Forum: 250 Gäste im AK Eilbek beim Gesundheits- Forum von NDR 90,3, N3 Hamburg Journal und Abendblatt.

Was sind die ersten Anzeichen von Rheuma? Das erste Zeichen von rheumatischen Erkrankungen ist häufig ein Schmerz in den Gelenken, der vor allem in Ruhe auftritt. Wenn dazu dann noch eine Gelenksteifigkeit kommt, die sich im Laufe des Tages eher bessert, also nach Ruhephasen am stärksten ist, dann sind das schon zwei wichtige Warnsymptome. Prof. Jürgen Wollenhaupt, Chefarzt des Rheumazentrums am AK Eilbek

Wie zeigt sich Rheuma bei Kindern? Rheuma bei Kindern tritt am häufigsten im 1. bis 2. Lebensjahr auf. Erste Anzeichen können sein, dass die Kinder hinken, nicht laufen wollen, sie klagen nicht über Schmerzen. Dr. Ivan Foeldvari, niedergelassener Kinderrheumatologe am AK Eilbek

Warum ist die Krankheit Rheuma so heimtückisch? Die Erkrankung beginnt schleichend. Überwiegend entwickeln sich die rheumatischen Probleme über Wochen bis zu Monaten. Deshalb kann es einige Zeit dauern, bis eine rheumatische Erkrankung erkannt wird. Doch je früher man rheumatische Erkrankungen diagnostiziert und behandelt, desto größer ist die Chance, dass die Erkrankung aus einem akuten Stadium nicht in ein chronisches Stadium übergehen wird. Es sind wenige Wochen bis Monate, in denen das Immunsystem der betroffenen Patienten sich ändert und eine akute in eine chronische Gelenkentzündung übergeht. Diese chronische Entzündung nach einigen Monaten ist dann leider mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln nur noch zu unterdrücken, aber nicht mehr rückgängig zu machen. Prof. Wollenhaupt

Was bedeuten die Begriffe rheumatoide Arthritis, Polymyalgia rheumatica, Fibromyalgie? Rheumatoide Arthritis ist ein Begriff für das chronisch entzündliche Gelenkrheuma, früher chronische Polyarthritis. Das ist die schwere Form des entzündlichen Gelenkrheumas, die Knorpel und Knochen zerstören und zur Fehlstellung der Gelenke führen kann. Bei der Polymyalgia rheumatica handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung, die sich vor allem in einem starken Muskelschmerz, ähnlich einem Muskelkater, äußert. Die Ursache ist eine Entzündung von Blutgefäßen, die den Muskel mit Sauerstoff versorgen. Patienten, die daran neu erkranken, sind oft so stark behindert, dass sie kaum aufstehen können. Die Fibromyalgie ist eine nicht entzündliche, schmerzhafte Erkrankung an Sehnenansätzen und Muskeln. Prof. Wollenhaupt

Welche Faustregeln gelten für die Ernährung bei Rheuma? Mit der Ernährung kann man versuchen, die Entzündung zu beeinflussen. Das Schlagwort ist vegetarische Ernährung. Man kann versuchen, den Fleisch und Wurstverzehr deutlich einzuschränken, um damit zu erreichen, dass sich Stoffe, die Entzündungen in Gang halten, im Körper vermindern. Allerdings kann die Ernährung nie Ersatz für eine Therapie, sondern höchstens eine Unterstützung sein. Katharina Titzck, Ernährungsberaterin, AOK Hamburg Da bei Kindern das Wachstum im Vordergrund steht, würde man bei ihnen keine vegetarische Ernährung vorschlagen, sondern eine gesunde Mischkost. Dr. Foeldvari

Wird bei Kindern mit Rheuma Cortison eingesetzt? Mit Cortisonpräparaten ist man im Kindes- und Jugendalter extrem sparsam, weil Cortison das Wachstum verlangsamen kann. Deshalb würde man Cortison nur entweder lokal direkt in eine Gelenk geben, aber nur, wenn maximal ein bis zwei Gelenke betroffen sind, oder nur als überbrückende Therapie, wenn man eine Basistherapie beginnt, die erst nach drei Monaten wirkt. Eine langfristige Cortisontherapie wird nicht empfohlen. Dr. Foeldvari

