Harburg/Buxtehude/Lüneburg. Abgeschaltete Straßenbeleuchtung, kein warmes Duschwasser oder weniger beheizte Innenräume – immer mehr Städte und Gemeinden in Deutschland stellen ihre Energiesparpläne vor. Mit teilweise einschneidenden Maßnahmen, um möglichst viel Gas und Strom zu sparen und damit einem drohenden Gas- und Strommangel im Winter in Folge des Ukraine-Krieges vorzubeugen.
Harburg Stadt und Land: So soll Energie gespart werden
Das Abendblatt hat einen Blick auf die Vorbereitungen in Harburg und Umland geworfen. Es zeigt sich: Energie sparen wollen alle. Die Kommunen in Harburg und Umgebung reagieren aber sehr unterschiedlich – sowohl beim Tempo als auch bei der Organisation und hinsichtlich der konkreten Schritte.
Die Stadt Buxtehude trat etwa vor einigen Tagen mit einem Krisenstab an die Öffentlichkeit, der zunächst auf sanfte Maßnahmen setzt. Der Bezirk Harburg hält sich bedeckt und im Landkreis Harburg nimmt zunächst die Kreisverwaltung die Zügel in die Hand. In Lüneburg bleibt der Hafen nachts dunkel und die Stadt beraumt extra eine Energie-Konferenz mit Wirtschaft, Wohlfahrtsverbänden und Universität ein.
Buxtehude plant: Licht bleibt an, Freibadbecken ist kühler
Vergleichsweise weit fortgeschritten ist die Planung im Rathaus der Stadt Buxtehude. Dort hat Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos) mit der Leitung der Stadtwerke und ausgewählter Abteilungen einen Krisenstab eingerichtet. Auch um zu signalisieren, dass die Stadt die Lage ernst nimmt. „Was die Menschen über die Medien, die sozialen Medien und Gespräche aufnehmen, ist beunruhigend“, so die Bürgermeisterin.
Nun gelte es, transparent zu informieren und Vorbereitungen für den Ernstfall zu treffen, ohne Panik zu verbreiten. Und sie sagt: „Wir brauchen eine individuelle Strategie für Buxtehude, die nicht unbedingt auf andere Städte übertragbar ist.“
Wichtig ist dem Krisenstab: Jetzt anfangen Strom und Gas zu sparen und nicht erst, wenn die Versorgungssicherheit unmittelbar in Gefahr ist. So wurden erste Energiesparmaßnahmen bereits umgesetzt. Kalte Duschen in Bädern und Sporthallen wie in Hannover oder weniger Beleuchtung für Straßen und Gebäude wie in Berlin gibt es in Buxtehude derzeit nicht, sagt Stadtwerke-Leiter Stefan Babis. Aber er verrät: „Wir haben die Beckentemperatur im Freibad um 1,5 bis 2 Grad reduziert.“
Stadt spart Heizleistung in öffentlichen Gebäuden ein
Außerdem spart die Stadt bereits jetzt 10 bis 15 Prozent der Heizleistung in öffentlichen Gebäuden ein. Teilweise, weil die Heizungen nicht mehr im dauerhaften Bereitschaftsbetrieb sind. Es dauert also länger, wenn jemand das Thermostat aufdreht, bis die Wärme ankommt. 31 Prozent der städtischen Gebäude wurden komplett vom Gasnetz genommen, darunter auch Schulen. Voraussetzung dafür: Getrennte Heizungs- und Warmwassersysteme. Über Maßnahmen wie verringerte Raumtemperaturen und Abschaltung der Straßenbeleuchtung in der Nacht werde man noch beraten, so Stefan Babis.
Klar ist aber: Die Stadt allein hat als Verbraucher nur einen geringen Anteil am Energieverbrauch. Genau gesagt fielen nach Angaben der Stadtwerke Buxtehude lediglich rund 2,3 Prozent des gesamten örtlichen Gasverbrauchs (700 MWh) im Jahr 2021 auf die Stadt (16 MWh). Entscheidend für den Stand der Gasspeicher ist vielmehr das Verhalten der privaten Haushalte, die in und um Buxtehude 70 Prozent des Gasverbrauchs verursachen. Darauf folgt das Gewerbe mit 15 Prozent sowie Industrie/Großkunden mit ebenfalls 15 Prozent. Beim Strom sind Industrie/Großkunden mit 50 Prozent die Großverbraucher, aber auch die Haushalte liegen bei 34 Prozent.
