An der Universität Hamburg arbeiten renommierte Forscher an spannenden Projekten. Marlies Fischer stellt drei von ihnen vor

Die Chemikerin: Julia Rehbein

Mit Puppen habe sie eher selten gespielt, sagt Julia Rehbein. Die Naturwissenschaften und Tiere hatten es ihr angetan. „Ich hatte das Glück, mit vielen Freiheiten aufzuwachsen und mit der konstanten Ermutigung, mich auszuprobieren. Vielleicht ist dadurch mein Weg in die Naturwissenschaft, immer noch ein Bereich in denen Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, erst möglich geworden.“ Die 33-jährige Chemikerin aus Stade arbeitet am Institut für Organische Chemie der Universität Hamburg und ist gerade in das Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgenommen worden.

Die Gruppe von Julia Rehbein wird mit mehr als einer Million Euro für das Forschungsprojekt „Reaktionsdynamik in chemischen Transformationen kurzlebiger Intermediate“ gefördert. Das Forschungsteam will herausfinden, wie die inter- und intramolekularen Bewegungen den Verlauf einer chemischen Reaktion und die daraus entstehenden Produkte beeinflussen. Die Sub-Nanowelt studieren die Wissenschaftlerin, ihre beiden Doktoranden sowie derzeitig drei Studierende in ihren Abschlussarbeiten mit Hightech-Geräten und Computersimulationen.

„Unsere Grundlagenforschung zu der Frage, wie Moleküle chemische Reaktionen eingehen, ist interdisziplinär und bedeutend für nahezu alle Teildisziplinen der Chemie, da es zu den wichtigen Modellen, die wir Chemiker für Vorhersagen unserer Reaktionen nutzen, neue Erweiterungen liefert“, sagt Julia Rehbein. „Die experimentellen Herausforderungen, die diese Projekte in sich bergen, können nur in Kollaboration mit anderen Zweigen der Naturwissenschaften gelöst werden, zum Beispiel mit den Physik-Instituten, die entsprechende ultraschnelle Spektroskopiemethoden entwickeln. Das macht aber auch gerade den Reiz an unserer Forschung aus.“

In dem Grenzbereich, wo sich zwei Wissenschaften berühren, lerne man sehr viel Neues: thematisch, aber auch wie man wissenschaftsspezifische Unterschiede in Denkweise und Sprache überbrücken könne. „An der Universität Hamburg ist das Forschungsumfeld durch die benachbarten Forschungsinstitute wie DESY und CFEL (Anmerkung der Redaktion: eine Kooperation von DESY, der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Hamburg) für solche Projekte ideal.“

Julia Rehbein hat ihren Weg konsequent verfolgt. Schon in der Schule wählte sie neben Latein Chemie als Leistungskurs, zum Studium ging sie im Jahr 2000 an die TU Dresden. „Dort hat es mir sehr gefallen“, sagt die Wissenschaftlerin. „Der Betreuungsschlüssel zwischen Lehrenden und Studierenden war gut, in meinem Fach wurde eine enorme Bandbreite angeboten.“

Nach dem Diplom begann Julia Rehbein ihre Promotion in Sachsen und wechselte 2006 mit ihrem Doktorvater Martin Hiersemann an die TU Dortmund. „Das war schon eine Umstellung“, erinnert sie sich. „Uni auf der grünen Wiese und eine ganz andere Atmosphäre in der Stadt.“

Drei Jahre später zog es die Promovierte in die walisische Hauptstadt Cardiff. Dort lehrte Professor Barry K. Carpenter, „die absolute Koryphäe im Bereich der Reaktionsdynamik“, sagt Rehbein. „In Großbritannien ist das Qualifizierungssystem für Nachwuchswissenschaftler anders als in Deutschland und bietet etwas mehr Planungssicherheit auf dem Weg zur Professur“, sagt die Chemikerin. Dafür sei die deutsche Ausbildung in der Chemie praxisorientierter. „Wenn man an der Uni weiter forschen möchte, sind die Fördermöglichkeiten zum Start einer unabhängigen Nachwuchsgruppe sehr gut.“ Deshalb zog es Rehbein 2012 wieder in die Heimat.

Und ihre Forschungsprogrammatik „Reaktionsdynamik“, die Julia Rehbein jetzt auch im Emmy-Noether-Programm verfolgt, wurde zunächst durch ein Liebig-Stipendium (Förderung des Nachwuchses in der Hochschullehre) des Fonds der Chemischen Industrie finanziert.