Jeder Betrieb in Lüneburg regelt Raucherpausen auf seine Art. Der Chef des Mittelstandsverbandes Mario Ohoven fordert einen Ausgleich.

Lüneburg. Beinahe jeder vierte Deutsche, der älter als 15 Jahre ist, raucht. Das ergab die Auswertung des Mikrozensus vor drei Jahren. Dabei wird Rauchen zunehmend unpopulär: Die Preise für Tabakprodukte steigen und es gibt immer weniger Plätze in der Öffentlichkeit, an denen geraucht werden darf. In Kneipen und Diskotheken wird seit Ende 2009 bundesweit rauchfrei getrunken und gefeiert. Der blaue Dunst zieht nur noch durch als Raucherkneipen deklarierte Lokale.

Auch die letzte Bastion wankt: Nun müssen Raucher am Arbeitsplatz um ihre Zigarettenpause fürchten, glaubt man dem Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven.

"Raucherpausen kosten die Betriebe Geld und stören den Arbeitsablauf", sagt Ohoven. Über den Tag gerechnet kämen leicht 20 bis 30 Minuten für Raucherpausen zusammen. Ohoven schlägt deshalb vor, dass Raucher die Zeit, die sie für ihre Pausen benötigen, am Ende des Tages nacharbeiten.

Ganz in Ohovens Sinne wird das Thema derzeit in der Lüneburger Kreisverwaltung gehandhabt. Für die Mitarbeiter, die der Nikotinsucht verfallen sind, herrschen klare Regeln. "Unsere Mitarbeiter stempeln sich aus, wenn sie eine Zigarettenpause machen. Die Zeit wird von der Arbeitszeit abgezogen", sagt Kreissprecherin Birgit Fischer.

Nicht ganz so streng gehen die Verantwortlichen bei einem der größten Arbeitgeber in der Region mit dem Thema um. In den Häusern der Gesundheitsholding Lüneburg gilt seit 2007 ebenso wie für Schulen, Hochschulen, Behörden und Bahnhöfe ein generelles Rauchverbot.

+++Die Raucherpausen sollen bleiben+++

"Das Klinikum ist ein rauchfreies Krankenhaus, aber für die Mitarbeiter, Patienten und Besucher gibt es Raucherpavillons im Außenbereich. Auch an der Psychiatrischen Klinik gibt es ausgewiesene Raucherbereiche im Außenbereich und auf Balkonen. Auf geschützten Stationen stehen Raucherräume zur Verfügung, die von Patienten, Personal und Besuchern gemeinsam genutzt werden können", sagt Angela Wilhelm, Sprecherin der Gesundheitsholding. Es gebe eine allgemeine Regelung für Pausen während der Arbeitszeit, aber keine spezielle Regelung für Raucherpausen.

Silke Kettner von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten hält das Thema für völlig aus der Luft gegriffen. "In den Betrieben ist die Regelung von Raucherpausen überhaupt kein Thema", sagt die Gewerkschafterin. Sie ist überzeugt, dass in den Unternehmen jeweils Lösungen gefunden werden, mit denen alle leben könnten.

Für unproduktiv hält sie kurze Pausen während der Arbeitszeit im Übrigen nicht. "Im Gegenteil, ich denke, solche kurzen Momente können sich positiv auf die Produktivität auswirken, weil die Mitarbeiter abteilungsübergreifend Themen ansprechen und dabei auch einige gute Ideen aufkommen", sagt Silke Kettner.

Die Frage, ob Raucherpausen im Ermessen der Mitarbeiter liegen, beantwortet die Gesetzeslage in Deutschland eindeutig: In einem Urteil entschied des Oberverwaltungsgericht Münster, dass Beschäftigte weder Anspruch auf Raucherpausen während der Arbeitszeit noch auf einen Raucherraum haben.

+++Das sind Ihre Rechte als Raucher am Arbeitsplatz+++

Nichtraucher können dagegen auf bestimmte Rechte pochen. Sie haben Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz, so steht es in der Arbeitsstättenverordnung, die seit einigen Jahren gilt und deren Einhaltung von den örtlichen Gewerbeaufsichtsämtern kontrolliert wird.

Wie unterschiedlich Betriebe mit dem Thema umgehen, weiß Bernd Wiechel, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Nordostniedersachsen. "Es ist wichtig, dass es einen Ausgleich zwischen Rauchern und Nichtrauchern gibt. Aber eigentlich ist das hier kein brennendes Thema", sagt der Lüneburger Arbeitgeberchef. Er empfiehlt, Konflikte zu vermeiden, indem man den Umgang mit Raucherpausen in Arbeitszeitvereinbarungen festschreibt.

Auch Kai Winkelmann sieht keinen Bedarf für eine Regelung der Raucherpausen. In seinem Betrieb hat der Schrift- und Pressewart der Innung für Baugewerke der Kreishandwerkerschaft Lüneburger Heide keine Probleme. "Hier wird nur in der Pause geraucht", sagt der Zimmerermeister aus Amelinghausen. Von seinen 15 Mitarbeitern raucht nur einer regelmäßig.

"Früher war es fast die Hälfte der Angestellten, aber die haben alle im Laufe der Zeit aufgehört, aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen", sagt Kai Winkelmann. Damit gehören seine Mitarbeiter einer wachsenden gesellschaftlichen Gruppe an - denn seit Mitte der 90er-Jahre sinkt die Zahl der Raucher in Deutschland.