Erhöht Rheuma das Risiko von Herzerkrankungen? Wir wissen seit einigen Jahren, dass Patienten mit einer chronisch entzündlichen Rheumaerkrankung eine kürzere Lebenserwartung haben. Wir wissen aber erst seit kurzem, dass das nicht unbedingt an der Erkrankung liegt, sondern daran, dass im Rahmen einer Entzündung im Körper die Arteriosklerose sich schneller entwickelt und dass diese Patienten deshalb früher einen Bluthochdruck oder eine Erkrankung der Herzkranzgefäße entwickeln und damit ein erhöhtes Risiko für diese Volkskrankheit Arteriosklerose haben. Prof. Wollenhaupt

Wie kommt es bei Rheumatikern zu Sehnenschäden? Beim Rheuma können das Sehnenbegleitgewebe und die Sehnen betroffen sein. Das Sehnenbegleitgewebe wächst in die Sehnen hinein und kann dort zu Schädigungen führen und, speziell im Bereich der Hand, zu Rissen der Sehnen. An der Hand kommt es im Rahmen der rheumatoiden Arthritis zu Gelenkzerstörungen und dadurch zu Achsenfehlstellungen der Hand. Durch die Gelenkzerstörung kommt es zu Knochenvorsprüngen, und dadurch kann die Sehne wie an einem Sägeblatt reiben und entsprechend reißen. Dr. Jan-Hauke Jens, Oberarzt der Abteilung Orthopädie und Traumatologie

Wie lange darf es dauern, bis eine Therapie mit Methotrexat (MTX) anspricht? Eine MTX-Therapie sollte in der Regel nach sechs bis acht Wochen ansprechen, und der Patient sollte eine deutliche Minimierung seiner Gelenkbeschwerden verspüren. Ansonsten sollte man sich überlegen, die Therapie mit einem anderen lang wirksamen Antirheumatikum zu kombinieren oder durch ein anderes Medikament zu ersetzen. Spätestens nach einem Vierteljahr sollte eine MTX-Therapie beendet werden, wenn sie nicht wirksam ist. Dr. Heiner Sturm, Vorsitzender des Berufsverbandes internistischer Rheumatologen

Gibt es eine neue Therapie bei Morbus Bechterew? Es gibt neue Behandlungsmethoden für Patienten mit einer schwerwiegenden Form des Bechterews mit einer hohen Entzündungsaktivität und starken Entzündungen der kleinen Zwischenwirbelgelenke und Bandscheibenräume. Hierbei würde man heute eventuell eine neue Behandlungsmethode, so genannte Biologicals, in Erwägung ziehen. Dr. Sturm

Was sind Biologicals? Das sind Substanzen, die auch direkt im Körper in dieser Form vorkommen. Sie blockieren in natürlicher Form den Hauptbotenstoff, der für die rheumatische Entzündung im Gelenk verantwortlich ist. Das Besondere oder auch Riskante bei dieser Therapie ist, dass wir Entzündungsvorgänge im Körper ja auch benötigen, etwa um Infektionen abzuwehren. Wenn wir solche Medikamente gegen das Rheuma bei einem Patienten einsetzen, müssen wir damit rechnen, dass die Abwehrkräfte gegen eine Infektion, sei es auch nur eine banale Erkältung, auch blockiert werden. Biologicals bedeutet also nicht, dass es sich um eine nebenwirkungsfreie Biotherapie handelt. Prof. Wollenhaupt

Wie wird Weichteilrheuma behandelt? Wichtig ist eine interdisziplinäre Therapie. Es gibt nicht nur das eine Schmerzmedikament oder muskelentspannende Mittel allein, sondern hier zählen auch autogenes Training, psychologische Begleittherapie, also Entspannungsverfahren und die physikalische Therapie. Prof. Wollenhaupt

Zusammenfassung: CORNELIA WERNER

  • Weitere Informationen : NDR 90,3 berichtet über das Forum am Dienstag, 18. November, 19 bis 21 Uhr.