Eine neue Pastorin schwebt auf Helgoland ein. Pamela Hansen tritt morgen ihr Amt in St. Nicolai an. Zuvor war sie Pastorin in Detroit.

Helgoland. Für ihre letzte Stelle ist sie über den Atlantik nach Detroit, Michigan, gejettet. Jetzt steht Pamela Hansen wieder vor einem Flugschalter - in Österdeichstrich kurz vor Büsum. "Einmal Helgoland mit Hund und wahrscheinlich Übergepäck", sagt sie und lacht. Kurz darauf besteigt die 40-Jährige gemeinsam mit Schäferhundmischling Jessie eine zweimotorige Propellermaschine. Und hebt ab. "Ich bin schon ein bisschen aufgeregt und ich freue mich", sagt sie später, als sie auf dem Felsen mitten im Meer gelandet ist. Morgen tritt sie hier ihren Dienst als Pastorin in der evangelischen Kirchengemeinde St. Nicolai an.

Vier Monate waren die Helgoländer ohne geistlichen Beistand. "Es ist gut, dass das vorbei ist", sagt Bernhard Wellnitz, Brückenkapitän der Dünenfähre und einer der Ersten, die die Neue vom Festland in Augenschein nehmen können. "Ohne Pastor ist das nichts." So denken viele auf der sturmumbrausten Insel.

Aber tatsächlich schien es bis kurz vor Weihnachten so, als fände sich niemand für den vakanten Posten. "Ich bin vom Kirchenamt in Kiel angesprochen worden", sagt Pamela Hansen. Da war sie gerade ein paar Monate aus den USA zurück in Deutschland. Fünf Jahre hatte sie in Detroit in einer amerikanischen Gemeinde als Pastorin gearbeitet. Dann war das Heimweh zu stark, und die Beurlaubung ihres Ehemannes Gunnar vom Schuldienst ausgelaufen. Ein Wochenende Bedenkzeit hätten sie sich auserbeten, erzählt die Pastorin. "Aber uns war schnell klar, dass wir uns Helgoland vorstellen können." Via Skype hatte sie sich dem Kirchenvorstand vorgestellt - und überzeugt.

Jetzt ist Pamela Hansen da. Erst mal allein, ihr Mann arbeitet an einer Gemeinschaftsschule in Heide und kommt erst zum neuen Schuljahr nach. Als sie kurz vor 11 Uhr an diesem ersten Tag in ihrem neuen Leben an Land geht, scheint die Sonne und der Wind bläst aus Osten. Minus drei Grad, gefühlt aber mindestens minus zwölf. Zwei Leute vom Kirchenvorstand haben sie am Hafen begrüßt, dann geht es Richtung Oberland und Kirche. "Schön ist es hier", sagt die Pastorin. Eingepackt in eine dicke Jacke und Fellstiefel, blickt sie über die See. Helgoland, das sind 1,2 Quadratmeter Felsen und 1200 Einwohner. Ihre Gemeinde hat 800 Mitglieder. Es gibt eine Kantorei, einen Posaunenchor und Flötenkreis. Die Nicolai-Kirche ist von 1959, denkmalgeschützt mit kupferbeschlagenem Glockenturm und Gemeindehaus.

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Das Pastorat hat die Hausnummer 648. Einmal war die neue Pastorin schon hier, zum Anschauen Anfang Januar. Noch sind die Maler da. "Mir gefällt es", sagt sie. Vom Schlafzimmer sieht man sogar das Meer. Und im Garten blüht der erste Krokus. Zart und gelb. "Wenn das kein schöner Willkommensgruß ist." Am Nachmittag soll der erste Container mit Möbeln kommen. "Hoffentlich ist es der mit dem Bett", sagt Pamela Hansen und lässt wieder ihr unbekümmertes Lachen erschallen. "Sonst habe ich ein Problem."

Klar, dass sich inzwischen längst herumgesprochen hat, dass sie auf der Insel ist. Friedhofswart Axel Grünler ist schon vorstellig geworden. Die erste Einkaufsliste für den Kaufmann hat sie abgegeben. In ihrem Amtszimmer sitzt Lars Carstens, Vorsitzender des Kirchenvorstands und Inselpolizist, und telefoniert. "Wir sind froh und erwarten, dass sie mit Liebe an die Sache rangeht", sagt er. In den vergangenen Jahren war die Fluktuation im Gotteshaus groß. "Wir haben jemand gesucht, der motiviert ist und bleiben will." Neben Gottesdienst und Seelsorge gäbe es auch eine Menge anderer Aufgaben, etwa die Sanierung der Kirche oder der Spagat zwischen der Arbeit mit Einheimischen und Urlaubern. Und das Inselleben mit langen einsamen Wintern. "Das kann hart sein", sagt Carstens.

Hansen kennt es - und mag es. Nach ihrem Studium in Kiel war die gebürtige Eutinerin Vikarin in Nieblum auf Föhr. "Im Sommer ist ordentlich was los, im Winter wird es ruhiger und man hat mehr Zeit für die Insulaner." Auf ihrem Rundgang ist sie jetzt in der Kirche angekommen und verharrt für einen Moment zwischen den schlichten Holzbänken. An den Wänden hängen große Schiffsmodelle, der Raum ist hoch und licht. "Ich hatte schon beim ersten Mal das Gefühl, dass es sich richtig anfühlt. Das passt." Für sie ist es die erste eigene deutsche Gemeinde. "Ich glaube schon, dass ich hier neuen Schwung reinbringen kann", sagt die Theologin, die auch schon mal drei Jahre arbeitslos war. Gerade der Missionsgedanke, der in den USA im Vordergrund stand, passe auch zur Insel. Unter anderem denkt Hansen über die Gründung einer Pfadfinder-Gruppe nach. "Wir in der Kirche sind die, die auf die Menschen zugehen müssen. Und wir haben etwas Gutes zu bieten."

Inzwischen hat die neue Inselpastorin, die am 12. Februar offiziell in ihr Amt eingeführt wird, angefangen, einen Blog zu schreiben. Viel Zeit zum Eingewöhnen wird sie nicht haben. Morgen, an ihrem ersten Arbeitstag, steht ein Trauergespräch an. "Am Montag ist die Urnenbeisetzung." Bis dahin, hofft Hansen, sind alle Container da. Im ersten waren nämlich weder Bett noch Talar, dafür aber die Gartenmöbel und immerhin auch ein Kreuz.