Hamburg. Bahn statt Flugzeug, Plastiktüten meiden, waschen mit 60 Grad. Die Chancen den Ausstoß von Treibhausgasen im Alltag zu reduzieren.

Noch im vergangenen Jahr hielten Forscher eine Trendwende beim Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) für möglich. Wie berichtet, verzeichnet der Forscherverbund Global Carbon Project aber erstmals seit drei Jahren wieder einen Anstieg der globalen CO2-Emissionen. Auch in Hamburg stellt sich angesichts des Kohlekraftwerks Moorburg, der morgendlichen Staus im Berufsverkehr oder der mit Schweröl fahrenden Container- oder Kreuzfahrtriesen im Hafen die Frage, wie es um die CO2-Werte in der Stadt bestellt ist. Das Abendblatt hat sich umgehört – und Tipps zusammengestellt, wie jeder Einzelne seine persönliche CO2-Bilanz verbessern kann.

Die aktuelle Verursacherbilanz (sie bildet sozusagen den CO2-Bruttowert ab) stammt aus dem Jahr 2015. Die dort für Hamburg ausgewiesenen CO2-Emissionen liegen bei 17,263 Millionen Tonnen. Der größte Teil (44 Prozent) wird vom Sektor Haushalte und Gewerbe, Handel und Dienstleistung verursacht (7,571 Millionen Tonnen), die Industrie ist für rund ein Drittel (30 Prozent) verantwortlich (5,226 Millionen Tonnen), den Rest (26 Prozent) erzeugt mit 4,446 Millionen Tonnen der Verkehr.

Längerfristig sind die Emissionen rückläufig. So sind sie gegenüber 1990 um 16,6 Prozent gesunken. Vor allem in den Sektoren Haushalt und Verkehr treten die Werte aber seit Jahren auf der Stelle, erhöhen sich sogar leicht. Jan Dube, Sprecher der Umweltbehörde, macht dafür auch das veränderte Kaufverhalten bei Pkw verantwortlich. „Mittlerweile machen PS-starke SUV rund ein Viertel der Neuzulassungen aus. Für das Klima ist das eine Entwicklung in die ganz falsche Richtung.“

Was tut die Stadt?

„Bis 2020 wollen wir in Hamburg zwei Millionen Tonnen CO2 einsparen“, so Dube. Schon jetzt liege man knapp 17 Prozent unter den Werten von 1990 (20,705 Millionen Tonnen). Durch den Verzicht von Kohle ab 2025 in der Fernwärme soll in diesem Bereich der CO2-Ausstoß um mehr als 60 Prozent sinken. Auch das Abschalten des Kraftwerks Wedel im Jahr 2022 und die Umrüstung des Kohlekraftwerks Tiefstack auf Gas im Jahr 2025 werde sich positiv auf die CO2-Bilanz der Stadt auswirken.

Vorbildliche Senatsflotte

Schon jetzt vorbildlich ist das Fahrverhalten der Hamburger Senatsmitglieder. Laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die den deutschen Regierungschefs jedes Jahr unter die Kühlerhaube schaut, liegt ihre Dienstwagenflotte mit einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 114 Gramm pro Kilometer bundesweit an erster Stelle – und könnte den von der EU angestrebten Flotten-Zielwert von 95 Gramm pro Kilometer im Jahr 2020 tatsächlich erreichen. Besonders hervorstechen die benzin- und elektrobetriebenen Dienstwagen von Justizsenator Till Steffen (VW Passat GTE, 101 Gramm CO2 pro Kilometer) und Umweltsenator Jens Kerstan (BMW 339e, 102 g/km). Bürgermeister Olaf Scholz, 2013 noch Flottensieger, liegt mit seinem dieselbetriebenen BMW 530d (138g/km) in diesem Jahr an letzter Stelle.

Was können die Bürger tun?

