Die chemische Ozonvernichtung am Nordpol übersteige alle bisherigen Messungen. Das Ozonloch habe auch Norddeutschland gestreift.

Berlin/Potsdam. In diesem Frühjahr hat es über dem Nordpol ein riesiges Ozonloch gegeben. Dies haben Wissenschaftler nachgewiesen. Wie das internationale Team, darunter auch der Potsdamer Atmosphären-Forscher Markus Rex, veröffentlichten im Fachjournal "Nature": "Der Ozonverlust im Frühjahr 2011 übersteigt jeden, der bisher über der Arktis gemessen wurde.“

Das Team aus 30 Forschern erläutert in dem Journal: "Hier zeigen wir, dass die chemische Ozonvernichtung über der Arktis im Frühjahr 2011 – das erste Mal seit Messbeginn - vergleichbar zu der im Antarktischen Ozonloch war.“ Wissenschaftler vom Alfred-Wegener- Institut (Abteilung Potsdam) und weiteren Forschungsstellen hatten bereits im Frühjahr auf das riesige Ozonloch aufmerksam gemacht. Sie veröffentlichten nun die Daten und die Entstehungsgeschichte des Ozonlochs in einem Fachartikel.

Die Luftmassen, die dem Ozonverlust über der Arktis ausgesetzt waren, drifteten nach Angaben von Rex im vergangenen Winter auch ein paar Tage lang nach Südeuropa. Das Ozonloch habe Norddeutschland Ende März gestreift, ein weiterer Ausläufer sei an einem Wochenende Anfang April über Süddeutschland gezogen. "An den Tagen hatten wir eine erhöhte UV-Strahlung“, sagte der Forscher. "Da sind sicherlich zusätzliche Sonnenbrände aufgetreten, die zu Hautkrebs führen können.“

Eine Ursache des Ozonlochs sei die ungewöhnlich lange Kälteperiode im vergangenen Winter gewesen. Demnach führten extrem niedrige Temperaturen in der Stratosphäre – einer Schicht etwa 20 Kilometer über der Erdoberfläche – zu einer Zunahme des ozonschädigenden Chlors.

Nach den Messungen der Forscher ging die arktische Ozonschicht Anfang dieses Jahres um 80 Prozent zurück – auf einer Länge von 18 bis 20 Kilometern. Der Abbau ist gefährlich, da ohne die schützende Schicht mehr UV-Licht auf die Erde gelangt. Die Ozonschicht wird jeweils bis zum arktischen Frühjahr dünner und füllt sich in den darauffolgenden Monaten wieder auf.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ozonlöcher sogar bei wesentlich milderen Temperaturen als in der Antarktis möglich sind“, schreiben die Experten. Ob und wann es wieder zu solch großen Ozonverlusten kommen werde, sei bisher jedoch nicht absehbar. "Es gibt viele Winter, wo man sich keine Sorgen machen muss“, sagte Rex. Der Klimawandel führe jedoch verstärkt zu kühleren Temperaturen in der Stratosphäre.

Bei milderen Werten sind die ozonschädigenden Chloratome an Substanzen gebunden, die die Ozonschicht nicht angreifen. Wenn die Temperaturen in der Stratosphäre jedoch auf extrem niedrige Werte fallen, bilden sich polare stratosphärische Wolken, wie der Experte erklärt. Durch diese Wolken werden Chlorverbindungen freigesetzt, die Ozon zerstören. Das Chlor stammt vor allem von langlebigen Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) aus Kühlmitteln und Spraydosen. Inzwischen gibt es zahlreiche Ersatzstoffe für FCKW. (abendblatt.de/dpa)