Lauenburg. Zu einem Infotag hatten die Lauenburger Grünen eingeladen. Dabei zeigte sich: Auch bei den Experten gibt es noch Unklarheiten.

Fünf Referenten, 80 Besucher, viele offene Fragen und eine spannende Dramaturgie: Die Veranstaltung, zu der die Lauenburger Grünen eingeladen hatten, führten vom weltweiten Gashandel bis in den privaten Heizungskeller – von theoretischen Förderversprechen zur praktischen Umsetzung der Energiewende. Klar war: Wo die Planungssicherheit schwindet, helfen Informationen aus der Praxis.

Die lieferte unter anderem der Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Elbe, Joachim Schöttler. Dass die Wärmeplanung in der Hand der Kommunen liegen, hat für den Netzbetreiber in Lauenburg, Boizenburg und Amt Lütau nur Vorteile. Es garantiert eine zügigere Umsetzung, als das bei Land oder Bund als Verantwortlichem der Fall wäre. „Eine Bürokratiewende wäre sicher genauso sinnvoll wie die Wärmewende“, bilanziert Schöttler seine Erfahrung mit Finanzierungshilfen und Antragsstellungen.

Wärmeplanung: Jeder Haushalt erhält Empfehlung zum Heizen

Wie ist also der Stand? Für die Wärmeplanung haben die Versorgungsbetriebe Elbe eine Ausschreibung zu Papier gebracht. Danach kann die Datenerhebung beginnen. Lauenburg und Boizenburg müssen ihr Konzept bis Ende 2027 vorlegen. Kartografische Übersichten tragen alle Daten zum Energieverbrauch von Gebäuden und Gebäudekomplexen, ob öffentlich oder privat, Wohnraum oder Gewerbe, zusammen. Die Datenerhebung verläuft straßen- und quartiersweise.

Ist sie vollständig, bekommt jeder Haushalt eine Empfehlung für die bestmögliche Versorgung. „Wir rechnen mit einer groben Analyse der Verbrauchszahlen bis Ende des Jahres“ so Schöttler. Er prognostiziert außerdem einen Mix aus vielen Möglichkeiten: Wärmepumpen, Fernwärmenetz, Geothermie. Die Lauenburger Altstadt, verwinkelt und aus alter Bausubstanz, sei versorgungstechnisch eine echte Herausforderung. Jedes Haus mit einer Wärmepumpe auszustatten nicht unmöglich, so Schöttler. Zukünftige Besucher müssten dann mit Kopfhörer durch die Gassen flanieren.

Lauenburger Altstadt gilt als Herausforderung

Doch es gebe Grund zu Optimismus. „Der Druck auf die Regierung wird wachsen. Es wird neue Förderwege geben“, so der Energie-Experte. Wessen Immobilie aus technischen oder baulichen Gründen nicht an ein Wärmenetz anschließbar ist, der müsse auf die Stadtwerke als Grundversorger bauen können. Für individuelle Lösungen arbeite man bei den Versorgungsbetrieben derzeit an vielen Ideen. Ein Holzschnitzelkraftwerk, das Abwasser, der Bauhof, die Elbe – überall steckt Wärme drin.

Wie viel Wärme in der Elbe steckt, darüber informierte im Anschluss Professor Dr. Oliver Opel von der Fachhochschule Westküste in Heide. Zum Ende seines technisch durchaus anspruchsvollen Vortrags war klar: Das Oberflächenwasser der Elbe liegt als vielversprechendes Potenzial in Lauenburg vor der Haustür, eine Großwärmepumpe bietet die nötige Technik, um es vor Ort für ein Fernwärmenetz zu nutzen. Hellhörig wurde Schöttler allerdings, als er hörte, wie groß der Durchmesser der dafür notwendigen Rohrleitungen sein müsse. Für die Lauenburger Altstadt brauche man dazu eine Alternative, sagte er.

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Es bleibt das Problem der Gleichzeitigkeit der Wärmeplanungsprozesse im Land. „2028 sitzen dann alle im Graben“, so Joachim Schöttler, der sich fragt, wer das alles buddeln soll, wenn alle gleichzeitig anfangen. „7000 Rohrleitungsverleger brauchen wir mindestens zusätzlich in Schleswig-Holstein“ lautet die Prognose. Der Faktor Arbeit ist also mindestens so schwierig wie der Faktor Kapital. Die Rohre müssten eigentlich jetzt schon produziert sein und am Rand der Gemeinde bereitliegen.

Ebenfalls Klartext redete Bernd Elvert vom gleichnamigen Heizung-Sanitär-Elektro-Betrieb aus Geesthacht. „Die Wärmepumpe spart kein Geld, sondern lediglich CO2“ sagte er. Nach dieser „kalten Dusche“ für einige Zuhörer beschrieb der Fachmann den ganzen Prozess, bis die Wärmepumpe eingebaut ist und funktioniert. Dazu gehört eine Wärmebestandsanalyse und dann die Wärmepumpe selbst. In vielen Fällen werden auch neue Heizkörper benötigt. Zusammen mit der Umstellung der Elektrik, dem Material und der Arbeitszeit könne die Umstellung auf eine Wärmepumpe schon mal bis zu 40.000 Euro kosten. Auf der Haben-Seite schlügen Effizienz und Langlebigkeit dieser Technik zu Buche.

Bis die Wärmewende Realität wird – das lehrte der Info-Tag in Lauenburg – braucht es wohl noch einen langen Atem. Aber sie wird kommen, waren sich Referenten und Besucher einig. Der Chef der Versorgungsbetriebe brachte es auf den Punkt: „Letzten Endes ist die Wärmeplanung eine Investition in die Zukunft unserer Kinder.“