Die Deutsche Forschungsgemeinschaft will es dem Nachwuchs leichter machen. Universität Hamburg erhielt zuletzt immer weniger Fördergeld

Hamburg. Habe ich genügend Texte in Fachjournalen veröffentlicht? Reicht meine Auslandserfahrung? Als Dr. Gülsah Gabriel sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach einem Stipendium erkundigte, hatte sie Zweifel. Dabei konnte die Nachwuchswissenschaftlerin sogar Forschungen an der Eliteuniversität Oxford vorweisen. Nach einem Beratungsgespräch waren ihre Bedenken zwar vom Tisch, doch dann folgte eine aufwendige Bewerbung: Erst musste Gabriel einen Forschungsplan für die nächsten fünf Jahre beschreiben - und sich anschließend vor Gutachtern in Bonn kritischen Fragen stellen.

Doch die Mühe hat sich gelohnt: Seit Mai 2009 leitet die 32-Jährige im Rahmen des Emmy-Noether-Programms eine Forschergruppe am Hamburger Heinrich-Pette-Institut. Dort untersucht sie, wie Grippeviren von Vögeln auf Säugetiere und Menschen übertragen werden. Die Unterstützung durch die DFG sei vorbildlich, sagt Gabriel. "Ich kann nur alle jungen Wissenschaftler aufrufen, sich dort zu bewerben." Auf dem Weg zu einer Professur sei das Programm "das Beste, was mir passieren konnte".

Dass sich Nachwuchsforscher so begeistert über Starthilfe äußern, ist eher selten. Aber es zeigt, dass die Karriere von jungen Wissenschaftlern immer besser gefördert wird - auch von der DFG, Deutschlands zentraler Förderorganisation für die Forschung, die gestern in Berlin ihren Jahresbericht für 2009 vorstellte. DFG-Präsident Matthias Kleiner will den Nachwuchs in Zukunft noch stärker ermutigen, möglichst früh eigenständig zu werden: "Wenn ein Nachwuchsforscher eine gute Idee hat, soll er auch die Lorbeeren dafür erhalten."

Damit das besser funktioniert, hat die DFG im vergangenen Jahr viele Neuerungen beschlossen. So können sich junge Forscher mit Doktortitel auf einem "Karrieretag" über die Förderinstrumente der DFG informieren. Seit 2009 bietet die DFG erstmals eine Anschubfinanzierung an, mit der Professoren besondere Talente nach der Promotion unterstützen können, damit diese einen Projektantrag erarbeiten. Graduiertenschulen können für ihre Doktoranden statt Stipendien jetzt auch Stellen beantragen, um den Nachwuchs in der Wissenschaft zu halten.

Obwohl immer mehr jungen Talenten wie Gülsah Gabriel ein schneller Karriereeinstieg gelingt, ist die Organisation noch nicht zufrieden. "Über die DFG kursieren immer noch viele Mythen", sagt Katharina Kohse-Höinghaus. Die Professorin für Physikalische Chemie an der Universität Bielefeld entscheidet als Mitglied im Hauptausschuss der DFG über Förderanträge mit. Besonders hartnäckig halte sich etwa der Mythos, ein Bewerber müsse konkrete Forschungsergebnisse vorweisen oder zumindest belegen, dass sein Forschungsansatz funktioniere, etwa, weil er auf traditionellen Methoden basiere. "Tatsächlich freuen wir uns besonders über mutige Förderanträge, die neue Konzeptionen beinhalten."

Dem Jahresbericht zufolge unterstützte die DFG im vergangenen Jahr 17 304 Forschungsprojekte mit rund 2,7 Milliarden Euro; dazu zählen allerdings auch Fördermittel, die über mehrere Jahre verteilt sind. Den mit Abstand größten Anteil, 38,8 Prozent, erhielten Lebenswissenschaften, also Biologie und verwandte Disziplinen wie Biochemie, Bioinformatik und Medizin. 24,3 Prozent entfielen auf Naturwissenschaften, 21,3 Prozent auf Ingenieurwissenschaften und 15,6 Prozent auf Geistes- und Sozialwissenschaften.

Das aktuelle DFG-Förderranking, das die 40 Hochschulen mit der höchsten Förderung von 2005 bis 2007 listet, führt die Technische Hochschule Aachen an, gefolgt von der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Heidelberg. Die Universität Hamburg landet auf Platz 21 - von 1996 bis 1998 belegte sie noch Platz sieben. Seitdem ist Hamburgs größte Hochschule im DFG-Ranking kontinuierlich abgestiegen. Zwar erhält die Uni Fördermillionen aus Bundesmitteln für den Exzellenzcluster zur Klimaforschung. Von der DFG kommt seit 1996 allerdings immer weniger Fördergeld.

Wie ist das zu erklären? Die Hochschule begründet das unter anderem mit dem Rückgang an hochrangigen Forschungsprojekten, die die entsprechenden Gelder einwerben könnten. "Die chronische Unterfinanzierung der Universität, die in den 1990er-Jahren mit dramatischen Kürzungen eingeleitet wurde, zeigt deutliche Spätfolgen", teilt die Hochschule dazu auf Anfrage mit. Im Stadtstaat Hamburg seien die Mittel für die Wissenschaft im Vergleich zu allen anderen Bundesländern am wenigsten aufgestockt worden.

"Die Unterfinanzierung der Universität hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass es oft kaum möglich war, teure Spitzenberufungen wegen der damit verbundenen hohen Ausstattungskosten vorzunehmen." Hamburgs Politiker müssten daraus in den Beratungen für den Doppelhaushalt 2011/2012 Konsequenzen ziehen und die Mittel für die Universität um etwa zehn Prozent aufstocken. Dadurch könne die "Handlungsfähigkeit" der Hochschule "deutlich gesteigert" werden.

Die Hamburger Forscherin Gülsah Gabriel muss sich um ihr Budget hingegen keine Sorgen machen: 1,3 Millionen Euro erhält sie von der DFG für ihr Projekt, das bis 2014 läuft.