Hamburg. Riester, Rürup, ratlos: Der Generation Y droht Altersarmut. Wie sollen junge Leute für die Rente vorsorgen? Ein Ratgeber mit Video.

Von wegen: Die Rente ist sicher. Angesichts sinkender Geburtenzahlen in Deutschland und einer vergreisenden Gesellschaft wankt das umlagefinanzierte Rentensystem. Die Generation Y könnte im Alter ernsthafte Probleme bekommen, wenn sie nicht privat vorsorgt. Die heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen können sich nach den Rentenreformen der letzten Jahre viel weniger auf wohlfahrtsstaatliche Leistungen zur Alterssicherung verlassen als jede Generation vor ihnen.

Aber nur 35 Prozent der junge Leute im Alter zwischen 17 und 27 Jahren legen zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig etwas fürs Alter zurück. Das geht aus der Studie „Jugend, Vorsorge, Finanzen 2016“ hervor, die im Auftrag des Versorgungswerks MetallRente von TNS Infratest Sozialforschung durchgeführt wurde. Schon die beiden Vorläuferstudien zeigen, die Bereitschaft für das Alter vorzusorgen ist da, aber nur eine Minderheit verfolgt laut den Studienergebnissen tatsächlich auch tragfähige Strategien. War der Anteil dieser Sparer schon zwischen 2010 und 2013 etwas rückläufig, so hat sich der Trend nun verstärkt.

Junge Leute bei der Altersvorsorge überfordert

„Dabei erstaunt der Realitätssinn der jungen Leute. Ihnen ist klar, dass die Vorsorge-Angebote und die jetzigen Rahmenbedingungen kein angemessenes Leben im Alter sichern“, so der Studienleiter und Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Die Generation Y spare jedoch lieber für Autos, Möbel oder Reisen als für die Rente. „Denn die jungen Leute entscheiden sich für Dinge, die ihnen aktuell von Nutzen sind und nicht für etwas, von dem sie nicht wissen, ob es ihnen später tatsächlich hilfreich sein wird“, so Hurrelmann.

In Zeiten der Finanz- und Eurokrise und unberechenbarer Zukunftschancen seien die Jungen unsicher, wie sie ihre Alterssicherung bewerkstelligen können. Bei dieser elementaren Frage der Zukunftssicherung fühlten sie sich überfordert, schlecht informiert und von Staat und Politik im Stich gelassen.

Im Video: So funktioniert die Rente in Deutschland

Heute schon an morgen denken: wie soll das gehen? Worauf sollte die Generation Y bei ihrer Altersvorsorge achten?

Je früher, desto besser?

Letztlich heißt Altersvorsorge sparen, nichts anderes. Je früher damit begonnen werden kann, desto besser. Einige Grundregeln sollten dabei jedoch immer bedacht werden: „Altersvorsorge ist wichtig, aber es gibt auch ein Leben vor der Rente“, meint Kerstin Becker-Eiselen, Versicherungsexpertin von der Verbraucherzentrale Hamburg. Ein typischer Fehler unter jungen Leuten sei es, überstürzt langfristige Verträge abzuschließen und dann aus dem Dispo-Kredit heraus zu sparen.

„Mit jeder Rate, die man so zurücklegt, macht man ein Minusgeschäft“, mahnt die Versicherungsexpertin. Bevor sie beginnen, für das Alter zu sparen, sollten junge Menschen mögliche Schulden abzahlen, die beispielsweise durch die Ausbildung oder das Studium aufgebaut wurden, und einen Geldpuffer von zwei bis drei Netto-Monatsgehältern für unvorhersehbare Ausgaben aufbauen.

Zudem gelte Risikovorsorge vor Altersvorsorge. Das bedeutet: Um Lebensrisiken abzusichern, sollten junge Leute neben einer Krankenversicherung auch eine Haftpflicht- sowie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Erst wenn diese Basis stehe, mache es Sinn mit dem Sparen für das Alter zu starten, rät Becker-Eiselen. „Lasst euch nicht kirremachen! Man muss nicht mit 25 Jahren anfangen zu sparen.“

Immer schön flexibel bleiben

Die Generation Y wolle sie sich nicht festlegen, meint die Versicherungsexpertin, und das sei in Sachen Altersvorsorge richtig. Vieles sei für die Jungen noch ungewiss und niemand könne vorhersagen, wie sich das persönliche und berufliche Leben entwickle. Aufgrund ihrer noch unsteten Lebenssituation müssen die Jungen flexibel bleiben und über ihre Ersparnisse verfügen können. Becker-Eiselen rät daher: „Lasst euch sich nicht auf langfristige Verträge ein, momentan sind die Zinsen ohnehin im Keller. Besser sind flexible Sparformen.“

Darunter fallen einfache Produkte mit Kündigungs- und Anpassungsmöglichkeiten wie Tagesgeldkonten oder Sparverträge. Komplexe und langfristige Verträge wie Lebensversicherungen seien für junge Leute hingegen eher ungeeignet. „Keep it simple“, sollte die Devise laut der Versicherungsexpertin lauten.

