Dank moderner Verkehrsmittel reisen Menschen um die Welt, Krankheitserreger auch. Tropenkrankheiten werden auch in Europa zur Gefahr.

Rostock. Auf die Bevölkerung in Europa kommt nach Überzeugung von Medizinern in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl von Infektionskrankheiten zu. „Dabei wird es sich sowohl um unbekannte Erreger handeln als auch um solche, die nur in einer Region neu auftreten, an Häufigkeit zunehmen oder neue Wirte befallen“, sagte der Rostocker Tropenmediziner Emil Reisinger. Verantwortlich dafür seien in erster Linie die Klimaveränderungen, die Rodung der Regenwälder und die immer weiter zunehmende Reisetätigkeit der Menschen.

Die deutschen Tropeninstitute würden sich intensiv auf mögliche Gefahren vorbereiten. „Wir sind auf der Hut“, betonte Reisinger. Eine Gewähr dafür, dass neue Infektionskrankheiten glimpflich ausgehen, könne es nicht geben. „Es kann immer etwas auftreten, das wir nicht kennen. Das ist das Spiel der Natur“, betonte Reisinger.

Kritisch beobachten die Mediziner besonders das Krim-Kongo-Virus. Die dadurch ausgelösten Infektionen seien verstärkt in der Türkei zu beobachten, pro Jahr würden etwa 1300 Fälle registriert. In Bulgarien würden jährlich bis zu 25 Fälle gemeldet. Überträger sei die Braune Hundezecke, die Sterblichkeit liege bei bis zu 20 Prozent. „Touristen können diese Erkrankungen nach Deutschland mitbringen, was dann für erhebliche Unruhe sorgen wird“, befürchtete Reisinger. Denn die Viren lösen ein gefährliches hämorrhagisches Fieber aus, das mit inneren Blutungen einhergeht. Auch bei direktem Kontakt mit Blut oder Erbrochenem könne das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden.

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Mit Unbehagen sehen die Tropenmediziner auch die Ausbreitung der asiatischen Tigermücke. „Dieser Überträger des Dengue-Fiebers hat es geschafft, sich entlang der Verkehrswege einen Weg vom Mittelmeer über die Alpen nach Deutschland zu bahnen“, sagte Reisinger. Die Insekten legen ihre Eier beispielsweise in alten Reifen ab und werden so per LKW transportiert. 2007 wurde die Tigermücke erstmals bei Rastatt (Baden-Württemberg) nachgewiesen. Dengue-Fieber führt üblicherweise zu Fieber, Kopfschmerzen sowie starken Muskel- und Gliederschmerzen.

„Wir schätzen Dengue vom Potenzial her stärker ein als die Malaria, weil sich das Virus schneller verbreitet“, bestätigte jüngst der Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, Jonas Schmidt-Chanasit. Er kritisierte, dass die Mücke in Italien überhaupt nicht oder nur mangelhaft bekämpft werde, so dass sie bereits im gesamten Land heimisch sei.

Bisherige deutsche Dengue-Patienten hätten sich die Infektion ausschließlich im Ausland eingefangen. „Das wird sich aber ändern“, ist Reisinger überzeugt. Diese Mücke übertrage auch das Chikungunya- Fieber, das ursprünglich nur in Afrika und Asien beheimatet war. 2007 gab es in der italienischen Provinz Emilia Romagna einen Ausbruch, an dem knapp 200 Menschen erkrankten. Im Verlauf der Krankheit kommt es zu hohem Fieber und starken Gelenkschmerzen. (dpa)