Die Verarbeitungsform mache eine EHEC-Gefahr unwahrscheinlich. Auch erhitzte Bockshornklee-Samen gelten als unbedenklich

Hamburg. Mit EHEC-Bakterien verunreinigte Bockshornklee-Samen aus Ägypten, so gaben es gestern zwei EU-Behörden bekannt, könnten der Auslöser für die Krankheitswelle in Deutschland gewesen sein. Da die eiweißreichen, würzigen Samen in vielen Lebensmitteln verarbeitet werden, stellt sich die Frage nach der Unbedenklichkeit von Curry, Käse oder eiweißhaltigen Fitnesspulvern - alles Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel, in denen sich die Samen befinden können.

"Kritisch ist das im Falle einer Kontamination mit EHEC nur bei Lebensmitteln, die nicht erhitzt werden", sagt Dr. Anselm Lehmacher, Lebensmittelmikrobiologe am Hamburger Hygiene-Institut. Er sieht bei Gewürzen und Käse keine Gefahren, da beide Lebensmittel so behandelt werden, dass mögliche Keime abgetötet werden. "Gewürze werden in der Regel sehr schonend mit Wasserdampf unter 100 Grad hitzebehandelt. Bei Gewürzen, die ätherische Öle enthalten oder bei denen es auf den Erhalt der Farbe ankommt, muss das sehr vorsichtig geschehen. Jede Firma hat da ihr eigenes Verfahren, um die Keimzahlen so weit zu reduzieren, dass man praktisch von Keimfreiheit sprechen kann", sagt Lehmacher.

Etwa 90 Firmen, so Gerhard Weber, Geschäftsführer des Fachverbandes der Gewürzindustrie in Bonn, importieren und verarbeiten in Deutschland Gewürze. Hamburg sei dabei, neben Rotterdam, einer der beiden großen Einfuhrhäfen in Europa. "Bockshornklee-Samen werden überwiegend aus China und Indien eingeführt", sagt Weber auf Abendblatt-Anfrage. Ägypten spiele da eine absolut untergeordnete Rolle.

Nur in einem "sehr geringen Umfang" würden die Samen unverarbeitet weiterverkauft; hauptsächlich würden sie zu Currymischungen verarbeitet. Weber: "Durch die Verarbeitungsform kann man sagen, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass von Gewürzmischungen eine EHEC-Gefahr ausgeht." Zu dem Schluss kommt auch eine aktuelle fachliche Stellungnahme des Instituts Romeis, das in "handelsüblichen, getrockneten Kräutern und Gewürzen keine substanziellen und epidemiologisch relevanten Infektionsgefahren durch EHEC-Bakterien" sieht.

Auch die Verwendung von Bockshornklee-Samen in Käse, eine seit einigen Jahren beliebte Spezialität aus Südtirol, sieht Miriam Ewald, Pressesprecherin am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin, als sicher an: "Gewürze, die in Käse verarbeitet werden, sind schon immer erhitzt worden, auch vor EHEC." Das BfR geht zurzeit nicht von neuen Gefahren für die Verbraucher aus. "Für uns gelten weiterhin die bekannten Empfehlungen, Sprossen nur ausreichend erhitzt zu verzehren", erklärt Miriam Ewald. Am Hygiene-Institut in Hamburg wurden in den vergangenen Wochen neben Sprossen auch vermehrt Proben mit Bockshornklee-Käse untersucht, die alle ohne positiven Befund waren.

Die Verbraucherzentrale Hamburg empfiehlt, generell alte Samen nicht mehr für die Sprossenzucht zu verwenden - eine präventive Maßnahme, da die belasteten Samen aus Ägypten aus den Jahren 2009 und 2010 stammen und durchaus noch in Küchenvorräten vorhanden sein können.

Bockshornklee-Samen sind die braunen, bis fünf Millimeter langen Samen des Bockshornklees, einer krautigen Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler. Wie der Name sagt, reifen die Samen in bis zu zwölf Zentimeter langen, hornförmigen Hülsen heran. Sie werden schon seit Jahrtausenden als Heilmittel gegen allerlei Beschwerden und als Gewürz genutzt; der Prophet Mohammed wollte sie gar mit Gold aufwiegen. Besonders im arabischen Raum spielt Bockshornklee als Gewürz eine wichtige Rolle. (rn/cls)