Dohren. Warum der Vertrag von Paul Hoff etwas Besonderes ist und welche sportliche Hürde in der Karibik auf den Pitcher aus Dohren wartet.

Allein die Rahmenbedingungen verdeutlichen, wie bedeutend dieser Moment ist: da versammelt sich die Baseballfamilie im Vereinsheim des SV Dohren, mit Georg Bull reist der Leiter der Deutschen Baseball Akademie (DBA) an, ein Manager aus der MLB schickt eine Videobotschaft und auf den Tischen liegen Schokoladentäfelchen mit dem Konterfeit der Hauptperson. Paul Hoff, der 17 Jahre alte Junge von den Dohren Wild Farmers, hat vor den Augen eines Notars einen Profivertrag bei den Milwaukee Brewers, einem Verein der Major League Baseball (MLB), unterschrieben.

Der 17-jährige Paul Hoff unterschreibt einen Profivertrag mit sechs Jahren Laufzeit beim MLB-Club Milwaukee Brewers.
Der 17-jährige Paul Hoff unterschreibt einen Profivertrag mit sechs Jahren Laufzeit beim MLB-Club Milwaukee Brewers. © HA | Markus Steinbrück

Der Kontrakt hat eine Gültigkeit von sechs Jahren. Schon die Tatsache, dass der talentierte Pitcher (Werfer) am erstmöglichen Tag, dem International Signing Day, unterzeichnen darf, zeigt sein hohes Ansehen bei den Scouts. „Meines Wissens ist er der einzige Europäer, der 2024 am ersten Tag unter Vertrag genommen wird“, sagte Bull. Fast alle anderen Neuzugänge kommen aus der Karibik und Lateinamerika.

Paul Hoff unterschreibt als einziger Europäer am International Signing Day

Die jungen und älteren Baseballspieler in Dohren sind jedenfalls mächtig stolz. Einer von ihnen hat es geschafft, Paul Hoff ist seinem Traum ein großes Stück nähergekommen. In all den Jahren waren mit Maik Ehmcke und Daniel Thieben nur zwei weitere Wild Farmers so weit gekommen. „Paul sitzt jetzt im Boot, er muss aber noch ankommen“, beschreibt Georg Bull bildlich den langen Weg in die umsatzstärkste Sportliga der Welt, als die die MLB gilt.

Pitcher Paul Hoff bei einem Einsatz für die deutsche U18-Nationalmannschaft im April 2023.
Pitcher Paul Hoff bei einem Einsatz für die deutsche U18-Nationalmannschaft im April 2023. © HA | Dohren Wild Farmers

Mehr noch als in den vergangenen anderthalb Jahren wird sich das Leben von Paul Hoff überwiegend in der Dominikanischen Republik abspielen. Dort befindet sich nicht nur die Ruiz-Bull-Academia de Baseball, die Dohrens Trainer Pedro Fernandez Ruiz gemeinsam mit Georg Bull betreibt. Auf der Karibikinsel unterhalten alle 30 MLB-Clubs eigene Aufbauschulen für ihre Nachwuchsspieler. In wenigen Tagen wird Paul Hoff wieder über den Atlantik fliegen und sich gezielt auf die im April startende Sommerliga vorzubereiten.

Zurück in der Dominikanischen Republik: erst Sommerliga, dann wohl Rookie-Liga

Erst wenn er sich durchsetzt, geht die Reise endgültig in die USA. Nächster Schritt wäre die Rookie-Liga. Danach ginge es Schritt für Schritt weiter durch den Unterbau der MLB, der aus vier weiteren Ligen besteht: von unten nach oben Lower A, Higher A, Double A und Triple A. Im Idealfall kommt ein Junge wie Paul Hoff nach sechs Jahren – darum diese Vertragslaufzeit – in der Major League Baseball an. Mit Max Kepler hat sich bislang nur ein einziger deutscher Baseballspieler dauerhaft in der MLB etabliert.

Kurioses am Rande: Im Vereinsheim in Dohren lagen Schokoladen-Täfelchen mit dem Bild von Paul Hoff aus.
Kurioses am Rande: Im Vereinsheim in Dohren lagen Schokoladen-Täfelchen mit dem Bild von Paul Hoff aus. © HA | Markus Steinbrück

Im Alter von acht Jahren hatte Paul Hoff 2015 erstmals Kontakt mit Baseball. Bis dahin spielte er Fußball beim Buchholzer FC. In der dritten Grundschulklasse begeisterte Jeremy Fernandez Ruiz, Sohn von Trainer Pedro, seine Klassenkameraden, es doch mal mit Baseball in Dohren zu versuchen.

„Paul ist der Einzige von ihnen, der übrig geblieben ist“, erzählt Mutter Andrea Hoff. Neben Leonie (26) und Lucie (20) ist Paul das jüngste Kind von Georg und Andrea Hoff, die die Ambitionen ihres Sohnes seit jeder intensiv unterstützen. Die Familie wohnt in Buchholz.