Landkreis Harburg: Ein Stufenplan kommt Ende August
Die Devise der Kommunen: Jedes gesparte Kilowatt zählt – und es ist wichtig, eine Vorbildrolle einzunehmen und mit den Akteuren in Kontakt zu treten. Während sich Buxtehude frühzeitig selbst organisiert und der Landkreis Stade lediglich Gedankenspiele für seinen konkreten Zuständigkeitsbereich anstellt, sollen die Einsparmaßnahmen und Pläne im Landkreis Harburg im Kreishaus zusammenlaufen.
Landrat Rainer Rempe ließ nach einem ersten Treffen mit den Gemeinden kürzlich wissen: „Der nächste Schritt wird nun sein, sich in enger Abstimmung mit den Kommunen auf mögliche Maßnahmen zu verständigen, diese zu priorisieren und einen Stufenplan zu erstellen.“ Ein Entwurf dieses Stufenplans soll Ende August vorliegen.
Fall aus Tostedt zeigt die rechtlichen Hürden
Konkretisieren möchte Rempes Büro die Vorschläge zu diesem Zeitpunkt nicht. Mindestens die von der EU-Kommission vorgeschlagenen 15 Prozent Energie sollen eingespart werden. Im Vorfeld angedacht war etwa, die Heiztemperatur in Verwaltungsgebäuden, Schulen oder Turnhallen um ein Grad zu reduzieren, auf Warmwasser in Handwaschbecken zu verzichten oder die Außenbeleuchtungen zu reduzieren.
Dass solche Maßnahmen auch auf rechtliche und technische Hürden stoßen können, zeigt der Fall Tostedt. Die Gemeinde war vor kurzem mit einer Nachtabschaltung der Straßenlaternen vorgeprescht. Die kurzfristige Umsetzung scheiterte daran, dass Fußgängerüberwege weiterhin beleuchtet sein müssen, dies aber technisch nicht ohne weiteres eingestellt werden konnte.
In Buchholz wird intensiv über Einsparmaßnahmen nach
Ob auch andere Gemeinden erste Schritte in Sachen Energiesparen gegangen sind, ist in der Kreisverwaltung nicht bekannt. In Buchholz denke man gerade „intensiv über Einsparmaßnahmen nach“, heißt es aus der Pressestelle. Zur Tat geschritten ist die Verwaltung noch nicht. Die Gespräche zwischen Kreis und Gemeinden werden nun fortgesetzt, auch Schulen und Energieversorger will die Kreisverwaltung ins Boot holen.
Lüneburg: Bürgermeisterin beraumt Energie-Konferenz ein
Während in Harburg der Landkreis koordiniert und Buxtehude auf einen dauerhaften Krisenstab setzt, der gezielt Kontakt zum Beispiel zu Unternehmen aufnimmt, hat sich Lüneburgs Bürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) für eine große Energie-Konferenz entschieden. Sie wird Ende August stattfinden. Teilnehmen werden Vertreter aus der Wirtschaft, von Wohlfahrtsverbänden und Kirche. Außerdem dabei: Energieversorger, Banken, Kliniken, Schulen, Kitas und die Leuphana Universität. Das Ziel: Gemeinsam als Stadtgemeinschaft Szenarien durchspielen und Notfallpläne besprechen.
Im Vorfeld unternimmt die Stadt erste Einsparmaßnahmen, die eine Arbeitsgruppe festlegt. Ab August wird etwa das Parkleitsystem zwischen 23 Uhr bis 5 Uhr ausgeschaltet. Über Nacht bleibt der Hafen bis auf eine Notbeleuchtung dunkel. Während andere Städte die Temperatur in Büros auf 20 Grad herunterregeln, ist das in Lüneburg bereits länger der Fall. Die Verwaltung erwägt nun, die Temperatur auf bis zu 18 Grad abzusenken.
Bezirk Harburg: Energiesparmaßnahmen werden geprüft
Am wenigsten konkret äußert sich derzeit das Bezirksamt Harburg. Man prüfe derzeit Maßnahmen, um weiter Energie einzusparen. Erste kurzfristige Schritte könnten sein: Geräte in den Büros abschalten, Fenster geschlossen gehalten und stoßlüften. Außerdem könnten Heizkörper heruntergeregelt werden, wo dies möglich sei, beispielsweise in Fluren und Sanitäranlagen der öffentlichen Gebäude.
In Gespräch seien „intelligente“ Thermostate oder ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlagen der Verwaltungsgebäude für effiziente Wärmeverteilung. Über mögliche Sparmaßnahmen, die die Menschen im Alltag treffen, äußert sich die Pressestelle nicht. Auch beim Krisenmanagement für einen Ernstfall hält sich der Bezirk – wie alle Verwaltungen – noch bedeckt. Klar ist: Im Hintergrund laufen zwangsläufig überall Gespräche über Notfallszenarien und das Vorgehen bei einem akuten Energiemangel im Winter.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Lkr. Harburg