Berlin . 11.400 Deutsche erkranken jährlich an Blutkrebs. Jeder Gesunde zwischen 17 und 55 Jahren kann spenden. So können Sie helfen.

Alle 16 Minuten erfährt ein Deutscher, dass er an Blutkrebs leidet. Sein eigenes Immunsystem bekämpft ihn, unbehandelt wird es ihn umbringen. Eine Chemotherapie ist die erste Maßnahme gegen die Krankheit. Doch viele brauchen neues Blut, ein neues Immunsystem, das sie schützt, statt sie anzugreifen. Eine Knochenmarkspende kann ihnen dann das Leben retten. Doch wie lässt sich unter allen Bewohnern der Erde der Mensch finden, der dem Patienten genetisch so ähnlich ist, dass sie sich Blut teilen können?

Geschwister sind die besten Spender

Knapp sechs Millionen Menschen sind bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert. „In Datenbanken weltweit sind es über 25 Millionen“, sagt Dr. Lambros Kordelas, Facharzt für Hämatologie und Onkologie an der Klinik für Knochenmarktransplantation am Universitätsklinikum Essen. Trotzdem sucht jeder fünfte Blutkrebspatient vergeblich nach einem Spender, zu selten ist die perfekte genetische Übereinstimmung.

Geschwister seien besonders gute Spender, weil sie den Patienten genetisch sowie in Alter und Gewicht oft ähneln, erklärt Kordelas. Doch nur bei einem Drittel aller Spenden geht diese Rechnung auf. Von 3220 Knochenmarktransplantationen im Jahr 2014, stammten 844 von Familienmitgliedern. „Eltern sind meist keine optimalen Spender, da ihre Gene nur zur Hälfte mit den Patienten übereinstimmen“, so Kordelas. Ihre Spende kommt erst infrage, wenn sich kein genetisch ähnlicherer Fremdspender findet.

Suche nach genetischem Zwilling

Um einen Spender zu finden, wird bei den Patienten eine Typisierung durchgeführt. „Dabei wird eine Kombination von zehn Stellen, quasi ‚Postleitzahlen‘, erfasst und in die Spenderdatei eingegeben“, sagt Kordelas. Kommen Geschwister nicht als Spender infrage, durchforsten Computer die weltweit registrierten Spender nach einem Kandidaten, der möglichst viele Stellen dieser Postleitzahlen mit dem Patienten gemeinsam hat. „Die Gewebemerkmale von Patient und Spender müssen nahezu hundertprozentig übereinstimmen, damit eine Transplantation erfolgen kann. Die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zweier Menschen ist allerdings äußerst selten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass so viele Menschen wie möglich als potenzielle Spender registriert sind“, sagt Julia Runge von der DKMS.

Wer ist als Spender geeignet?

Jeder Gesunde zwischen 17 und 55 Jahren kann spenden. „Ausschlussgründe sind etwa schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Hepatitis B, C oder D“, sagt Runge. Wer spenden will, kann das bei zahlreichen Stellen in Deutschland tun. Das Zentrale Knochenmarkspende-Register Deutschland listet unter www.zkrd.de/de/adressen/ alle nationalen Anlaufstellen, bei denen Interessierte eine Einverständniserklärung und ein Wattestäbchenset anfordern oder auch direkt vor Ort spenden können. Zu Hause kann ein Wangenschleimhautabstrich gemacht werden, der postalisch zurück an die jeweilige Spenderdatei geht. „Für den Spender ist das eine Sache von fünf bis zehn Minuten“, sagt Runge. Die Ergebnisse landen danach anonymisiert in einer Datei, kontaktiert wird der Spender erst, wenn er tatsächlich infrage kommt. „Die bloße Registrierung beinhaltet zunächst nicht die bindende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Stammzellspende“, erklärt Runge.

Was passiert bei der Spende?

Die namensgebende „Knochenmarkspende“ ist in ihrer ursprünglichen Form gar nicht mehr so häufig. Die mit 80 Prozent wesentlich häufigere Methode ist die sogenannte periphere Stammzellentnahme. „Dabei spritzt sich der Patient fünf Tage lang Wachstumshormone unter die Bauchhaut. Sie kurbelt die Produktion der Stammzellen im Knochenmark an und schwemmt sie in die Blutbahn aus“, erklärt Professor Matthias Stelljes, Leitender Oberarzt im Bereich klinische und experimentelle Knochenmarktransplantation am Universitätsklinikum Münster.

Danach werden den Patienten über zwei bis vier Stunden die Stammzellen aus dem Blut über ein spezielles Separationsverfahren entnommen. „Eine Nebenwirkung der Hormone können leichte Knochenschmerzen sein und für eine kurze Zeit grippeähnliche Symptome“, so Stelljes. Die Entnahme von Zellen aus dem Knochenmark kommt nur noch selten vor. Dabei wird dem Spender unter Vollnarkose ein Blut-Knochenmark-Gemisch aus dem Becken entnommen. „Dazu sind meist zwei bis drei Tage stationärer Aufenthalt nötig, und es kann zu leichten Schmerzen an der Einstichstelle kommen“, sagt Stelljes.

Wann ist die Spende erfolgreich?

„Nach etwa zwei bis vier Wochen gibt der Anstieg der weißen Blutkörperchen erste Anhaltspunkte dafür, ob die neuen Stammzellen ihre Aufgabe aufgenommen haben und gesunde Blutzellen bilden“, erklärt Julia Runge. Sei beim Patienten ein stetiger Anstieg gesunder weißer Blutkörperchen nachweisbar, „steigt auch seine Chance auf ein zweites Leben“.