Dassendorf. ETSV Hamburg triumphiert am Wendelweg. Was das für die Meisterschaftschancen der Dassendorfer in der Fußball-Oberliga bedeutet.

Gianluca Babuschkin warf die ganze Erfahrung seiner über 200 Spiele in die Waagschale. Nachdem ein Freistoß von Martin Harnik, dem Kapitän des Fußball-Oberligisten TuS Dassendorf, deutlich über das Tor gegangen war, machte sich Babuschkin auf den Weg, das verschwundene Leder zu holen.

Der 30-jährige Keeper des ETSV Hamburg ignorierte dabei geflissentlich den Ersatzball, der in den Strafraum geflogen kam, ebenso die Kommentare von Fans der TuS Dassendorf. Er suchte hinter seinem Tor herum. Das dauerte und dauerte und dauerte. Doch die Uhr tickte für die Gäste. Denn die „Eisenbahner“ führten durch einen Treffer von Marco Schultz (60.) mit 1:0 und brachten den Vorsprung schließlich erfolgreich über die Zeit.

TuS Dassendorf patzt ausgerechnet gegen den Lokalrivalen

Babuschkin hatte daran großen Anteil. Kurz vor Schluss stand er goldrichtig, als er von Dassendorfs Kristof Kurczynski aus zwei Metern Entfernung angeschossen wurde (90.+3). Die größte Chance der Hausherren war damit verpufft. „Ich habe es wieder getan“, strahlte Babuschkin. „Ich habe schon mit Curslack hier gewonnen und jetzt auch mit dem ETSV.“

So fiel das entscheidende Tor: Marco Schultz (nicht im Bild) trifft zum 0:1, TuS-Torwart Sebastian Kalk und Verteidiger Maximilian Ahlschwede (r.) schauen dem Ball hinterher.
So fiel das entscheidende Tor: Marco Schultz (nicht im Bild) trifft zum 0:1, TuS-Torwart Sebastian Kalk und Verteidiger Maximilian Ahlschwede (r.) schauen dem Ball hinterher. © Abdruck oder Veröffentlichung nur gegen Honorar, namentliche Nennung und Belegexemplar! | Josef Noveski

In der Tat! Vor ziemlich genau sieben Jahren siegte der SV Curslack-Neuengamme mit Babuschkin im Tor mit 2:1 in Dassendorf, obwohl der Keeper gleich in der ersten Minute von TuS-Stürmer Marcel von Walsleben-Schied überwunden wurde. Doch in der Folge wehrte Babuschkin alles ab, und Curslack drehte durch Tore von Stjepan Radic und Sebastian Spiewak noch die Partie.

Jetzt ist für die TuS Dassendorf der Weg zur Meisterschaft ganz weit

Nun also der erneute Triumph des 30-Jährigen, dieses Mal mit dem ETSV Hamburg, der die Dassendorfer nur zu gern als Nummer eins in der Region ablösen würde. Der große Unterschied: Damals hatten die Dassendorfer einen bequemen Vorsprung in der Meisterschaft. Sie ließen sich daher von dem Rückschlag gegen Curslack nicht aus dem Konzept bringen und holten den Titel.

Dieses Mal könnte alles ganz anders laufen, denn nun hat Tabellenführer Altona 93 die klar besseren Karten im Meisterschaftsrennen. „Diese Niederlage hat hundertprozentig riesige Auswirkungen auf das Titelrennen“, machte sich Dassendorfs Flügelflitzer Rinik Carolus keine Illusionen. „Das waren Punkte, die wir hätten holen müssen. Jetzt können wir jedes verbleibende Spiel nur noch wie ein Pokalspiel sehen.“

Nun geht es für die Dassendorfer zum Spitzenreiter Altona 93

Mit einem Punkt Rückstand müssen die Dassendorfer die zwei Partien mehr ausgetragenen haben, nun auf Ausrutscher von Altona 93 hoffen, das bislang in dieser Saison noch kein einziges Spiel verloren hat. Das wird also ganz eng. In zwei Wochen muss die TuS zum Tabellenführer reisen (16. März), dann wird man vielleicht schon mehr wissen.

