Zwischen Freitag und Montag soll der Satellit herunterkommen. Schäden sind sehr unwahrscheinlich - selbst ein Sechser im Lotto wahrscheinlicher.

Köln. An diesem Wochenende wird der Röntgensatellit Rosat nach gut 20 Jahren im All und fast 9 Jahren im Dienste der Wissenschaft in Richtung Erde stürzen. Einige Teile werden bei Eintritt in die Atmosphäre verglühen, andere aber wohl auf die Erde fallen. Dass irgendwo auf dem Globus irgendwer getroffen wird, ist unwahrscheinlich. Gut möglich ist dagegen, dass die bis zu 30 erwarteten Trümmerstücke unbemerkt verschwinden. Das passiert regelmäßig mit Schrott-Fragmenten aus dem All. Weil die Bahn des Satelliten sehr breit zwischen dem 53. nördlichen und südlichen Breitengrad verläuft, könnte es theoretisch auch Deutschland treffen - den nördlichsten Landesteil ausgenommen. Wird es gefährlich, wenn Teile durch die Erdatmosphäre durch sind?

Höchst wahrscheinlich nicht. Die größte Gefahr könnte vom Spiegel des Röntgenteleskops ausgehen, einem sehr hitzebeständigen Fragment, das bei Eintritt in die Atmosphäre laut Experten-Einschätzung wohl nicht verglühen wird. Wenn dieses Teil mit einem Gewicht von bis zu 1,6 Tonnen auf die Erdoberfläche aufschlagen sollte, würde sich ein Krater von mehreren Metern Durchmesser bilden. Die anderen Rosat-Reststücke sind viel kleiner. Es besteht nur eine minimale Wahrscheinlichkeit, dass hierzulande jemand zu Schaden kommt. Warum kann man nicht genau sagen, wann und wo Rosat runterkommt?

Flugbahn und Eintrittstermin hängen stark von der Sonnenaktivität ab, die erst unerwartet niedrig war und dann in den letzten Wochen wieder zunahm. Seit das Datum sich nun auf einen Zeitraum von wenigen Tagen einschränken lässt, werden auch die Prognosen genauer. Aber eine große Unsicherheit bleibt und beträgt selbst einen Tag vor dem prognostizierten Datum immer noch plus-minus fünf Stunden. In dieser Zeit umkreist Rosat die Erde mehr als sechs Mal, denn er braucht für eine Umrundung nur 90 Minuten. Unter dem Satelliten rotiert auch noch die Erde. Das Raumfahrzeug hat schon stark an Höhe verloren und kreist nur noch gut 200 Kilometer entfernt von der Erde, einst hatte es eine Höhe von 580 Kilometern. Wird der Rosat-Absturz ein sichtbares Spektakel?

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Wohl kaum. Wahrscheinlich werden die Trümmerteile unbemerkt niedergehen, so wie die meisten Objekte, die im Meer versinken oder auf unbewohntes Gebiet fallen. Es wird auch sehr schnell gehen. Bei Eintritt in die Atmosphäre wird das Raumfahrzeug extrem abgebremst, die Fragmente könnten aber mit immerhin noch gut 400 Kilometern pro Stunde zu Boden stürzen. Das US-Weltraum-Überwachungssystem SSN will dem DLR den Absturzort nach dem Ereignis schnellstmöglich mitteilen. Sollte doch jemand Trümmerteile entdecken, wird geraten, diese nicht anzufassen – auch wenn sie nichts Giftiges ausströmen. Kann man sich irgendwie gegen herabfallende Rosat-Teile schützen?

Die Experten sagen, dass man das nicht kann, weil die Vorhersagen dafür viel zu ungenau sind. Vorsorgliche Schutzmaßnahmen wie Flugraumsperrungen oder Evakuierungen halten Experten auch für vollkommen unnötig und unverhältnismäßig, weil die Wahrscheinlichkeit eines Schadens für irgendeinen Menschen irgendwo auf dem Erdball gering ist. Welche menschengemachten Objekte fliegen noch so herum im Weltraum?

Der Orbit ist voll mit Müll. Rund 16 000 Objekte treiben dort derzeit herum, nur rund 900 davon sind aktive Satelliten. Die Zahl der Trümmerteile ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Und natürlich kommen die Teile auch regelmäßig runter. Auch Satelliten waren in den verschiedensten Größen immer wieder darunter. 2010 wurden 400 Wiedereintritte in die Atmosphäre gezählt, die zusammengerechnet auf eine Masse von 60 Tonnen kamen. Was hat die Rosat-Mission gebracht?

Das Gemeinschaftsprojekt von Deutschland, USA und Großbritannien gilt als großer Erfolg in der Grundlagenforschung und für die Astronomie. Rosat hat dazu beigetragen, Ursprung und Entwicklung unseres Universums besser zu verstehen. Mit dem Start im Sommer 1990 hat erstmals ein Röntgensatellit den gesamten Himmel nach Röntgenstrahlen-Quellen durchmustert. Im Universum entstehen Röntgenstrahlen bei besonders heißen und energiereichen Prozessen. Eine Beobachtung von der Erde aus ist unmöglich. Mit Rosat stellte man fest, dass fast alle astronomischen Objekte Röntgenstrahlen aussenden – und konnte Mond, Sterne, Supernovae-Explosionen, Galaxien oder bizarre Schwarze Löcher beobachten. Wer zahlt, wenn Rosat doch Schaden anrichtet?

Dann haften Deutschland, Großbritannien und die USA gemeinsam. Das Weltraumrecht kennt dazu laut DLR-Rechtsexperten spezielle Vorschriften, die sehr zugunsten möglicher Geschädigter ausgerichtet seien. Das DLR hat auch schon klargestellt, dass es sich nicht wegducken würde, falls wider Erwarten doch etwas passieren sollte.