Sie nennen sich Energie-Plus-Häuser, weil sie mehr Strom produzieren als verbrauchen. Elektroautos können den Strom nutzen.

Wie schön wäre es, wenn man völlig autark wohnen könnte - unabhängig von den Energiepreisen. Ein Haus konzipieren, das alle Energie, die die Bewohner benötigen, selbst produziert. Sogar Energieüberschüsse generiert, die beispielsweise für den Betrieb des Elektroautos genutzt werden könnten. Eine Vision, die die Bundesregierung im Zuge der angestrebten Energiewende durch Förderung einzelner Pilotprojekte auf den Prüfstand stellt - mit respektablen Ergebnissen.

Im Dezember 2011 eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit Bundesbauminister Peter Ramsauer das sogenannte Effizienzhaus Plus mitten im Zentrum Berlins. Der Bau des Einfamilienhauses ist das Ergebnis eines Wettbewerbes, den das Bundesministerium für Verkehr, Bau - und Stadtentwicklung ausgeschrieben hatte. Unter dem Motto: "Mein Haus - meine Tankstelle" erzeugt das Haus nicht nur die für den eigenen Betrieb notwendige Energie, sondern speichert auch noch Energieüberschüsse zum Aufladen zweier Elektroautos. Bis Ende des Jahres 2013 testet eine vierköpfige Familie das öffentlich zugängliche Einfamilienhaus an der Fasanenstraße 87. Während dieser Zeit untersuchen Fachleute nicht nur die energierelevanten Verbrauchswerte, sondern auch das subjektive Wohngefühl der Familie.

Doch auch der Bau von Fertighäusern, die ein Plus an Energie erzeugen, steht im Fokus des Bundesbauministeriums. "15,5 Prozent aller bundesdeutschen Einfamilienhausbauten werden in Fertigbauweise hergestellt", sagt Christoph Windscheif, Pressesprecher des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF). Mit Förderung des Bundesbauministeriums initiierte der BDF ein Pilotprojekt in Köln-Frechen. Dort bauten auf einem größeren Areal sechs Fertighaushersteller Energie-Plus-Gebäude, deren energetische Bilanz vom Fraunhofer-Institut ausgewertet wird. An dem Vorhaben beteiligten sich die Hersteller Schwörer Haus, Weber Haus, Huf Haus, Finger Haus, Bien Zenker sowie Luxhaus.

Nach Definition des Bundesbauministeriums ist der Energie-Plus-Haus-Standard erreicht, wenn sowohl ein negativer Jahres-Primärenergiebedarf als auch ein negativer Jahres-Endenergiebedarf vorliegt. Dabei müssen die Beleuchtung und die Energie für Haushaltsgeräte mit 2500 Kilowattstunden pro Jahr inbegriffen sein. Der Jahresprimärenergiebedarf gibt an, wie viel Gesamtenergie nötig ist, um den Heizwärme- und Warmwasserbedarf eines Hauses abzudecken. Der Endenergiebedarf entspricht der Energiemenge, die ein Bewohner von einem Energielieferanten zum Betrieb des Hauses, also inklusive Beleuchtung und Haushaltsstrom, abnehmen muss.

"Das Thema Energieeffizienz ist und bleibt das zentrale Thema für jeden, der sich mit einem Neubau beschäftigt", sagt Christoph Windscheif. "Wir bauen deshalb im kommenden Jahr eine Energie-Plus-Haus Siedlung mit 14 Häusern in Wuppertal." Dort seien die Häuser sogar untereinander energetisch vernetzt.

Auch in Seevetal, im Hamburger Süden, hat der Hersteller Schwörer Haus ein 150 Quadratmeter großes Einfamilienhaus gebaut, das die Konstruktion sowie das Leben in einem Energie-Plus-Haus exemplarisch zeigen soll. Typisch norddeutsch sollte der Entwurf sein. Herausgekommen ist eine Klinkerfassade mit einer über den Giebel und einer Hausseite weit hinausragenden Dachhaut. Die Wohnfläche ist mit einer offenen Küche sowie einer Galerie im Obergeschoss sehr modern gestaltet. "Voraussetzung für ein Plusenergiehaus sind eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle sowie eine kontrollierte Lüftung", sagt Detlef Bühmann, Vertriebsleiter bei Schwörer Haus. Die Mehrkosten belaufen sich gegenüber einem Standardhaus, gebaut nach der geltenden Energieeinsparverordnung, bei circa 15 Prozent. Die Baukosten für das Seevetaler Energie-Plus-Haus betrugen beispielsweise etwa 440.000 Euro. Den höchsten Energieertrag erwirtschaftet in diesem Gebäude die 57 m² große Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Sie verwandelt die Sonnenenergie in elektrischen Strom. Deshalb ist die Himmelsausrichtung sowie die Form des Hausdaches entscheidend, um die Fotovoltaikelemente optimal auszurichten.

Die Anlage produziert über das Jahr mehr Strom, als das Gebäude für Heizung, Warmwasser und Strom benötigt. Mit dem Überschuss kann ein Elektroauto 2000 Kilometer oder ein Elektroroller 6800 Kilometer weit fahren. Eine weitere Energiequelle stellt die kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung dar. Sie führt in Küche und Bad die Luft ab. Dabei wird durch einen sogenannten Wärmetauscher die Wärme der abzuführenden Luft entzogen und der frischen Luft zugeführt. Selbst der Energiegehalt der abgesaugten Luft der Dunstabzugshaube wird über das System dem Raum wieder zugeführt. Die Fenster können jederzeit geöffnet werden, dies schlägt sich dann allerdings auf die Energiebilanz nieder. Unterstützend wirken Kleinwärmepumpen sowie strombetriebene keramische Direktheizelemente, die in den Zuluftkanälen sitzen und an kalten Tagen zugeschaltet werden können. Selbst der Heimtrainer dient nicht nur der Fitness. Die durch Treten erzeugte Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt, die wiederum bei der Erwärmung des Brauchwassers unterstützend mitwirkt.