Es geht um die Idee. CDU/SPD und die Linke reklamieren jeweils die Urheberschaft für sich. Differenzen gibt es auch ums Geld

Lüneburg. Die Linken im Stadtrat beanspruchen die Idee für sich, doch auch die SPD/CDU-Gruppe hält sie für ihre Erfindung: So bald wie möglich sollen Kinder aus Familien, die nach Hartz-IV Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, mithilfe einer Chipkarte in Lüneburg Angebote im Bereich Bildung, Sport und Kultur wahrnehmen können.

Während Koalition und Opposition über den genauen Umfang der Leistungen in Berlin streiten, bekämpfen die Linken in Lüneburg die Pläne der Ratsmehrheit. In der vergangenen Sitzung des Rates konnte Malte Riechey von den Linken allerdings keine neue Aussprache zu dem Thema erzwingen. Die SPD/CDU Gruppe habe sich der Diskussion verweigert, kritisiert er. "SPD und CDU haben sich nicht getraut, die Einführung von Freitickets für Einkommensschwache und einer Hansecard öffentlich zu besprechen. Vermutlich haben sie die Aussprache abgeblockt, weil dann öffentlich würde, dass ihre Hansecard eine ganz billige Kopie unserer geforderten Sozialcard wäre."

Die Linken hatten im letzten Jahr ein Konzept entwickelt, um ihre Sozialcard in Lüneburg einzuführen. Geringverdiener und Sozialleistungsempfängern soll ein vergünstigter Eintritt den Zugang zu Kultureinrichtungen ermöglichen. Auch im öffentlichen Nahverkehr soll es Vergünstigungen geben.

Diese Pläne hält die Ratsmehrheit für unbezahlbar. Nach ihren Vorstellungen sollen die bisher geltenden Regelungen für Ermäßigungen mit einer Hansecard für Kinder und Jugendliche vor allem zusammengefasst werden - was darüber hinaus noch machbar ist, will man endgültig entscheiden, wenn die Bundespolitik das Leistungs- und Teilhabepaket in Berlin geschnürt hat. 50 000 Euro stehen aus dem Haushalt 2011 für die Einführung der Hansecard bereit.

Die "Sozialcard light" findet Riechey abenteuerlich. "Für die Hansecard wird kein einziger kommunaler Euro bewegt. Es wird lediglich das sogenannte Bildungspaket neu verpackt, dass Frau von der Leyen geschnürt hat, um die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder nicht zu erhöhen. Dafür wurden 50 000 Euro als durchlaufender Haushaltsposten angelegt, die nur weitergereicht werden. Das ist Etikettenschwindel. Wir wollen echte 300 000 Euro bereitstellen und haben sie mit Haushaltsanträgen auch gegenfinanziert", sagt Riechey. Als "Kulturalmosen nach Kassenlage" bezeichnet er die bisher in Lüneburg geplanten Regelungen - und beanstandet, dass sie nur Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen sollen, nicht aber erwachsenen Geringverdienern und Hartz-IV-Empfängern.

Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) will abwarten, was aus Berlin an Neureglungen kommt. "Wenn sich die Politik auf Bundesebene über das Teilhabe-Paket für bedürftige Kinder und Jugendliche geeinigt hat, wird auch die städtische Verwaltung einen Vorschlag für die Umsetzung in der Hansestadt Lüneburg vorlegen", sagte er bei der vergangenen Ratssitzung. Im Sommer dieses Jahres soll die Hansecard in Lüneburg eingeführt werden. In einem zweiten Schritt sollen Regelungen für erwachsene Bedürftige gefunden werden. Danach soll die Hansecard auch im Landkreis angeboten werden. Vorgesehen ist, Hansecard-Inhabern Eintrittskarten für nicht ausverkaufte Vorstellungen im Theater, in Konzerten oder Sportveranstaltungen anzubieten.

Eine erste Annäherung im Dauerstreit um die Sozialkarte können jetzt immerhin die Politiker in Berlin verbuchen: Nach Aussagen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) steht fest, dass auch Kinder aus Familien von Geringverdienern in die Neureglung einbezogen werden. Ausgeführt werden die Vorgaben dann von den Kommunen.