Die Salzstadt richtet vom 28. Juni bis 1. Juli 2012 den 32. Internationalen Hansetag aus. Organisatoren erwarten mehr als 200 000 Besucher

Lüneburg. Drei mal so viele Besucher wie Einwohner erwartet Lüneburg in gut einem Jahr. Mit bis zu 250 000 Gästen rechnet Jürgen Landmann für die Tage Ende Juni bis Anfang Juli 2012. Die Zahl kommt ganz einfach zustande: "So viele Gäste kann die Stadt aufnehmen", sagt Landmann. Der Kulturreferent der Stadt organisiert den 32. Internationalen Hansetag.

Exakt 600 Jahre ist es dann her, dass im Lüneburger Rathaus zum ersten Mal ein Hansetag stattgefunden hat. Damals war die Stadt rund 50 Jahren Mitglied des Städtebunds. Eine Art Stadtfest sind die Hansetage der Neuzeit, eine Art Wirtschaftsgipfel waren die des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Damals hießen sie korrekt "Tagfahrt der Hanse". Vertreter von Hansestädten trafen sich, um etwa über Transportwege, Waren oder Verkaufsprovisionen zu debattieren.

"Es trafen sich nur Vertreter derjenigen Städte, die direkten Kontakt miteinander hatten", sagt Jürgen Landmann. Alles andere hätte auch keinen Sinn ergeben: Zu ihren Höchstzeiten waren 300 See-, aber auch Binnenstädte in der Hanse zusammengeschlossen.

Die Hanse als Städtebund war kein Verein, kein Verband, keine Institution. "Sie war eine Verabredung", sagt Jürgen Landmann. "Und sie war Mittel zum Zweck: um den Reichtum zu stabilisieren und zu erweitern." Gleichzeitig war die Hanse ein Gradmesser von Freiheit: Welche Stadt Mitglied der Hanse war, war reich genug, um sich von der Herrschaft der Fürsten, Könige und Kaiser freimachen zu können - zum Beispiel durch den Kauf von Rechten.

"Es war nicht selbstverständlich, selbstständig zu sein", sagt der Sozialpädagoge. "Wie kleine Souveräne haben sich die Städte der Hanse getroffen und gemeinsam verabredet, wie das, was ihren Kern ausmachte, zu optimieren ist."

Die unterschiedlichen Städten hatte dabei auch unterschiedliche Funktionen: Die einen waren Produzenten, die anderen Märkte, Vermittler oder Organisatoren. Lüneburg suchte über die Hanse in erster Linie einen Absatzmarkt für sein Salz - also Geld - und Holz für die Siedepfannen in der Saline. Denn Lüneburg war zur Zeit der Hanse weniger eine Stadt denn die Saline.

Jürgen Landmann hat für den Lüneburger Hansestag daher das Motto "Netzwerk - Verbindungen leben" ersonnen. "Mit einem Netz kann ich etwas wegtragen, also bewegen", erklärt er. Noch heute sei es wichtig, dass sich die Städte unabhängig von den Ländern und Staaten treffen und austauschen: "Denn in den Städten liegen die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen."

Erstarkten die Städte mit ihrem Reichtum und mit der Hanse, wurden sie schwächer, als die Hanse Mitte des 17. Jahrhunderts unterging. Die Souveräne von vorher wurden wieder mächtiger: Fürsten, Kaiser, Könige.

Noch heute ist die Erinnerung an den Städtebund positiv besetzt, so Landmann. Gerade ist er vom Hansetag in Kaunas, Litauen, zurückgekommen. Der Besuch der fremden und doch seltsam vertrauten Stadt hat ihm gezeigt: Vor Jahrhunderten gemeinsame Sache gemacht zu haben, verursacht noch heute Verbundenheit. "Das Gefühl, verwandt zu sein, Gemeinsamkeiten zu haben - das entsteht durch das Wissen, Hansestädte zu sein. Immerhin ist Lüneburger Salz über Lübeck bis nach Kaunas gekommen." Und aus Pärnu in Estland, Hansetag-Gastgeber 2010, kamen Honig, Wachs und Birkenrinde nach Lüneburg - Letzteres für die Herstellung von Pech.

Was Landmann anders machen will bei der Organisation des Open-Air-Festivals vom 28. Juni bis 1. Juli 2012 in Lüneburg, weiß er aber auch: Rund 150 Städte aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Schweden und Osteuropa werden sich in Lüneburg vorstellen - vermutlich in kleinen Pagodenzelten. "Die Standbetreuer sollen auf jeden Fall auch unsere Stadt erleben können", sagt Landmann. In Kaunas hätten die Betreuer ihre Zelte kaum verlassen können - und kaum etwas vom Gastgeber erlebt. "Das soll bei uns anders sein."

Denn in der Hansestadt Lüneburg - in den Kriegen nahezu unzerstört geblieben - werden die Gäste eine Hansestadt zu sehen bekommen, wie sie typischer kaum sein kann. Backsteingotik, St. Nicolai, Alter Hafen, Alter Kran, Altes Rathaus, Kaufhaus: Lüneburg könnte leicht mit einem Freiluft-Hansemuseum verwechselt werden.

Einige tausend Gäste werden als Delegationen anderer Hansestädte anreisen. Insgesamt rechnet die Stadt aber mit Hunderttausenden Besuchern. Schon jetzt laufen Buchungen. Wer ein privates Zimmer während der Hansetage vermieten will, sollte es auf jeden Fall bei der Lüneburger Marketing GmbH anmelden, um mit in die Liste der Unterkünfte aufgenommen zu werden.