Zwei Tonnen Kohlendioxid jährlich pro Kopf – das ist der DUH zufolge die Richtschnur, an die wir uns halten müssen, um Umwelt und Klima auch für kommende Generationen zu schützen. Im Durchschnitt erzeugt jeder Bundesbürger pro Jahr aber elf Tonnen CO2. Ein CO2-Rechner im Internet zeigt, wie Sie Ihre Klimabilanz verbessern können: www.wwf.de/co2-rechner

Bus und Bahn statt Flugzeug

Ein erheblicher Teil des persönlichen CO2-Ausstoßes entfällt auf die Mobilität, also die Nutzung von Flugzeugen, Autos, Bussen und Bahnen. Flug- und Schiffsreisen verursachen die meisten Emissionen. „Ein Flug von Hamburg nach Teneriffa und zurück schlägt mit zwei Tonnen CO2 pro Person zu Buche“, sagt Carsten Smid, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace. Besser wäre, häufiger mit Bus, Bahn oder Auto zu verreisen. Wer 15.000 Kilometer mit dem Pkw zurücklege, verursache etwa eine Tonne CO2. Generell könne man CO2-intensive Flug- und Schiffsreisen aber kompensieren, indem man Projekte von Klimaschutzorganisationen wie Atmosfair unterstütze.

Saisonal essen, regional einkaufen

Von allen Nahrungsmitteln tragen Fleisch und Milchprodukte am stärksten zum Treibhauseffekt bei. Vor allem Wiederkäuer haben einen extrem hohen CO2-Ausstoß: Nach Angaben von Greenpeace werden pro Kilo Rindfleisch umgerechnet 13,3 Kilo freigesetzt. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Mischbrot produziert 0,75 Kilo CO2, Äpfel 0,5 Kilo und Tomaten 0,2 Kilo. Besser ist die Klimabilanz bei Biofleisch, vorzugsweise aus regionaler Produktion, weil dadurch die Transportwege kurz sind.

Noch mehr geholfen ist der Umwelt, wenn man oft auf Fleisch verzichtet.

Auch Obst und Gemüse sollte man möglichst saisonal kaufen – und am besten ebenfalls von Landwirten aus der Region. Der Verzehr von Freilandsorten belastet das Klima dabei neunmal weniger als der Verzehr von Tomaten oder Gurken aus beheizten Treibhäusern. Einen Saisonkalender gibt es unter www.wwf.de/saisonkalender

Plastiktüten meiden, Abfall trennen

Wer seine Einkaufstasche vergessen hat, steht an der Supermarktkasse vor der Wahl: Welche Tüte ist die umweltfreundlichste – Baumwolle, Papier oder Plastik? Während bei der Herstellung einer Papiertüte etwa 60 Gramm CO2 ausgestoßen werden, sind es bei einer Plastiktüte etwa 120 Gramm und bei einer Baumwolltasche sogar 1700 Gramm. Generell gilt: Papiertüten und Baumwollbeutel sind ökologisch, aber nur dann besser als Plastiktüten, wenn sie mehrfach genutzt werden. Auch Plastiktüten (auf das Umweltsiegel Blauer Engel achten) sollten so lange wiederverwendet werden, bis sie alt oder dreckig sind. Dann können sie als Müllbeutel für den Gelbe-Tonne-Abfall verwendet werden.

Einweg meiden, Mehrweg kaufen

Discounter überschwemmen den Getränkemarkt mit Einweg-Plastikflaschen, Kaffeeketten mit Pappbechern. Allein die Herstellung der Plastikflaschen verschlingt nach Angaben der DUH jährlich mehr als 650.000 Tonnen Rohöl und Erdgaskondensate. Mehrwegprodukte sind also unbedingt vorzuziehen. So werden für Mineralwasser in Mehrwegflaschen aus Glas pro Liter bis zu 55 Gramm weniger CO2 verursacht als für die gleiche Menge Mineralwasser in Plastik-Einwegflaschen. Dazu lassen sich Mehrwegflaschen bis zu 60-mal wiederbefüllen. Laut Greenpeace sind Mehrwegsysteme aus Plastik (PET) noch besser als Glasflaschen, weil sie ebenfalls mehrfach befüllbar und vor allem leichter sind. Da die Flaschen teils viele Kilometer vom Abfüller zum Kunden zurücklegen, spielen Transportemissionen bei den Ökobilanzen eine wichtige Rolle.

Auch die Wiederverwendung eines Mehrwegbechers für Coffee to go empfiehlt sich. So verursacht die Herstellung der jährlich in Deutschland verbrauchten Coffee-to-go–Becher (drei Milliarden Stück) laut Umwelthilfe CO2-Emissionen in Höhe von rund 83.000 Tonnen, die Herstellung der Polystyrol-Deckel zusätzlich rund 28.000 Tonnen.

