Immer mehr Kinder sind im Internet, zeigt eine aktuelle Studie. Umso wichtiger sei die Anleitung durch Erwachsene, sagt Hamburger Pädagogin.

Hamburg. Computer, Tablets, Smartphones, Spielekonsolen und Fernseher, selbst Digitalkameras gibt es mittlerweile mit Internetzugang. Den Überblick nicht zu verlieren im Wust aus Geräten, Software und Inhalten fällt nicht immer leicht. Die Einzigen, denen das mühelos zu gelingen scheint, sind Kinder und Jugendliche.

Die jüngst veröffentlichte JIM-Studie 2012 (Jugend, Information, (Multi-) Media) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt, dass in 98 Prozent der befragten Haushalte neben Fernseher und Handy auch ein Internetzugang vorhanden ist. Beinahe die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen besitzt darüber hinaus ein eigenes Smartphone, kommt also immer und überall ins Netz. Und sie nutzen die Möglichkeiten intensiv: Fast zwei Drittel der Befragten sind täglich, fast alle zumindest mehrfach in der Woche online. Sie chatten und posten, schauen Videos und hören Musik, laden Dateien herunter und suchen nach Informationen, spielen oder surfen einfach in der Gegend herum. "Doch sind Bedienkompetenz und tatsächliche Medienkompetenz zwei Paar Schuhe", sagt Barbara Lenke, Hamburger Pädagogin und Psychotherapeutin.

Die Unbedarftheit, mit der sich Heranwachsende neuen Angeboten nähern, kann ohne die richtige Anleitung problematisch werden. Schnell stehen Dinge online, die dort nichts verloren haben, sind Fotos veröffentlicht oder Behauptungen aufgestellt, chattet man mit Unbekannten. Und bloß, weil es im Internet vieles kostenlos gibt, heißt das noch lange nicht, dass es auch legal ist.

Wie jedes andere Medium, wie jede andere technische Errungenschaft hat das Internet auch seine Schattenseiten. Doch wie schützt man Kinder und Jugendliche vor diesen?

Am besten durch eine Kombination aus technischen Vorkehrungen und - wichtiger noch - Rat und Tat. Lenke, die in Hamburg das von der Tide-Akademie durchgeführte und von der Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein geförderte Projekt "ElternMedienLotse" koordiniert, blickt auf mehr als drei Jahre Erfahrung mit den Fragen von Eltern zum Internet zurück. Seit Oktober 2010 sind mehrere Hundert Elternabende zustande gekommen, bei denen projektintern ausgebildete Experten Hilfe bei Problemen wie dem richtigen Einstiegsalter ins Internet geben. Und gerade diese zentrale Frage ist eine der am schwierigsten zu beantwortenden: "Wichtiger als ein konkretes Alter sind der Entwicklungsstand der Kinder und die Art und Weise, wie sie an das Medium Internet herangeführt werden", so Lenke. Als grober Anhaltspunkt kann aber das Grundschulalter dienen.

Die Kinder auch nach dem gemeinsamen Einstieg im und mit dem Netz nicht allein zu lassen - wer nach dieser Maxime handelt, erspart sich viele Sorgen: "Ich finde es wichtig, jede technische Vorkehrung zu nutzen, dazu gehören auch Jugendschutzprogramme. Eltern müssen aber trotzdem dabei bleiben und jederzeit für Gespräche zur Verfügung stehen." Zwar lässt sich der Computer zu Hause relativ einfach so einrichten, dass zum Beispiel gewalttätige oder pornografische Seiten nicht aufgerufen werden können. Doch gibt es für Smartphones bislang nur wenige vergleichbare Programme; keines davon ist von der Kommission für Jugendmedienschutz zertifiziert. Umso wichtiger also, dass die Kommunikation über den Internetkonsum zwischen Eltern und Nachwuchs nicht abreißt.

Ein Beispiel, bei dem Jung und Alt oft unterschiedlicher Ansicht sind, sind soziale Netzwerke, besonders Facebook. Mehr als 80 Prozent der Jugendlichen sind dort aktiv. Dass die eigenen Daten dort ohne die richtigen Einstellungen öffentlich einsehbar sind, wissen die meisten. Auch sind nur etwas mehr als die Hälfte der Ansicht, dass ihre dort hinterlegten Daten sicher seien. Trotzdem ist die Begeisterung für den Austausch mit Online-Freunden ungebrochen. Gerade für Eltern, die sich diesem Trend widersetzen, nirgendwo Teile ihres Lebens veröffentlichen, ist es schwer nachzuvollziehen, was die Faszination des Teilens und Postens ausmacht. Dennoch rät Lenke davon ab, dem eigenen Nachwuchs die Mitgliedschaft in Netzwerkplattformen zu verbieten: "Das ist ein Teil der Lebenswelt der Jugendlichen, ob Eltern das gefällt oder nicht." Das belegt auch die Studie. Egal, ob mobil oder am Rechner: Online-Gemeinschaften gehören zu den wichtigsten Anlaufstationen. Also sei es laut Lenke "immer besser, wenn die Eltern davon wissen und ihrem Kind eventuell einmal über die Schulter schauen können, als wenn es sich heimlich bei Freunden einloggt."

Neben den "ElternMedienLotsen" gibt es in Hamburg noch viele andere Anlaufstationen, die sich der Förderung der Medienkompetenz im privaten und professionellen Bereich verschrieben haben: von den Jugendinformationszentren bis zu den Hochschulen. Mit dem Rahmenkonzept Medienkompetenzförderung, das vom Amt Medien der Senatskanzlei in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen erstellt wurde, soll auch auf politischer Ebene betont werden, wie zentral die Schulung im Umgang mit Medien in unserer Gesellschaft ist. Es wird Anfang 2013 der Bürgerschaft vorgelegt.