg geplant", sagt Effinger. Zum ersten Mal werden auch junge Leute aus dem polnischen Partnerkreis Wongrowitz erwartet, wo die Treffen in den vergangenen zehn Jahren stattfanden.