Elbstrasse: Wassermassen der Elbe sind nicht zu stoppen

10,35 Meter sind für Mittwoch prognostiziert. Das wirft viele Menschen in der Altstadt deutlich zurück, die Euphorie, diese fünfte Flut seit 2002 zu meistern, ist einer Art Schockstarre gewichen. Gut, dass es da die vielen Unterstützer gibt, die Beistand spenden und tatkräftig mit anpacken.

Wie Till Karnstädt-Meißner und Fritz Hock. Der eine neu zugezogener Pastor, der andere von ein paar Jahren aus Bayern zugereister Zimmerer. "Es ist doch selbstverständlich, dass ich hier in dieser Situation mit anpacke", erklärte Karnstädt-Meißner. Er selbst wohnt etwas höher, geht davon aus, mit trockenen Füßen davon zu kommen. Doch die Menschen, die beidseits der stellenweise nur neun Meter hohen Elbstraße leben, werden deutliche Wassereinbrüche in ihre Häuser und Wohnungen verkraften müssen. Dazu gehören auch Hermann und Waltraud Dietrich, die versuchen, ihr Fachwerkhaus mit Sandsäcken und Spanplatten gegen den befürchteten Wassereinbruch abzuschotten. Bitter für sie: Gerade erst haben sie für 3500 Euro einen neuen Holzfußboden im Erdgeschoss verlegt. Er wird, treffen die Prognosen ein, in Mitleidenschaft gezogen.

Denn klar ist: Es wird diesmal kein Wasser abgepumpt, sobald ein Pegel von 9,50 Meter überschritten wird. "Unser Ziel war und ist, die Elbstraße trocken zu halten. Aber so, wie es scheint, wird das nicht klappen", fürchtet Feuerwehrchef Lars Heuer. Tritt dieser Fall ein, werden voraussichtlich etwa 150 Häuser der Altstadt überschwemmt.

Für Dietrich könnte das weitere Verluste bedeuten: "Wir können die schweren Möbel nicht über die schmale Stiege in das Obergeschoss transportieren. Die müssen bleiben, wo sie sind."

Restaurator Gerold Ahrends bringt aus seiner Werkstatt bereits wertvolle Gemälde in Sicherheit. "Die schöne Äbtissin aus dem Kloster Lüne wird erst nach der Flut saniert", zuckt er mit den Schultern und nimmt das Bild von der Wand. Das Hotel "Zum altem Schifferhaus" verrammeln derweil Andreas Strahlendorf und Stephan Lübke. Zusammen mit acht weiteren Helfern unterstützen sie Gastwirt Sönke Ellerbrock. "Ich versuche das Haus mit allem, was geht, einzupacken. Hoffentlich geht das gut", sagt er. Wenn nicht, steht das Wasser eineinhalb Meter hoch in einem Lokal. Sonntag wird er den Restaurantbetrieb vorerst einstellen.

"Wir werden den Museumskeller wohl gezielt mit Trinkwasser fluten, um den Schlamm, den das Hochwasser mitbringt, draußen zu halten", sagt Joachim Kedziora, der Leiter des Elbschifffahrtsmuseums, leicht resigniert. "Es ist toll, dass die Betroffenen diese tolle Nachbarschaftshilfe erfahren", lobte Bürgermeister Andreas Thiede die Bürger, die mit anpacken.

Nach bevor Bauamtsleiter Reinhard Nieberg und Wehrführer Heuer gestern die Evakuierung mit den Worten "Das ist keine höfliche Bitte, das ist eine Anweisung" ankündigten, hatte Anwohnerin Ruth Scharnweber reagiert. Mit gepacktem Koffer flüchtete sie in das Haus von Tochter Karen und Schwiegersohn Thorsten am Lanzer See. Ehemann Karl-Adolf will noch ausharren, nach Möglichkeit bleiben. Angst vor Plünderung muss er jedoch nicht haben. Polizeikräfte werden Streife gehen.