Laut einer Studie soll sich die Asiatische Tigermücke durch die Klimaerwärmung in Nordwesteuropa verbreiten. Übertragung von Viren hierzulande in den kommenden Jahren sei unwahrscheinlich.

London/Hamburg. In letzter Zeit mehren sich die Hinweise, dass die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus auch in Deutschland heimisch werden könnte. Sie gilt als gefährlich, weil sie die Erreger tropischer Krankheiten wie des Chikungunya-Fiebers, des West-Nil-Fiebers oder des Gelbfiebers übertragen kann. Was aber bedeutet das konkret? Wie groß ist die tatsächliche Gefahr, zukünftig durch einen Mückenstich womöglich eine schwere Krankheit zu bekommen? Die durch diese Keime ausgelösten Krankheiten - Dengue- und Chikungunya-Fieber - verursachen unter anderem starke Kopf- und Gliederschmerzen. In den meisten Fällen verlaufen die Krankheiten glimpflich, bei immungeschwächten Menschen kommt es aber in einigen Fällen zu schweren Verläufen - ein Teil davon führt zum Tod.

Die Klimaerwärmung könnte zu einer Verbreitung von Asiatischen Tigermücken in Nordwesteuropa und dem Balkan führen. Zu diesem Schluss kommen Forscher aus Großbritannien und Belgien in einer neuen Studie, die sie im Fachjournal "Interface" der Royal Society veröffentlicht haben. Den Ergebnissen der Forscher zufolge haben sich die klimatischen Bedingungen bereits zwischen 1990 und 2009 etwa in Frankreich, Italien, den Beneluxländern und den angrenzenden Gebieten Deutschlands zugunsten der Tigermücke verändert - es ist im Winter wärmer geworden. Dazu kommt mehr Niederschlag. Vor allem in Italien hat sich die Mücke nach Angaben der Wissenschaftler daher bereits weitestgehend festgesetzt. Sie zählt zu den 100 Tieren, die sich weltweit am schnellsten verbreiten.

In Gebieten mit zunehmender Trockenheit wiederum, etwa in Südspanien oder Korsika, hat sich das Klima für die Tigermücke verschlechtert. Die Verbreitungsangaben basieren auf Daten von Dezember 2011. Die Gruppe um Cyril Caminade von der Universität Liverpool geht davon aus, dass sich das Klima für den Zeitraum 2030 bis 2050 so verändern wird, dass die Tigermücke in weiten Teilen Europas leben kann.

Auch in Süddeutschland seien bereits Exemplare gefunden worden, sagt Prof. Rolf Horstmann, der Vorstandsvorsitzende des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg. "Wir müssen damit rechnen, dass sich die Asiatische Tigermücke auch hierzulande ausbreiten wird." Zumindest in den kommenden Jahren werde die Gefahr aber wohl minimal sein, sich durch den Stich einer Tigermücke mit Dengue- oder Chikungunya-Viren zu infizieren. Denn dazu müsste zuerst eines der wenigen Exemplare hierzulande einen der wenigen Erkrankten stechen (2010 wurden dem Robert-Koch-Institut 595 Dengue-Erkrankungen gemeldet). Deshalb sieht auch die Direktorin des Instituts für Tropenmedizin an der Charité in Berlin, Prof. Gundel Harms-Zwingenberger, vorerst keinen Grund zur Sorge. Künftig seien jedoch Infektionen denkbar. Denn je stärker sich die Mücken vermehren, desto größer wird das Risiko, von einem Exemplar gestochen zu werden, das Viren in sich trägt. In Mitteleuropa wurden Infektionen mit Dengue-Viren durch Tigermücken bisher erst in Südfrankreich nachgewiesen.

Was aber macht diese Mückenart so gefährlich? In Deutschland gibt es immerhin rund 50 verschiedene Mückenarten und auch diese können Viren übertragen. Allerdings nicht die tropischen Viren, wie die Erreger des Chikungunya-Fiebers, des West-Nil-Fiebers oder des Gelbfiebers, wie Tropenmediziner und Parasitologe Egbert Tannich vom Bernhard Nocht-Institut in Hamburg erklärt. "Aedes albopictus dagegen kann das sehr gut. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Mückenarten, die an Vögeln oder anderen kleinen Tieren saugen, bevorzugt sie Menschenblut“, sagt der Tropenmediziner.

Die Erreger, die die Tigermücke in sich trägt, werden von der Mücke direkt von Mensch zu Menschen übertragen. "Wenn ein Reisender aus den Tropen bei uns ankommt und mit einem Virus infiziert ist, dann nimmt ihn die Mücke mit dem Blut auf“, erklärt Tannich. Steche sie dann den nächsten Menschen, übertrage sie den Krankheitserreger auch auf diesen. Diese direkte Weitergabe mache die Tigermücke so gefährlich.

Das zeige ein Fall, der sich 2007 in Italien ereignete: Damals traten in der Provinz Ravenna innerhalb kurzer Zeit 150 bis 250 Fälle des Chikungunya-Fiebers auf. "Erst wusste man gar nicht, um was es sich dabei überhaupt handelte“, sagt Tannich. Erst später stellte sich heraus, dass ein Reisender, der aus Indien zurückkam, offenbar mit dem Chikungunya-Virus infiziert gewesen war und dieses Virus über Stechmücken auf andere Menschen übertragen worden war.

Die Tigermücke benötige daher keine bestimmten Tiere als Zwischenwirte oder Reservoire für die Erreger, erklärt Tannich. Einmal angesiedelt, könne sie immer dann eine solche tropische Krankheit übertragen, wenn sie einen infizierten Menschen steche.

Die Tigermücke kommt ursprünglich aus Südostasien. Durch Eier und Larven, etwa in gebrauchten Autoreifen oder Schnittblumen, verbreiten sich die Insekten über die Handelswege in andere Länder. (dpa/dapd/mha)