Den Unternehmen aus der Logistikbranche gehen die Berufskraftfahrer aus. Schuld daran ist auch die Änderung bei der Wehrpflicht.

Lüneburg. Früher waren sie die Kapitäne der Landstraße, einsame Helden des Alltags mit dem Hang zum Fernweh. Am Berufsbild des Lastwagenfahrers hat sich im Grunde genommen so viel nicht verändert - die Rahmenbedingungen und die Anforderungen hingegen sehr. Inzwischen gehen den Unternehmen aus der Logistikbranche die Berufskraftfahrer aus.

"Ja, das Problem existiert auch bei uns im Norden", sagt Sönke Feldhusen, Leiter des Aufgabenbereichs Starthilfe und Unternehmensförderung bei der IHK Lüneburg-Wolfsburg. Gründe für den Mitarbeitermangel bei den Speditionen gebe es viele: "In Deutschland war die Bundeswehr in der Vergangenheit durch die dort erwerbbaren Lkw- und Bus-Führerscheine ein wichtiger Lieferant für Berufskraftfahrer. Diese Quelle ist durch die Änderungen bei der Wehrpflicht und den Rückgang der Zeitsoldaten nahezu versiegt."

Standortschließungen in der Region haben zusätzlich dazu beigetragen, dass immer weniger Soldaten den Lkw-Führerschein mit nach Hause nehmen, wenn sie die Kaserne nach Ableistung der Wehrpflicht verlassen. Eine Besserung ist kaum in Sicht, denn die Wehrpflicht soll 2011 ganz entfallen.

Auch die Berufsausübung ist für die Lkw-Fahrer nicht leichter geworden. "Seit dem 10. September 2009 ist die so genannte EU-Berufskraftfahrerregelung in deutsches Recht umgesetzt. Lkw-Fahrer, die nach diesem Stichtag ihren Führerschein gemacht haben und als Fahrer im gewerblichen Verkehr tätig werden wollen, benötigen eine zusätzliche Ausbildung, die mit einer IHK-Sachkundeprüfung abschließt. Die Hürde für den Berufszugang ist durch die Prüfung spürbar hoch gesetzt worden", sagt Sönke Feldhusen. Die EU-Vorschriften sollen vor allem mehr Verkehrssicherheit bringen - aber Neueinsteiger in den Beruf scheint die Situation eher abzuschrecken.

"Ja, wir haben ein Imageproblem, auch bei der Bezahlung hapert es teilweise. Wer qualifizierte Fahrer haben will, muss ein paar Euro Lohn drauflegen. Wobei wir davon ausgehen können, dass diese Lohnerhöhung an die Kunden weitergegeben wird. Die Gewinnmargen in dieser Sparte der Logistikbranche sind dünn", sagt Ingo Hodea, Sprecher des Bundesverbandes für Spediteure in Bonn.

"Noch ausbaufähig" nennt Sönke Feldhusen die Bezahlung in der Branche. "Wie in vielen anderen Niedrig-Lohn-Jobs wirkt der Hartz-IV-Regelsatz wie ein Mindestlohn. Arbeitslose Interessenten sind nach den von vielen Spediteuren gesammelten Erfahrungen nur mit einem spürbaren Lohnabstand nach oben für die Berufskraftfahrertätigkeit zu gewinnen", sagt Feldhusen.

Lasterfahrer sind auf diese Weise zu gesuchten Fachkräften geworden. Auch der demographische Wandel sorgt für Probleme. "Viele alte Kapitäne der Landstraße sind in die Jahre gekommen, der Zufluss von der Bundeswehr läuft nicht mehr", sagt Hodea. Aus eigener Kraft können sich Viele den Lkw-Führerschein aber nicht leisten: Mit 10 000 Euro muss ein angehender Trucker rechnen. Außerdem ist der Job oft stressig. "Die Straßen sind voll", sagt Hodea. Tagelange Touren halten die Fahrer von den Familien fern, auch das macht den Beruf nicht beliebter.

Einen eigenen Weg zur Lösung der Personalengpässe geht der Lüneburger Unternehmer Eberhard Manzke. Er sitzt in Volkstorf (Landkreis Lüneburg), liefert Dienstleistungen rund um den Bau, führt Transporte durch und betreibt einen Containerdienst.

"Der Mangel an Lkw-Fahrern ist auch für uns ein Thema", sagt er. Mit der Gründung einer eigenen, gemeinnützigen GmbH hat er auf das Problem reagiert. "Die GmbH bietet als Weiterbildung den Erwerb des Lkw-Führerscheins an. Die Maßnahme läuft als Bafög-Modell, später zahlt der Fahrer die Summe in Raten zurück", erklärt Manzke. Seine Fahrer haben den Vorteil, abends zu Hause zu sein. "Unsere Touren sind maximal bis 250 Kilometer lang, das wirkt sich positiv aus."

Die größten Schwierigkeiten mit der Personalgewinnung haben internationale Speditionen", so Manzke. Das Problem könnte noch größer werden: Ab Mai 2011 gilt für einige osteuropäische EU-Mitgliedstaaten die Freizügigkeit. Dann können deren Spediteure - möglicherweise mit Niedriglöhnen - auf den deutschen Markt drängen.

Die IHK möchte vor allem neue Ausbildungswege öffnen. "Wir sind gegenwärtig mit der Arbeitsagentur Lüneburg und Spediteuren im Gespräch, um attraktivere und unternehmensnahe Umschulungsmöglichkeiten zu entwickeln", sagt Sönke Feldhusen.