Reppenstedt. Die Shops vertreiben regionale Ware und sind oft ein Ort für Klönschnack unter Nachbarn. Besonders Nischenprodukte ziehen Kunden an.

Sie sind Kommunikationsort, Nahversorger und oftmals liebevoll gestaltet: Hofläden sind aus dem ländlichen Handel schon lange nicht wegzudenken. In einem kleinen ländlichen Selbstbedienungsshop in Reppenstedt bei Lüneburg wird an diesem kalten Dezember-Sonnabend über braune oder weiße Eier, Haltbarkeitsdaten von Curry-Huhn in Gläsern und Kartoffelsorten gefachsimpelt. „Das ist ganz cool hier, es hat sich so entwickelt, dass die Kunden sich helfen“, erzählt Jochen Hartmann, der mit seiner Frau Hilke den Hof in der 19. Generation betreibt

Alles beruhe auf dem Vertrauen, das die Kunden ihnen entgegenbringen für ihre Arbeit. Sie wollen nachhaltig anbauen, die Klimaveränderungen einbeziehen und schwören auf Freilandhaltung – bei jedem Wetter. Viele der 2800 Hühner laufen neben ihren mobilen Ställen auf dem Grundstück herum.

Hofladen in Reppenstedt: „Wir fahren immer an den Hühnern vorbei und wir wissen, die hatten es gut“

„Wir fahren immer an den Hühnern vorbei und wir wissen, die hatten es gut“, meint Kundin Antje König, die mit ihrem Mann zwei Brathähnchen bei der Aktion vor Weihnachten erwirbt. Der Preis von 12,50 Euro pro Kilogramm schreckt sie nicht: „Wir essen lieber weniger, aber wir finden es gut, dass das Konzept funktioniert.“ Die Tiere leben länger als die meisten ihrer Artgenossen aus konventioneller Haltung, das Muskelfleisch ist fester.

Die Landwirte Jochen und Hilke Hartmann vor ihrem Hofladen.
Die Landwirte Jochen und Hilke Hartmann vor ihrem Hofladen. © dpa | Philipp Schulze

Zufrieden mit der Entwicklung des Privatkundengeschäfts ist auch Lars Odefey in Uelzen. Ein Viertel des Umsatzes generiert der Agrarwissenschaftler aus dem Verkauf von Edel-Geflügel vom Hof. „Wir haben viele Kunden, die sagen, es ist egal, was es kostet. Wir schätzen eure Arbeit“, sagt er. „Wir haben eine Nische gefunden“. Er hält Hunderte Hühner verschiedener Rassen in selbstgebastelten mobilen Bauwagen und zieht damit vor allem das Interesse von Spitzenköchen auf sich.

2020 gab es nach Angaben der Landwirtschaftskammer 2620 Hofläden in Niedersachsen

Weil Odefey zweigleisig fährt, kann er die Einbrüche im Geschäft – fehlende Gastronomie im Lockdown und seit dem Ukraine-Krieg mehr Zurückhaltung der Privatkunden – gut abfedern. Seine Energiekosten hat er durch eine Photovoltaikanlage und Hackschnitzelheizung heruntergeschraubt, dazu baut er die Futtermittel selbst an. Sorgen bereite allerdings vielen Großkunden die Rücknahme der Mehrwertsteuerabsenkung in der Gastronomie zum 1. Januar.

Hilke Hartmann und ihr Sohn Tjark bereiten Hühnerfleisch zum Verkauf am Hofladen vor.
Hilke Hartmann und ihr Sohn Tjark bereiten Hühnerfleisch zum Verkauf am Hofladen vor. © dpa | Philipp Schulze

2020 gab es nach Angaben der Landwirtschaftskammer 2620 Hofläden in Niedersachsen. In der Pandemie wären viele Landwirte wegen des großen Kundeninteresses in die Direktvermarktung eingestiegen, seit dem Ukraine-Krieg spürten sie die Kaufzurückhaltung. Viele hätten wieder dichtgemacht.

„Die Ware verkauft sich nicht von allein“, sagt Sabine Hoppe von der Kammer in Hannover. „Deutschlandweit hat besonders die Bio-Szene wegen der Kaufrückhaltung drastische Umsatzeinbrüche erlebt“, bestätigt die Beraterin für die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte die Sorgen vieler kleiner Bauern.

Erfolg hängt sehr mit der Persönlichkeit des Landwirts und seinen Fähigkeiten zusammen

Landwirte, die keinen Nachfolger finden, gäben auf – und andere, die ihren Hof aufgrund der komplizierten Lage in der Landwirtschaft vielfältiger aufstellen wollen, würden mit der Direktvermarktung anfangen. Der Erfolg hänge sehr mit der Persönlichkeit des Landwirts und seinen vielseitigen Fähigkeiten zusammen, sagt Hoppe: „Das Image des Hofladens ist wichtig. Einige beherrschen das Verkaufen sehr gut.“

Hilke Hartmann spricht in ihrem Hofladen mit einem Kunden.
Hilke Hartmann spricht in ihrem Hofladen mit einem Kunden. © dpa | Philipp Schulze

Nach dem Boom während der Corona-Zeit hätten sich die Umsätze nun normalisiert, auch weil viele Kommunen auf regionale Kost in Kitas und Schulen umstiegen. „Da tut sich enorm was, alles ist in Bewegung“, sagt die Expertin. Allerdings seien die Gewinne der Landwirte gesunken, da unter anderem Energie- und Futterpreise stark gestiegen sind. Mit Preiserhöhungen oder Tricks wie kleineren Packungen würden sich die Landwirte schwertun, weil sie den direkten Kontakt zum Kunden haben und ihn nicht verlieren wollen.

„Kasse“ steht auf einem Schild im Hofladen.
„Kasse“ steht auf einem Schild im Hofladen. © dpa | Philipp Schulze

Für Jochen und Hilke Hartmann ist der Hofladen von einem Zubrot zu einer festen Einnahmequelle geworden - statt nur zu Spitzenzeiten wie der Ernte oder Schlachtung, können sie kontinuierlich über das ganze Jahr mit einem monatlichen Betrag rechnen. Die Direktvermarktung mache rund ein Drittel des Jahresumsatzes aus. Das gibt ihnen die Freiheit, viel auf den Feldern zu experimentieren und auch einmal Niederlagen einzustecken.

Tipkes Hofkontor in Harsefeld im Landkreis Stade hat seine Verkaufsfläche in diesem Jahr sogar auf 240 Quadratmeter verdoppelt. „Wir haben unsere eigene Eisproduktion, machen viel selbst wie Präsentkörbe und haben als Kundenmagnet die frei herumlaufenden Hühner“, erzählt die 28-jährige Hanna Tipke, die zusammen mit Ehemann Hannes, Schwager Steffen und Schwägerin Lisa 2021 den Hof von den Großeltern übernahm. „Back to the roots - zurück zu Wurzeln“ lautet die Devise des jungen Familienbetriebs, der wegen seiner Nähe zu Hamburg auch die zahlungskräftige Stadt-Klientel anlockt.