Dauerbewachung: Polizei observiert den rückfallgefährdeten Mann Tag und Nacht - Nachbarn in Sorge

Was treibt einen ehemaligen Sextäter ausgerechnet nach Lauenburg? Und vor allem: Was macht ihn noch immer so gefährlich, dass er von der Polizei 24 Stunden am Tag bewacht werden muss? Die Behörden geben sich wortkarg: Die Persönlichkeitsrechte des Mannes müssten geschützt werden, heißt es.

Der blaue Mercedes-Kleintransporter steht seit Tagen in der Nähe des Jugendzentrums (Juz) an der Reeperbahn: Polizeibeamte in Zivil wechseln sich stundenweise ab - haben die Gegend rund um die Uhr im Blick. "Sie benutzen ab und zu die Toilette im Juz. Bei unserem Grillfest haben wir ihnen eine Wurst gebracht", erzählt ein Fünfzehnjähriger. Angst macht sich breit: Ein gefährlicher Triebtäter soll seit Kurzem in der Nachbarschaft leben. "Ich lasse meine Tochter abends nicht mehr vor die Tür", hat eine Anwohnerin beschlossen.

Heike Bredfeldt-Lüth, Sprecherin des Landeskriminalamtes, bestätigt: "Ja, es stimmt, der Mann hat seine Haftstrafe wegen eines schweren Sexualdeliktes abgesessen und kann seinen Aufenthaltsort deshalb selbst bestimmen." Was der Mann verbrochen hat, sagt die LKA-Sprecherin nicht: "Er hat auch Persönlichkeitsrechte, die geschützt werden müssen. Die Tat liegt fast 20 Jahre zurück."

Offenbar schätzen die Behörden den Mann aber nach wie vor als gefährlich ein, gehen in ihrer vor der Haftentlassung erstellten Risiko-Prognose von einer hohen Rückfallgefahr aus. Das Kieler Sicherheitskonzept Sexualstraftäter (KSKS) geht von drei Stufen aus. Demnach dürfte der nun in Lauenburg lebende frühere Triebtäter in die Kategorie A fallen: "Es handelt sich um Verurteilte, von denen zu erwarten ist, dass sie jederzeit erneut eine einschlägige Straftat begehen werden. Bei ihnen ist von einer hohen Gefährlichkeit auszugehen und es liegen keine rückfallrisikomindernden Bedingungen vor."

Noch vor Jahren ordneten Gerichte in solchen Fällen die anschließende Sicherheitsverwahrung an. Doch eine nachträgliche Verhängung der Sicherheitsverwahrung ist nicht mehr möglich, nachdem Deutschland für diese Praxis vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt wurde.

Der Mann ist in einer stadteigenen Wohnung untergebracht, bestätigt Bürgermeister Andreas Thiede. Nach eigenen Angaben weiß auch er nichts Konkretes über das Vorleben des ehemaligen Gewaltverbrechers. "Er soll hier aus der Nähe kommen", sagt Thiede nur. Den Mann einfach abschieben, kann die Stadt nicht, wenn, dann müsste er freiwillig gehen. "Die Bürger müssen sich keine Sorgen machen. Durch unsere polizeiliche Überwachung besteht keine Gefahr", versucht die LKA-Sprecherin zu beruhigen. Für wie lange diese Dauerobservation angesetzt ist, sagt sie allerdings nicht.