Zwei neue Smartphones sind auf dem Markt. Während Apple auf eine neue Software setzt, bietet Aldi ein Android-Modell für weniger als 200 Euro an.

Hamburg. Aldi oder Apple, das ist hier die Frage. Seit Donnerstag bietet der Lebensmittel-Discounter ein Mobiltelefon mit Internetzugang, 4,3 Zoll großem Bildschirm und 5-Megapixel-Kamera an - direkt neben "Bauernglück"-Rouladen und dem "Komfort-Dampfbügeleisen" für 24,99 Euro. Damit sind die sogenannten Smartphones endgültig im Alltag angekommen. Ist das Aldi-Phone ein Schnäppchen oder eine billige Mogelpackung?

Der Branchenverband Bitkom erwartet in diesem Jahr eine Absatzsteigerung um fast 40 Prozent auf mehr als zehn Millionen Geräte. Jedes dritte neue Mobiltelefon wird dann ein Smartphone sein. Einen nicht geringen Anteil an dieser Entwicklung haben Geräte mit dem Betriebssystem Android. Das Aldi-Smartphone, das ebenfalls mit Android arbeitet, ist dabei mit 199 Euro vergleichsweise günstig. Denn das sind immerhin etwa 300 Euro weniger, als man für Geräte dieser Größe und mit dieser Ausstattung sonst ausgeben muss. Das iPhone 4 ist mit 16-Gigabyte-Speicher ohne Vertrag ab 500 Euro zu haben, das neue iPhone 4S ab 629 Euro. Ist dieser Preisunterschied gerechtfertigt? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die Modelle etwas genauer ansehen.

Das "Medion Life" von Aldi basiert, wie auch das baugleiche und etwa 40 Euro teurere "Lutea 2", das der Mobilfunkanbieter Base derzeit im Sortiment hat, auf dem "ZTE Skate" des chinesischen Ausrüsters Zhong Xing Telecommunication Equipment Company Limited. Das ist nicht ehrenrührig, schließlich lassen auch Konzerne wie Nokia, Motorola, Nintendo oder Apple ihre Hardware in China oder Taiwan fertigen. Käufer des "Medion Life" und des "Lutea 2" können sich zudem in Sachen Software auf der Höhe der Zeit fühlen. Denn sie besitzen ein Smartphone mit der aktuellen Android-Version 2.3 "Gingerbread". Der Nachfolger mit dem schönen Namen "Android Ice Cream Sandwich" steht allerdings bereits in den Startlöchern. Aber so ist das eben in der schnelllebigen Mobilfunkwelt. Jedenfalls ist Android eine vollwertige Alternative zu Apples Betriebssystem iOS, dessen fünfte Version iPhone- und iPad-Besitzer gerade weltweit auf ihren Geräten installieren.

Mit iOS 5 können iPhone- und iPad-Besitzer all ihre wichtigen Daten wie Kalendereinträge, Kontakte, Apps, Musik oder Lesezeichen jetzt direkt über die iCloud, also das Internet synchronisieren, ohne dass das Mobilgerät dazu an den PC angeschlossen werden muss. Ausgestattet mit den entsprechenden Apps und Google-Diensten geht das mit Android-Smartphones allerdings auch schon. Apple-Jünger werden sich aber selbst von Discounter-Preisen nicht von der reinen Lehre abbringen lassen und auf die bahnbrechende Videochatfunktion FaceTime oder den für iOS-5-Nutzer kostenlosen neuen Nachrichtendienst iMessage verweisen. Und natürlich bezahlt man mit dem Preis für ein iPhone auch den klangvollen Namen, das herausragende Design sowie das Bewusstsein, eines der Kultprodukte des Digitalzeitalters in den Händen zu halten.

Man muss allerdings auch ganz klar sagen, dass die Hardware des iPhone der des Aldi-Androiden deutlich überlegen ist. Das fängt beim augenfälligen Unterschied zwischen dem Glas- und Metallgehäuse des iPhone 4 und dem Plastikgehäuse des "Medion Life" an. Das etwa gleich schwere, mit 3,5 Zoll aber kompakter in der Hand liegende Apple-Modell wirkt wesentlich wertiger als Aldis Kunststoff-Alternative. Der mit etwa elf Zentimetern recht große, berührungsempfindliche Bildschirm des "Medion" verfügt zudem lediglich über eine Auflösung von 480 × 800 Pixeln. Ein "Wow"-Effekt wie bei Apples brillantem "Retina-Display" und seinen 960 × 640 Pixeln mag sich da nicht so recht einstellen.

Nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren Werte unterscheiden sich. Im Aldi-Phone soll ein 800-MHz-Prozessor, unterstützt von einem Grafikbeschleuniger-Chip, für eine flüssige Bedienung und einwandfrei funktionierende Apps sorgen. Beim iPhone 4 ist der Prozessor dagegen mit einem Gigahertz getaktet, das iPhone 4S besitzt sogar einen Doppelkern-Prozessor mit zweimal 1,2 Gigahertz. Bei der Mehrzahl der täglich genutzten Funktionen dürfte dieser Unterschied kaum ins Gewicht fallen. Bei rechenintensiven Anwendungen wie anspruchsvollen Spielen oder beim Navigieren durch Google-Maps-Karten kann sich eine geringere Rechenleistung aber mitunter durch leichtes Ruckeln und Verzögerungen bemerkbar machen. Mitgeliefert wird beim "Medion Life" zudem nur eine vier GB kleine Speicherkarte. Im Gegensatz zu Apple-Geräten lässt sich der Speicher allerdings ohne großen Aufwand nachrüsten. Eine 16-GB-Karte kostet derzeit etwa 16 Euro.

Das Fachmagazin "Connect" bezeichnet das baugleiche "Lutea 2" als "eine Kampfansage an die großen Smartphone-Player". Allerdings nicht wegen seiner technischen Daten, sondern wegen des Vertragsangebots von Base, wo das Gerät bereits ab 17 Euro monatlich inklusive Datenflatrate zu haben ist. Fazit der Experten: "Auch wenn es sich in der Hand nicht ganz so wertig anfühlt, bietet es alle Vorteile und den Komfort eines modernen Smartphones."

Insgesamt bietet Aldi mit seinem 200-Euro-Schnäppchen also ein solides Gerät an. Wer auf die luxuriöse Anmutung und den Kultfaktor deutlich teurerer Modelle wie des iPhone 4S oder des für rund 500 Euro erhältlichen "Galaxy SII" von Samsung verzichten kann, macht hier nichts falsch. Und natürlich gibt es auch noch etwas dazwischen. Ein echtes Schnäppchen ist zum Beispiel auch Samsungs "Nexus S i9023". Es läuft ebenfalls mit Android 2.3 und kostete früher so viel wie das iPhone 4, jetzt etwa 280 Euro. Mitunter arbeitet die Schnelllebigkeit der Mobilfunkwelt eben auch für die Verbraucher.