Sinnvolle Förderungen nutzen

Der Staat belohnt das Sparen fürs Alter durch die Förderung von Riester-Verträgen. Dabei profitieren Sparer durch eine staatliche Zulagenförderung und steuerliche Abzugsmöglichkeiten. Die jährliche Grundzulage beträgt 154 Euro. Eltern erhalten eine zusätzliche Förderung von bis zu 300 Euro pro Kind. Wer beim Abschluss unter 25 Jahre alt ist, bekommt zudem eine einmalige Sonderzulage von 200 Euro. Voraussetzung ist, dass man sich in einem Angestelltenverhältnis befindet und jährlich vier Prozent des rentenversicherungspflichtigen Einkommens einzahlt. Gerade für Angestellte mit geringem Verdienst, können Riester-Produkte lukrativ sein.

In der Produktpalette ist die Riester-Rentenversicherung am bekanntesten. Diese lohne sich aber nur für wenige junge Sparer, und zwar für solche, die längerfristig planen können. Der Riester-Rentenversicherungsvertrag binde bis zum Renteneintritt und sei damit wenig auf die Bedürfnisse der Generation Y ausgelegt, erklärt Becker-Eiselen und rät jungen Berufstätigen daher eher davon ab.

Video-Satire zum Generationenvertrag

Alternativ existieren jedoch andere Vertragsformen, mit denen man sich staatliche Zulagen sichern kann: der Riester-Banksparplan, der Riester-Fondssparplan oder der Riester-Bausparvertrag. Der Unterschied zur klassischen Riester-Rentenversicherung: Die Verträge können jederzeit gekündigt werden. Dann müssten zwar die staatlichen Zulagen zurückgezahlt werden, Zinsersparnisse dürfe man aber behalten.

„Riestern“ können nur Angestellte, das Pendant für Selbständige ist die Rürup-Rente. Becker-Eiselen warnt jedoch: „Die größte Katastrophe unter der Sonne sind die Rürup-Verträge.“ Sie seien nicht kündbar, nicht vererbbar und damit viel zu unflexibel für die junge Menschen.

Rentenzuschuss vom Chef

Arbeitnehmer haben eine weitere Möglichkeit der Altersvorsoge: die Betriebsrente. Bei all dem Misstrauen gegenüber der Finanz- und Versicherungswirtschaft nimmt die Beliebtheit dieser vermeintlich sichereren Vorsorgemöglichkeit laut der MetallRente-Studie bei der Generation Y zu. Aber lohnen sich die Zuschüsse vom Chef für junge Berufstätige auch?

Der Klassiker ist die sogenannte Direktversicherung, die man über den Arbeitgeber abschließt. Der Arbeitnehmer zahlt über sein Entgelt in den Vertrag ein. Das wird insofern bezuschusst, als dass man keine Sozialversicherungsbeiträge und Rentenbeiträge darauf zahlt. Aber der Arbeitgeber zahlt über diesen vorher herausgekommenen Beitrag auch keine Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung.

Versicherungsexpertin Becker-Eiselen kritisiert: „Dieses Stückchen fehlt am Ende in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das ist zwar kein riesiger Batzen. Aber es ist ein kleines Puzzleteilchen. Am Ende muss man als Rentner außerdem volle Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Die Rendite wird damit eigentlich wieder platt gemacht“.

Die betriebliche Altersvorsorge könne nur hilfreich sein, wenn der Arbeitgeber wirklich etwa 60 bis 70 Prozent beisteuere, so Becker-Eiselen. Berufsanfänger sollten sich zudem nicht zu einem unüberlegten Abschluss drängen lassen. Denn wer seinen Arbeitsplatz schon nach kurzer Zeit verliert oder den Arbeitgeber wechseln möchte, müsse manchmal auch mit Verlusten rechnen.

Immobilien: In Betongold investieren

Da hilft nur noch die sichere Investition in die eigenen vier Wände, denken sich viele Ypsiloner. „Sachwerte sind sicherlich etwas, womit man gut rechnen kann. Betongold ist lukrativ, aber auch nicht um jeden Preis“, meint Becker-Eiselen. Die Immobilienpreise seien in Hamburg in den letzten Jahren so sehr in die Höhe geschossen, dass sie nicht mehr unbedingt den realen Wert abdecken. „Wenn man so hoch einsteigt, dann kann man ab einem bestimmten Punkt nur verlieren“, sagt die Versicherungsexpertin.

Dennoch, wenn die Immobilien wirklich genutzt würden, dann spare man sich die Miete und das könne sich durchaus rechnen. Die wenigsten jungen Leute verfügen heute jedoch schon über das nötige Kleingeld für einen Immobilienkauf oder können genug Sicherheiten vorweisen, um an einen Kredit zu kommen.

Fazit

Wie genau junge Leute die Altersvorsorge angehen können, ist letztlich stark von ihrer individuellen persönlichen und beruflichen Situation, ihren Wünschen und Zielen abhängig. Je früher man Geld für später abzwacken kann, desto besser. Beim Abschluss von Verträgen sollte die Generation Y nichts überstürzen und darauf achten, dass sie an die persönliche Lebensplanung angepasst werden können, um flexibel zu bleiben.

Langfristige Verträge sollten erst dann abgeschlossen werden, wenn klar ist, wo die Reise hingeht und die Lebenssituation etwas stetiger ist. Dann können staatliche und betriebliche Finanzspritzen für Sparer und der Erwerb von Immobilien interessant werden.