Haushaltsdebatte im Stadtrat gerät zum Wahlkampfauftakt. FDP und Grüne werfen der Mehrheitsgruppe falsche Finanzpolitik vor

Lüneburg. Zum Zahlenwerk des Haushalts 2011 hatten die Fraktionen einander nicht wirklich viel Neues zu sagen: Der Etat steht, die Rahmenbedingungen des Umfeldes haben sich in den vergangenen zwölf Monaten kaum verändert.

Ein Defizit von 9,7 Millionen Euro wird voraussichtlich im Haushalt 2011 bleiben, führte Kämmerin Gabriele Lukoscheck zu Beginn der Sitzung des Rates aus. "Um das Defizit zu senken, müssten unter anderem die Erträge aus der Gewerbesteuer wieder steigen."

Bislang war das allerdings, trotz positiver Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung, nicht der Fall. Doch selbst wenn die Steuereinnahmen steigen würden und die Zuweisungen vom Bund und Land nicht sinken, bleibt es bei einer defizitären Kassenlage. "Steigende Erträge werden vom steigenden Aufwand überrollt", erklärte die Kämmerin mit Blick auf Pensionslasten, Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst und wachsende Soziallasten. Dennoch sieht sie sich auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung ein Stück vorangekommen: Neue Kostenbremsen wurden installiert, Verträge angepasst, Subventionen geprüft. "Hinzukommt eine restriktive Haushaltsführung", sagt Lukoscheck.

Trotz prekärer Kassenlage und einem Schuldenberg von rund 200 Millionen Euro wird weiter investiert. "Lüneburg liegt auf der Beliebtheitsskala deutscher Städte auf den vorderen Plätzen", sagt Heiko Dörbaum, Fraktionschef der SPD-Ratsfraktion, und das solle auch so bleiben.

Daher habe die SPD/CDU-Mehrheitsgruppe Akzente gesetzt. Im sozialen Bereich zum Beispiel bei der Einführung einer "Hansecard", die die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern aus ärmeren Schichten erhöhen soll. Investiert werde auch beim Ausbau der Kinderbetreuung, der Modernisierung der Schulen und beim Aufbau des Bildungszentrums Saline. Regina Baumgarten, Fraktionsführerin der CDU, waren außerdem der Radewegbau und die Einrichtung eines Fonds wichtig, der energetische Sanierungen in der historischen Altstadt fördern soll.

Frank Soldan (FDP), gefiel die ganze Richtung nicht. "165 Millionen Euro werden von der Stadt für Kassenkredite ausgegeben, das sind 85 Prozent der Einnahmen. Die daraus resultierenden Schulden steigen ständig und dennoch werden fortlaufend neue Projekte auf den Weg gebracht, alles wird auf Pump finanziert", sagt er.

Zu wenig echte Sparanstrengungen würden unternommen: "Da wird zum Beispiel ein neues Stadtteilhaus im Ebensberg ins Auge gefasst, zu einem Viertel auf Kreditbasis finanziert. Das sind keine rentierlichen Schulden, die da entstehen, das sind einfach Lasten, die kommende Generationen treffen werden. Von solider Haushaltspolitik ist das alles weit entfernt", so Soldan.

Eine Million Euro an Lasten bringe der Stadt auch der Aufbau des Bildungszentrums Saline als öffentlich-private-Partnerschaft (ÖPP). "Immer nur Geld ausgeben, geht nicht, das kann in die Zahlungsunfähigkeit führen. Warum wollen Sie die erste Tranche für das Audimax schon im nächsten Jahr zahlen, obwohl das Projekt noch immer nicht durchfinanziert ist?", fragte er.

Antworten darauf gab es von Seiten der Mehrheitsgruppe so gut wie keine. Stattdessen eröffnete Andreas Meihsies für die Grünen schon mal den Kommunalwahlkampf. FDP und Linken warf er vor, sich als reine "Dagegen-Parteien" zu etablieren, während die SPD/CDU-Koalition im Untertanengeist erstarre: "Wir sehen hier heute lauter brave Untertanen in den Reihen der Mehrheitsgruppe. Gehorsam folgen sie den Vorgaben ihres Oberbürgermeisters, das Gespräch mit uns haben Sie nie gesucht - das zeigt großes Unvermögen."

Seine Bilanz der letzten Jahre unter CDU/SPD-Herrschaft gab er der politischen Konkurrenz gleich mit auf den Weg. "Vieles ging am Willen der Bürger vorbei, das zeigt das Beispiel Tiergartenkamp und der gescheiterte Lampenverkauf", sagte Meihsies.

"Reiner Wahlkampf, das hatte mit dem Haushalt der Stadt überhaupt nichts zu tun", meinte Malte Riechey von den Linken. Und auch Bürgermeister Gerhard Scharf (CDU) mochte die Tirade so nicht stehen lassen. "Ihnen geht es wohl nur darum, endlich mal wieder Regierungsverantwortung in der Stadt zu übernehmen", sagte er an Meihsies gewandt. Mit den Stimmen der Ratsmehrheit wurde der Haushalt ohne Änderungen beschlossen.