Die FCS „Alsterwasser“ war ein Vorzeigeprojekt in Hamburg – bis ihre Tankstelle abgebaut wurde. Seit Herbst 2013 ist das Schiff weitgehend außer Dienst. Das Schiff wartet auf einen Werftplatz zur Wartung.

Hamburg. Von einem „Meilenstein der Brennstoffzellentechnologie für die Linienschifffahrt“ sprach der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), als die FCS „Alsterwasser“ Ende August 2008 ihren Dienst aufnahm. Sie war – und ist auch heute noch – das weltweit erste größere Passagierschiff, das Wasserstoff als Antrieb nutzt. FCS steht für Fuel Cell Ship, für ein Brennstoffzellenschiff. Zwei Brennstoffzellen mit Leistungen von 48 Kilowatt erzeugen Strom, der die Elektromotoren (Hauptantrieb und Bugstrahlruder) versorgt. Doch seit Herbst 2013 ist das Schiff weitgehend außer Dienst. Es hat keine Tankstelle mehr, die es mit Wasserstoff beliefert.

„Wir bedauern es sehr, dass das Schiff derzeit nicht fährt“, sagt Ulrich Brehmer von der Wasserstoffgesellschaft Hamburg. „Es ist ein Vorzeigeprojekt und hat sich in der Praxis bewährt. Wir stellen Hamburg gern als Wasserstoffhochburg dar. Die FCS ,Alsterwasser‘ gehört unbedingt dazu, auch weil sie bürgernah für die Zukunftstechnik wirbt.“ Die derzeitige Frage sei: Wer bezahlt die Infrastruktur für die Betankung des Schiffes?

Das 25 Meter lange Boot wurde im Zuge des EU-Projekts Zemships (emissionsfreie Schiffe) für 1,3 Millionen Euro gebaut. Ähnlich teuer war der in dieser Größenordnung neuartige Antrieb. 2010 lief das Projekt aus, die Hochbahn-Tochter Alster-Touristik GmbH (ATG), einer von neun Projektpartnern, hielt das Schiff aber im Dienst. Und die Linde AG betrieb weiter die Tankstelle am Anleger Hellbrookstraße (Barmbeker Stichkanal) vor dem Betriebshof der Hochbahn.

Im April 2010 setzte eine falsch verkabelte Batterie das Schiff bei einer Probefahrt nach Wartungsarbeiten in Brand – und für ein Jahr außer Gefecht. Die Reparatur übernahm die inzwischen insolvente Werft SBB Oortkaten, die den hochmodernen Alsterdampfer (er stößt nur Wasserdampf aus) auch gebaut hatte. Im Mai 2011 war die „Alsterwasser“ wieder fit und profilierte sich im Jahr der Europäischen Umwelthauptstadt. Doch seit Herbst 2013 ist vorerst Schluss: „Wir haben die Tankstelle aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben“, sagt ein Linde-Sprecher.

Technische Gründe für die Tankstellenschließung habe es nicht gegeben, so die Linde AG. Vielmehr sei es wirtschaftlich unattraktiv, ein einziges Schiff, das alle drei Tage zum Tanken kommt, zu versorgen. Zu den Kosten für den Betrieb der Tankstelle wollte das Unternehmen keine Angabe machen. Linde sehe Wasserstoff schon als Kraftstoff der Zukunft, lege den Schwerpunkt aber eher auf den Ausbau der Tankstelleninfrastruktur an Straßen.

Die „Alsterwasser“, die rund 100 Passagiere fast geräuschlos über die Alster und durch Kanäle schippern kann, droht auf der Strecke zu bleiben. Das Schiff liege am Anleger Jungfernstieg und warte auf einen Werftplatz zur Wartung, sagt ATG-Geschäftsführerin Gabriele Müller-Remer. Derzeit könne es nur per Lkw betankt werden, und das sei „mit Blick auf die höheren Kosten keine auf Dauer brauchbare Lösung“.

Eine Dauerlösung bahnt sich indes an der Oberbaumbrücke am Nordrand der HafenCity an. Dort befindet sich eine von drei öffentlichen Stationen in Hamburg, an denen Pkw und die vier entsprechend ausgestatteten HHA-Busse Wasserstoff tanken können. Die Station wird von Vattenfall betrieben. „Wir sind mit dem Unternehmen im Gespräch. Wir müssen klären, wer den Betrieb der wasserseitigen Tankstelle übernimmt“, sagt Heinrich Klingenberg, Geschäftsführer von Hysolutions, einem Unternehmen, das in Hamburg den Einsatz von Wasserstofffahrzeugen im öffentlichen Nahverkehr vorantreibt und an dem die Hochbahn mehrheitlich beteiligt ist.

Die Schiffstankstelle sei eine „technisch komplexe Aufgabe“, sagt Klingenberg, sie müsse auf einem beweglichen Ponton stehen, damit sie mit der Tide mitgehen kann. Der Wasserstoff wird bei minus 253 Grad in flüssiger Form gelagert. Zum Betanken wird er in den gasförmigen Zustand umgewandelt und auf einen Druck von 450 Bar komprimiert. Die zwölf Druckgastanks im Schiff arbeiten mit 350 Bar.

Neben der Herausforderung, anspruchsvolle Technik auf schwankendem Boden unterzubringen, gibt es an der potenziellen neuen Tankstelle ein Zugangsproblem: Sie liegt am Zollkanal am Rande der Speicherstadt, und dort herrscht eine geringe Wassertiefe. Damit die „Alsterwasser“ mit ihrem Tiefgang von 1,2 Meter dort einen kräftigen Schluck Wasserstoff nehmen kann, muss der Kanal zunächst ausgebaggert und danach entsprechend unterhalten werden. Das ist Sache der Hafenbehörde Hamburg Port Authority.

„Es ist richtig, dass derzeit Gespräche über den Umbau einer Wasserstofftankstelle geführt werden. Wir sind zuversichtlich im Hinblick auf eine baldige Umsetzung“, bestätigt ATG-Chefin Gabriele Müller-Remer. Heinrich Klingenberg hält einen Betriebsstart zur Sommersaison 2015 für anstrebenswert. Ideal wäre die Lösung jedoch nicht. Das Schiff müsste alle drei Tage die Alster verlassen und durch die Rathausschleuse zum Tanken in die Elbe fahren – und sich dabei nach der Tide richten. Mit dem Abbau der Tankstelle am Barmbeker Stichkanal sei die letzte Chance, im Bereich der Alster zu tanken, verloren gegangen, sagt Klingenberg: „Laut Alster-Verordnung darf keine Tankstelle an der Alster mehr gebaut werden.“

Alle Beteiligten setzen nun auf die Variante Oberbaumbrücke. Sollte sie sich zerschlagen, bliebe als letzte Option nur noch der Umbau auf einen dieselelektrischen Antrieb, damit die „Alsterwasser“ wieder in Schwung kommt. Doch dann würde aus dem Brennstoffzellenschiff ein modernes Diesel-Hybridschiff – oder anders ausgedrückt: Aus „Alsterwasser“ wird „Alsteröl“.