Neubau: Ein Besuch in Hamburgs jüngstem Klinikum. In wenigen Wochen werden die ersten Patienten in das neue Klinikum des AK Barmbek einziehen. Das Hamburger Abendblatt und NDR 90,3 sahen sich in dem 150 Millionen Euro teuren Neubau schon einmal um.

Wer am 10. Dezember in das mehr als 100 Jahre alte Krankenhaus Barmbek eingeliefert wird, landet im Krankenhaus der Zukunft. An dem Tag wird der für 150 Millionen Euro errichtete Neubau seine Türen für die Patienten öffnen. Binnen zehn Jahren entstand auf einer Grundfläche von 200 mal 100 Metern ein modernes Klinikum. 40 000 Patienten können hier jährlich aufgenommen, weitere 40 000 Patienten ambulant versorgt werden.

Noch ist es leer in der knapp 500 Quadratmeter großen Eingangshalle, aus der am Dienstag abend "Medizin vor Ort" von NDR 90,3 und Abendblatt übertragen wurde. Noch hängen Kabel aus den Wänden, Handwerker kommen und gehen, Schweißgeräusche dröhnen durch das Gebäude. "Es ist ein gewaltiges Gefühl, hier zu sitzen", sagt Dr. Lutz Hoffmann, Ärztlicher Direktor. Er freut sich, daß bald Mitarbeiter und Patienten aus den 50 Pavillons des alten Krankenhauses hierher umziehen werden. "Die alte Infrastruktur wurde zu teuer, der medizinische Fortschritt war nicht mehr zu machen. Und nach jedem Sturm mußte man mit 300 000 Mark an Gebäudeschäden rechnen."

Erster Anlaufpunkt für alle Notfallpatienten ist die Zentrale Notaufnahme (ZNA) mit sechzehn Untersuchungs- und Behandlungsräumen. Ausgerüstet ist die ZNA mit modernster Informationstechnologie. "Wir haben einen großen Fernseher, auf dem alle Patientendaten abgebildet sind. Wir wissen jederzeit, wo die Patienten sind, welcher Arzt und welche Pflegekraft zuständig sind, ob Laborwerte eingetroffen sind und Untersuchungsbefunde wie Röntgen oder Ultraschall vorhanden sind", erklärt Uwe Tuleweit, Leiter der Notaufnahme. Dafür wird die Patientenakte digitalisiert. "Mit mobilen Geräten, elektronischen DIN-A4-Blöcken kann die Information überall aus dem Zentralrechner abgerufen werden", erläutert Jörg Focke, verantwortlich für die IT-Ausstattung. Geschützt werden die Daten, so Focke, indem nur bestimmte Geräte überhaupt Zugang erhalten, die Daten aufwendig verschlüsselt werden.

Eckart Boehnke aus der Krankenhausleitung sieht den größten Vorteil des Neubaus darin, daß es ein Krankenhaus der kurzen Wege ist. Direkt neben der Notaufnahme liegt die neue Radiologie. Hier werden in Zukunft die Röntgenbilder digital erstellt. "Das digitale Röntgen ist die Aufnahme eines Röntgenbildes ohne den typischen Film. Der Röntgenstrahl fällt auf eine Speicherfolie, die in einem Computer eingelesen und dann über unser digitales Netzwerk überall im Haus betrachtet werden kann", erklärt Privatdozent Roland Brüning, Chefarzt der Radiologie. Die Vorteile: "Es ist sicherer, weil Bilder nicht mehr verlorengehen. Sie können überall und gleichzeitig betrachtet werden. Wir gehen auch davon aus, daß die durchschnittliche Strahlenbelastung für die Patienten etwas reduziert werden kann." Doch nicht jeder hat Zugang zu den Röntgenbildern. "Es gibt Zugangsberechtigungen nur für bestimmte Mitarbeiter", betont Hoffmann.

Patienten, die operiert werden müssen, gelangen auf dem schnellsten Weg in den OP. Die neue Informationstechnik ermöglicht, daß sich Ärzte und Schwestern im zentralen Operationsraum auf den Eingriff vorbereiten, während der Patient von Pflegern dorthin gebracht wird. Die geräumigen Operationsräume sind so angeordnet, daß Arbeitsschritte parallel ablaufen können, frische Operationsbestecke ohne Umwege direkt in den OP geliefert werden können. Im OP 5 hängt zudem ein Bildschirm an der Wand, etwa 50 Zentimeter mal einen Meter groß. "Hier besteht die Möglichkeit einer direkten Videodokumentation der Operation und die Möglichkeit, Bildmaterial einzuspielen. Hier kann auch eine Konferenzschaltung durchgeführt werden", erklärt Dr. Ralf Gütschow, Chefarzt der Unfallchirurgie.

Untergebracht werden die Patienten auf großen, teilweise interdisziplinären Bettenstationen. "Der Vorteil für den Patienten: Er bleibt in seinem Zimmer, auch wenn er von unterschiedlichen Experten betreut wird", sagt Gastroenterologe Privatdozent Dr. Siegbert Faiss.

Auch für die Zeit nach der Entlassung wird bereits in der Klinik Vorsorge getroffen. "Unsere Verantwortung für die Patienten endet nicht an der Krankenhauspforte, wir bereiten mit unseren Patienten auch die Entlassung vor", unterstreicht Hoffmann ausdrücklich. So wird geklärt und organisiert, ob jemand nach Hause kann, zur Reha geschickt wird oder ob ein Pflegedienst eingeschaltet werden muß.

Daß dieses Krankenhaus quasi um die Patienten herum entstand, verdanken diese auch den Mitarbeitern. Auf Anregung von Hoffmann formulierten 200 Kollegen und Kolleginnen ihre Vorschläge, 13 000 Seiten waren es schließlich, die auf dem Tisch der Architekten landeten. Sie flossen in den Bau mit ein, der so um die Arbeitsabläufe herum geplant wurde.

Auf dem alten Gelände "sollen 400 Wohnungen neu gebaut werden", sagte Matthias Frommann, Bezirksamtsleiter Nord. Doch zuvor müssen die Mitarbeiter noch eine logistische Meisterleistung vollbringen: An einem Tag werden alle 500 Patienten in das neue Krankenhaus umziehen. "Das schwierigste ist die Vorbereitung", sagte Hans-Friedrich Günther, kaufmännischer Direktor. Wenn der Umzug vorüber ist, werden sich viele Patienten sicherlich in den bepflanzten, vier Stockwerke hohen Innenräumen, die unter großen Glasdächern liegen, aufhalten. Hier spätestens verliert sich das Gefühl, in einem Krankenhaus zu sein.