Im Haushalt CO2 einsparen

Nach Angaben des Portals stromauskunft.de kann man auch im Haushalt viel CO2 einsparen – etwa durch bedachtsamen Verbrauch von heißem Wasser. So verursache ein Waschgang bei 90 Grad 1060 Gramm CO2, bei 60 Grad nur die Hälfte. Beim heißen Duschen (drei Minuten) erzeuge man fast 3000 Gramm CO2, könne die Menge mit einem Sparkopf aber um die Hälfte reduzieren.

Bei der Nutzung elektronischer Haushaltsgeräten schlage eine Stunde Fernsehen je nach Gerät mit 50 bis 200 Gramm zu Buche; bleibe der Fernseher im Stand-by-Modus, komme man durch den zusätzlichen Stromverbrauch auf 70 bis 250 Gramm pro Tag. Im Vergleich dazu seien Laptop (zwölf Gramm CO2 pro Stunde), Energiesparlampe (sechs Gramm) und Mikrowelle (sechs Gramm pro Minute bei 600 Watt) recht harmlose CO2-Emittenten. Als großer CO2-Verursacher im Haushalt gilt dagegen die Heizung, die pro Tag rund 9500 Gramm CO2 ausstoßen kann. Schon ein Grad weniger könne zehn Prozent einsparen.

Sparsame Elektrogeräte kaufen

Generell sollten Elektrogeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen und Trockner möglichst die Effizienzklasse A+ bis A+++ besitzen. Ein A++-Gerät verbraucht unter Umständen nur halb so viel Strom wie ein A-Gerät mit Tiefkühlfach (355 Gramm pro Tag)

Wie viel CO2 erzeugen Hamburger Unternehmen?

Das Steinkohlekraftwerk Moorburg erzeugt bei durchschnittlichem Betrieb im Jahr rund 11,5 Terawattstunden (TWh) Strom und setzt dabei rund 8,7 Millionen Tonnen CO2 frei. Das sind 2,3 Millionen Tonnen CO2 weniger, als alte Kraftwerke für die gleiche Strommenge ausstoßen.

Die Diesel-Busse der VHH (Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein) stießen 2016 insgesamt 39.290 Tonnen aus. „Geplant ist eine Reduzierung auf 38.000 Tonnen pro Jahr“, so eine Sprecherin. Ab 2020 würden ausschließlich Elektrobusse angeschafft werden, um das Ziel, den Energiebedarf bis 2030 um die Hälfte zu senken, einhalten zu können. Die Hochbahn hat 2016 rund 112.000 Tonnen CO2 erzeugt. Sprecherin Constanze Dinse gibt allerdings zu bedenken: „Würden alle unsere Fahrgäste dauerhaft auf Pkw umsteigen, hätte das täglich einen Ausstoß von fast 400.000 Tonnen CO2 zur Folge.“

Die Flughafen Hamburg GmbH und ihre Tochter- und Beteiligungsgesellschaften haben im vergangenen Jahr etwa 18.692 Tonnen CO2 erzeugt. Seit 2010 sei die Menge an ausgestoßenem CO2 durch verschiedene Maßnahmen kontinuierlich zurückgegangen, so ein Sprecher, 2010 habe sie noch 38.292 Tonnen betragen.

Die Stadtreinigung Hamburg gibt ihren C02-Ausstoß für 2016 mit insgesamt 322.000 Tonnen an. Die Klimabilanz sei dennoch positiv, so Sprecher Reinhard Fiedler. „Gleichzeitig erzeugen wir nämlich aus Abfall klimafreundliche Fernwärme und Biogas und produzieren mit Windrädern und Solaranlagen umweltfreundlichen Strom. Zusammen mit Recyclingmaßnahmen sparen wir so jährlich rund 466.000 Tonnen C02 ein.“

Für den Hafen, der zu den größten CO2-Emittenten Hamburgs gehören dürfte, liegen keine Werte vor. Das soll sich ändern. Der Senat hat kürzlich beschlossen, dass 2020 ein erster Nachhaltigkeitsbericht für den gesamten Hafen vorliegen soll.