Das Medikament wird nach einem Zeckenbiss auf die Haut getropft. Es soll verhindern, dass es zu einer Borreliose kommt

Hamburg. Nur schätzungsweise fünf bis 35 Prozent der Zecken hierzulande sind mit Borrelien infiziert, doch wer das Pech hat, von einem solchen Exemplar gebissen zu werden, muss damit rechnen, an einer Borreliose zu erkranken. Innerhalb von Wochen bildet sich dann häufig eine wandernde rote Stelle um den Biss. Mit Antibiotika ist die Krankheit in der Regel gut zu behandeln; ohne Therapie können die bakteriellen Erreger allerdings Entzündungen an den Gelenken, im Herz oder im Gehirn auslösen.

Hamburger Forscher testen derzeit ein Gel, das kurz nach dem Biss auf die Haut getropft wird und dafür sorgen soll, dass die Krankheit gar nicht erst ausbricht. Wenn sie das Medikament zur Marktreife brächten, wäre es wohl das erste Mittel weltweit zur Vorbeugung von Borreliose.

"Unsere bisherigen Studien sprechen sehr dafür, dass das Gel wirkt", sagt Dr. Sabine Stauga von der Studienambulanz im Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Die Medizinerin und ihre Kollegen sind bereits in der dritten Phase ihrer klinischen Studie, die sie im Auftrag eines Pharmaunternehmens durchführen. Wenn die Zeckensaison im Mai beginnt, wollen die Forscher das Medikament an weiteren Patienten testen; anschließend könnte es zugelassen werden.

Der Wirkstoff Azithromycin wird in Tablettenform bereits seit Jahren als Antibiotikum gegen verschiedene bakterielle Infektionskrankheiten (auch Borreliose) eingesetzt, allerdings nicht vorbeugend, sondern nur, wenn sich erste Symptome einer Erkrankung zeigen. Das ist bei den meisten Antibiotika so üblich, weil diese Mittel diverse Nebenwirkungen haben können. Bei dem Gel, das Sabine Stauga und ihre Kollegen testen, sollen etwaige Nebenwirkungen auf das Gewebe um die Bissstelle beschränkt bleiben; vor allem aber soll der Wirkstoff die Bakterien in Gewebe attackieren und so verhindern, dass sie in die Blutbahn gelangen. "Wir wollen die Erreger erwischen, bevor sie Ärger machen können", sagt Stauga.

+++Gegen FSME hilft eine Schutzimpfung+++

+++Die Warmen Temperaturen locken die Zecken heraus+++

Die Borrelien bleiben in der Regel etwa eine Woche lang im Gewebe um die Bissstelle. Da das Gel drei Tage wirken muss, müssen Patienten spätestens vier Tage nach dem Biss mit dem Gel behandelt werden. Auch wenn es komisch klingen mag: Die Probanden müssen die Zecke mitbringen, denn nur so können die Forscher testen, ob die blutsaugende Milbe tatsächlich Borrelien trägt.

Nach der Behandlung mit dem Gel testen die Forscher, ob im Blut der Probanden Borrelien vorhanden sind. Wenn nicht, gilt dies als Beleg, dass das Gel wirkt. In zwei Jahren, schätzt Sabine Stauga, könnte das Medikament in den Handel kommen. Womöglich wäre es nicht verschreibungspflichtig.

Eine Impfung gegen Borreliose gibt es bislang nicht, im Gegensatz zur Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer Viruserkrankung, die ebenfalls durch Zecken ausgelöst werden kann. Risikogebiete für FSME gibt es dem Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge allerdings bisher hauptsächlich in Baden-Württemberg und Bayern sowie vereinzelt in Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen. Dagegen sind mit Borreliose infizierte Zecken in ganz Deutschland verbreitet.

Die zu den Spinnentieren zählenden Tiere leben in städtischen Gärten und Parks ebenso wie in der freien Natur, auf Gräsern, in Gebüschen und im Unterholz. Dabei klettern sie in der Regel nicht höher als 70 Zentimeter. Mit speziellen Organen an ihren Vorderbeinen können sie es "riechen", wenn sich ein Mensch nähert. Sobald ihr Opfer sie streift, krallen sie sich schnell an diesem fest. Auch Hunde und Katzen fangen sich Zecken ein, wobei die Blutsauger häufiger von Katzen als von Hunden auf den Menschen überspringen und ihn mit Borrelien infizieren, wie die jüngste KiGGs-Studie des Robert-Koch-Instituts ergeben hat.

Solange es noch kein vorbeugendes Medikament und keine Impfung gibt, können andere Maßnahmen vor einer Infektion schützen. Lange Hosen, die bis über die Schuhe gehen, oder über die Hosenbeinenden hochgezogene Strümpfe verhindern, dass Zecken sich am Bein festkrallen können. Wer dennoch lieber kurze Hosen anziehen möchte, könnte seine Beine mit einem Zecken abweisenden Spray behandeln, das den Wirkstoff DEET enthält, sagt Dr. Andreas Krüger, Insektenkundler bei der Bundeswehr-Außenstelle am Bernhard-Nocht-Institut. Als Nebenwirkungen könnten allerdings Hautreizungen auftreten. Für Kleinkinder seien die Sprays nicht geeignet.

Nach einem Ausflug ins Grüne soll man sich gründlich absuchen, insbesondere in den Kniekehlen, unter den Armen, am Hals, im Schritt, im Nacken, hinter den Ohren und auf dem Kopf. Hunde und Katzen sollte man vor Beginn der Zeckensaison vorbeugend mit einem speziellen Zeckenmittel behandeln, dass die Parasiten abweist und tötet, rät Prof. Thomas Schnieder, Direktor des Instituts für Parasitologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Hat man sich trotz aller Schutzmaßnahmen eine Zecke eingefangen, sollte man die Zecke mit einer spitz zulaufenden Pinzette vorsichtig an ihrem Leib packen und sie dann langsam nach oben aus der Haut ziehen, ohne sie dabei zu drehen. Noch besser eignen sich spezielle Zeckenpinzetten mit gebogenen Enden oder sogenannte Zeckenkarten aus der Apotheke, die man unter den Leib bis zum Genick der Zecke schiebt, um den Blutsauger dann aus der Haut zu hebeln.

Auf keinen Fall sollte man die Zecke quetschen oder Mittel wie Öl über sie träufeln, sagt Insektenkundler Andreas Krüger. "Denn das versetzt die Zecke in einen Stresszustand und bringt sie dazu, ihren Mageninhalt, der Erreger enthalten kann, in die Haut abzugeben."