Trainersohn Jeremy schleppt den achtjährigen Paul 2015 erstmals zum Baseball

„Damals konnte er keinen Ball vernünftig werfen, heute hat er viele Wurfvarianten drauf“, sagte Pedro Fernandez Ruiz. Der Nachwuchstrainer der Dohren Wild Farmers erkannte das Talent und Potenzial des jungen Paul Hoff und hat großen Anteil an seiner Entwicklung. „Ich habe ihm Baseball beigebracht“, sagt „Patico“ nicht ohne Stolz. „Er ist ein Kämpfer, hat Potenzial und ein Löwenherz. Gerade für einen Pitcher in Eins-zu-eins-Situationen ist das wichtig.“

Blick zurück: Im Frühjahr 2020 posieren Paul Hoff (links) und Jeremy Fernandez Ruiz, seinerzeit Spieler der U15-Nationalmannschaft, für einen Abendblatt-Artikel.
Blick zurück: Im Frühjahr 2020 posieren Paul Hoff (links) und Jeremy Fernandez Ruiz, seinerzeit Spieler der U15-Nationalmannschaft, für einen Abendblatt-Artikel. © Maximilian Bronner | Maximilian Bronner

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Auch dank der umfassenden Nachwuchsförderung durch die Dohren Wild Farmers, den Niedersächsischen Baseball- und Softball-Verband (NBSV), die Deutsche Baseball Akademie (DBA), Elbakademie und weitere Nachwuchs-Förderinitiativen schaffte es Paul Hoff innerhalb weniger Jahre in die deutsche Nationalmannschaft, zunächst in der Altersklasse U12, später in die U15 und U18.

Realschul-Abschluss 2022 am Kattenberge, dann „All-in“ für den Profi-Baseball

Im vergangenen Jahr übernahm Georg Bull dann Hoffs Management und stellte auf Basis seiner hervorragenden Kenntnisse und Verbindungen den Kontakt zu mehreren Teams der MLB her – mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt.

Paul Hoff mit seinen Förderern und Trainern Georg Bull (links) und Pedro Fernandez Ruiz (rechts), die gemeinsam eine Baseball-Akademie in der Dominikanischen Republik betreiben.
Paul Hoff mit seinen Förderern und Trainern Georg Bull (links) und Pedro Fernandez Ruiz (rechts), die gemeinsam eine Baseball-Akademie in der Dominikanischen Republik betreiben. © HA | Markus Steinbrück

Im Schulzentrum am Kattenberge in Buchholz hatte Paul Hoff im Sommer 2022 seinen erweiterten Realschluss-Abschluss erworben. Seitdem gilt seine volle Konzentration dem Baseball. Der 17-Jährige entschied sich gegen die Alternative, über ein vierjähriges Studium am College den Weg in den professionellen Baseball zu finden. „Er wollte sofort Profi werden, ist wie beim Poker All-in gegangen“, sagte Georg Bull.

Paul Hoff: „Bis kurz vor der Unterschrift hatte ich Angst, mich zu verletzen“

„Bis kurz vor der Unterschrift hatte ich Angst, mich zu verletzen. Jetzt, wo es sicher ist, ist es ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Es war mein Traum, Baseball-Profi zu werden“, sagte der großgewachsene Jugendliche mit blondem Haar. Mit seiner Unterschrift verbunden ist eine stattliche Zahlung seines neuen Vereins, der sogenannte Signing Bonus.

Junge und ältere Baseballspieler der Wild Farmers freuen sich, dass es einer von ihnen geschafft hat. Nach der Unterschrift brandet Applaus im Vereinsheim auf.
Junge und ältere Baseballspieler der Wild Farmers freuen sich, dass es einer von ihnen geschafft hat. Nach der Unterschrift brandet Applaus im Vereinsheim auf. © HA | Markus Steinbrück

Dagegen fällt das monatliche Gehalt bescheiden aus. „Die Unterschrift ist der erste große Schritt zu meinem Traum. Jetzt gilt es, sich an das professionelle Leben zu gewöhnen und die nächsten Schritte zu gehen“, sagte der 17-Jährige.

Mutter Andrea Hoff ist stolz: „Paul hat geschwitzt, gelitten und geblutet“

Dass neben Talent und Förderung auch jede Menge harte Arbeit hinter Paul Hoff liegt, deutete Mutter Andrea an, als sie sagte: „Er hat geschwitzt, gelitten und geblutet. Wir freuen uns total für ihn.“ Mit der echten Familie freut sich die große Baseball-Familie in Dohren. Sie werden den weiteren Weg des Jungen, der auszog, um Baseballprofi zu werden, intensiv verfolgen.

Manager Georg Bull zeigt den Gästen die Videobotschaft eines Managers der Milwaukee Brewers.
Manager Georg Bull zeigt den Gästen die Videobotschaft eines Managers der Milwaukee Brewers. © HA | Markus Steinbrück

Und wenn er mal wieder zu Hause ist, werden sie wieder ins Vereinsheim pilgern, um ihn zu drücken und zu hören, was er zu erzählten hat von den großen Bühnen des internationalen Baseballs, dieser Paul Hoff.