Für den ETSV Hamburg war es eine gelungene Revanche für die 0:3-Niederlage im Hinspiel. Ausgelassen feierten die „Eisenbahner“ den Erfolg nach dem Schlusspfiff des sehr starken Schiedsrichters Luca Jürgensen (Eintracht Norderstedt) mit „Wir sind zusammengekauft“-Gesängen, jenem Lied also, das einst in Dassendorf kreiert worden war.

„Eisenbahner“ wollen die Euphorie mit in den Pokal nehmen

Doch von Söldner-Mentalität keine Spur. „Wir haben eine Top-Kameradschaft in der Mannschaft“, betont Babuschkin. „Alle verfolgen dasselbe Ziel. Wir müssen die Euphorie des Erfolgs jetzt in das Pokalspiel mitnehmen.“ Am kommenden Sonntag trifft der ETSV im Pokal-Viertelfinale auf den HEBC (14 Uhr, Mittlerer Landweg).

Der Moment wird auf Handy festgehalten: Die Jubeltraube des ETSV Hamburg mit Trainer Berkan Algan (l.) mittendrin.
Der Moment wird auf Handy festgehalten: Die Jubeltraube des ETSV Hamburg mit Trainer Berkan Algan (l.) mittendrin. © Abdruck oder Veröffentlichung nur gegen Honorar, namentliche Nennung und Belegexemplar! | Josef Noveski

Es war bemerkenswert, wie gut die an Kunstrasen gewöhnten Gäste auf dem holprigen Rasenplatz zurecht kamen. „Wir haben vorher darüber gesprochen“, verriet Gäste-Coach Berkan Algan. „Es galt heute, auf so einem Geläuf die Bedingungen anzunehmen.“ Das hatten auch die Hausherren vor. „Das waren sicher keine einfachen Verhältnisse“, hatte TuS-Coach Thomas Seeliger Verständnis für so manchen Stockfehler, der den Akteuren unterlaufen war.

Die Offensivbemühungen der TuS Dassendorf blieben glücklos

„Wir wollten heute angesichts des Rasens einen einfachen Ball spielen“, schildert Rinik Carolus, der übrigens auch schon vor sieben Jahren bei der Niederlage gegen Curslack in der Dassendorfer Elf gestanden hatte. Der 37-Jährige gehörte am Sonnabend noch zu den Besten im TuS-Team, blieb aber wie seine Mannschaftskameraden in seinen Aktionen glücklos.

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So entwickelte sich vor rund 300 Zuschauern ein Spiel ohne große Höhepunkte, in dem die Abwehrreihen dominierten und das passenderweise durch einen Kullerball entschieden wurde. ETSV-Offensivmann Marco Schultz erwischte nach einer Stunde mit seinem Flachschuss ins linke Ecke die gesamte Dassendorfer Hintermannschaft auf dem falschen Fuß.

Die unheimliche Erfolgsserie des Gianluca Babuschkin

Es sollte das goldene Tor des Tages sein. „Ich finde nicht, dass die anderen dieses 1:0 verdient haben“, haderte ein Dassendorfer Junge am Spielfeldrand im Gespräch mit seinem Vater mit dem Spielverlauf. Aber es gibt halt so Tage, da läuft es nicht. Für die Dassendorfer war dieser Sonnabend so ein Tag. Und gegen die unheimliche Erfolgsserie des Gianluca Babuschkin, der in dieser Saison acht von neun Spielen, bei denen er im Tor stand, gewonnen hat, schien für die TuS einfach kein Kraut gewachsen zu sein.

TuS Dassendorf: Kalk – Kleine (57. Brown), Ahlschwede, Götz – Dettmann (68. Doege) – Rinik Carolus (73. Lam), Strömer, Kurt – Möller (73. Kurczynski), Harnik, Maggio. ETSV Hamburg: Babuschkin – Karschau, Siemsen, Marushka, Parduhn (73. Dittrich) – Kwame, Andrijanic (77. Boock) – Schultz (66. Janelt), Düzgüner (77. Kiene), Monteiro – Stark.