Nach der tödlichen Rottweiler-Attacke auf einen Dreijährigen nimmt das niedersächsische Hundegesetz die Besitzer in die Pflicht.

Lüneburg. Die Angst vor Hundeangriffen macht auch im Landkreis Lüneburg vielen Eltern, Kindern und Hundehaltern zu schaffen. Eine Veränderung der bestehenden Rechtslage soll die Situation nun verbessern. Im Tierheim Lüneburg sieht man die Novellierung des Niedersächsischen Hundegesetzes positiv: "Wenn wegen der Neuerungen einige Leute lernen, besser mit ihrem Tier umzugehen, ist das ein Schritt hin zu weniger Beißunfällen", meint Geschäftsführerin Selina Martens. "Gerade in der Erziehung von Welpen können Fehler und Unwissenheit zu Verhaltensauffälligkeiten führen."

Solche Unwissenheit soll von nun an durch eine bessere Schulung der Hundehalter vermieden werden. "Als Reaktion auf die kritischen Stimmen von Experten und Bürgern zur bestehenden Rechtslage haben wir uns zu der Novellierung entschlossen", erklärt die stellvertretende Pressesprecherin des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Natascha Manski: "Das neue Gesetz wird dafür sorgen, dass in Zukunft der Halter in die Pflicht für seinen Hund genommen wird." Die in vielen anderen Bundesländern existierenden Rasselisten seien der falsche Weg, da die Erziehung und Führung der Hunde einen maßgeblichen Einfluss auf deren Verhalten habe.

Zur Verhinderung der gefährlichen Unfälle wurde auf Vorschlag der Niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen ein Entwurf für die Veränderung des Hundegesetzes auf den Weg gebracht, der nun vor der Lesung im Landtag steht und voraussichtlich Anfang nächsten Jahres in Kraft treten wird. Kernpunkt der Gesetzesnovelle ist, dass sämtliche Halter in Zukunft einen Nachweis über die Fähigkeit, ihren Hund sachkundig zu führen, erbringen müssen, sofern sie nicht bereits gewisse Kriterien erfüllen, nach denen sie als qualifiziert gelten.

Dieser Nachweis soll laut Neufassung des Gesetzes in Form einer Sachkundeprüfung erfolgen, die sich in einen theoretischen und einen praktischen Prüfungsteil mit dem Hund aufgliedert. "Bei erfolgreichem Abschluss der Prüfung wird ein Zertifikat erlangt, welches die Sachkunde bestätigt", erklärt Natascha Manski. "Zur Zeit ist allerdings noch nicht ganz klar, wie die jeweiligen Prüfungsteile genau aussehen werden." Alle interessierten Hundeschulen und -vereine seien aufgerufen, selbstentwickelte Konzepte für die Prüfungen vorzustellen und sich auf diese Weise für die Abnahme zu qualifizieren.

Furcht vor Überlastung müssen die zur Abnahme berechtigten Hundeschulen allerdings nicht haben: "Für die meisten Hundehalter wird sich kaum etwas ändern. Denn wer bereits einen Hund länger als zwei Jahre gehalten hat, gilt nach dem neuen Gesetz immer als sachkundig und braucht keinen Nachweis zu erbringen", erklärt Manski. Gleiches gelte auch für Tierärzte, Jagdscheininhaber und Tierheimbetreiber sowie die Führer von Diensthunden, Blindenhunden, Behindertenbegleithunden und Suchhunden.

Negative Auswirkungen der Gesetzesnovelle auf die Arbeit des Lüneburger Tierheimes durch ein Ausbleiben der sachkundigen Hundeinteressenten befürchtet Selina Martens nicht: "In der Regel holen sich Menschen bei uns einen Hund, die schon länger solch ein Tier hatten und daher auch nach dem neuen Gesetz als sachkundig gelten." Wenn es doch einmal vorkomme, dass jemand ohne vorherige Erfahrung einen Hund aufnehmen wolle, sei im Lüneburger Tierheim schon von jeher zum Besuch einer Hundeschule geraten worden.

Weitere wichtige Neuerungen im Hundegesetz sind die Pflicht, für jeden Hund ab einem Alter von sechs Monaten eine Haftpflichtversicherung zum Ausgleich möglicher Schäden abzuschließen und das Tier mit einem elektronischen Kennzeichnungschip zu versehen. Darüber hinaus behält sich der Gesetzgeber einige Einzelfallmaßnahmen vor - zum Beispiel eine Maulkorbpflicht - mit denen besondere Gefahren abgewehrt werden können. Selina Martens ist überzeugt: "Zwar müssen die Veränderungen der Gesetzeslage ihre Wirkung in der Praxis erst zeigen, doch der Ansatz ist der richtige."