Wirtschaftssenator Horch traf sich in Hannover mit Vertretern der niedersächsischen Landesregierung, um sich über das Projekt zu einigen.

Hannover. Die Verhandlungen zur umstrittenen Elbvertiefung sind in eine neue Runde eingetreten: Gestern traf sich Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) in Hannover mit Vertretern der niedersächsischen Landesregierung, um ein offizielles Einvernehmen zu dem Projekt zu bekommen. Eine solche formalrechtlich notwenige Zustimmung steht noch aus, während das Nachbarland Schleswig-Holstein sich bereits positiv geäußert hat. Wie eine Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde bestätigte, ging es bei dem Gespräch am Montag vor allem um Fragen der Deichsicherheit und den Obstbau in Niedersachsen. Die Altländer Obstbauern kritisieren eine mögliche Verschiebung der Brackwasserzone, wo sich Salz- und Süßwasser mischen, sollte die Fahrrinne vertieft werden. Die Bewässerung ihrer weitläufigen Plantagen wäre dann in Gefahr. Daher gibt es Forderungen, neue Wasserbecken und auch Frühwarnsysteme zu installieren, um in Zeiten mit hohem Salzgehalt geschützt zu sein. Wie teuer der Bau solcher Maßnahmen werden könnte, ist allerdings noch offen. Von 55 Millionen Euro ist in einigen Berichten niedersächsischer Medien zu lesen.

Auf jeden Fall dürfte dieser Punkt das bisher mit knapp 400 Millionen Euro kalkulierte Projekt noch teuerer machen: "Klar, wird das Einvernehmen nicht kostenlos sein", so die Behördensprecherin. Ein Ergebnis der Verhandlungen liege aber noch nicht vor.

Dafür positionierte sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Gespräch mit dem Abendblatt gestern noch einmal deutlich für eine möglichst zügige Umsetzung des Vorhabens: "Wir wollen den Hafen Hamburg und dessen Zufahrt noch leistungsfähiger machen. Deshalb sage ich ohne Wenn und Aber: Die Bundesregierung steht zur Elbvertiefung."

Das wichtige Verkehrsprojekt werde gemeinsam mit den beteiligten Ländern vorangetrieben. In diesem Jahr wolle der Bund das Planungsverfahren zügig abschließen. Ramsauer: "Hier sind etwa 7000 Einwendungen zu prüfen. Im Anschluss müssen mögliche Klagen abgearbeitet werden."

Aber auch aus Hannover kommen erstmals nicht nur kritische Stimmen zur Elbvertiefung: "Auch Niedersachsen profitiert von einem florierenden Hamburger Hafen", sagte der neue niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) dem Abendblatt. Allerdings müsse die Sicherheit der Menschen, die hinter den Elbdeichen leben, unbedingt gewährleistet sein. Außerdem sei die Verschiebung der Brackwasserzone insbesondere für die Obstbauern ein entscheidendes Thema.

Birkner sagte: "Das Land Niedersachsen wird sich nicht unter Druck setzen lassen. Wir prüfen die umfangreichen Planfeststellungsunterlagen zur Elbvertiefung in Ruhe und mit der gebotenen Sorgfalt. Gründlichkeit geht vor Eile. Erst wenn das abgeschlossen ist, werden wir unsere Position formulieren."

Nach bisherigem Zeitplan müssten im März die Einnehmensverhandlungen abgeschlossen sein, anschließend wollen Hamburg und der Bund mit den ersten Baggerarbeiten beginnen.

Unterdessen mahnen die Elblotsen eine "Anpassung der Fahrrinne" dringend an. Vor allem müsse zunächst die damit geplante Verbreiterung umgesetzt werden, fordert Albrecht Kramer, Ältermann der Lotsen-Brüderschaft Elbe angesichts der immer größer werdenden Containerschiffe auf der Elbe. Allein im vergangenen Jahr seien schon 411 Passagen der neuen, besonders großen Containerfrachter registriert worden, die länger als 360 Meter sind - obwohl sie erst im selben Jahr in Dienst gestellt wurden. Und 2013 werde das erste Schiff mit Platz für 16 000 Standardcontainer (TEU) erwartet. Bisher lag der Größenrekord bei einer Tragfähigkeit von 14 000 TEU.

Mit der Vertiefung sollen Schiffe künftig mit rund einem Meter mehr Tiefgang den Fluss befahren und dann deutlich mehr Container transportieren können. Angestrebt ist eine von der Tide abhängige Fahrt mit einem Tiefgang von maximal 14,50 Metern.

Umweltverbände kritisieren indes das Projekt. Der ökologische Eingriff sei noch gravierender als bei der ebenfalls geplanten Weservertiefung, wo das Bundesverwaltungsgericht kürzlich bis zur Klärung des Rechtsstreits einen Baustopp verfügt hatte. Die Naturschützer fordern stattdessen eine Kooperation der Häfen in Deutschland, besonders mit dem neuen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven.

Doch das sehen Praktiker wie Elblotsen-Ältermann Kramer kritisch für Hamburg, weil die Transportketten zusammengehören. "Wenn keine großen Schiffe mehr kommen, dann kommen auch keine kleinen mehr."