Entgegen der bisherigen Theorie werden Männer zukünftig weder aussterben, noch ihr charakteristisches Y-Chromosom verlieren.

London. Dem männlichen Geschlechtshormon und damit den Männern auf diesem Planten drohte nach einer Theorie zukunftig das Aus. Das eher kümmerliche Y-Chromosom sollte in den nächsten Jahrmillionen weiter schrumpfen und schließlich verloren gehen. Nun gibt es Entwarnung für die Männerwelt: Auch in ferner Zukunft werden Männer nicht aussterben. Das Y-Chromosom habe sich in den letzten 25 Millionen Jahren nur wenig verändert, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature“.

Das nur bei Männern vorhandene Y-Chromosom ist im Gegensatz zum X-Chromosom stark verkümmert. Einen Großteil seiner Erbinformationen verlor es im Laufe der Evolution. Statt mehr als 1.100 Gene wie sein weiblicher Gegenpart enthält es heute nur rund 200 davon. Darunter befinden sich Gene, die für die Spermienproduktion wichtig sind.

Aus dieser Beobachtung heraus entstand die Theorie, dass das Y-Chromosom innerhalb der nächsten zehn Millionen Jahre auch noch seine restlichen funktionellen Gene einbüßen werde und damit letztlich ganz verschwindet. Entgegen landläufiger Vermutungen gingen die Spezialisten nicht davon aus, dass es künftig nur noch ein Geschlecht geben wird. Statt des jetzigen Merkmals Y-Chromosom würde es andere prägende genetische Unterschiede geben.

Doch die Theorie vom schwindenden Y-Chromosom haben Jennifer Hughes vom Massachusetts Institute of Technology und ihre Kollegen jetzt widerlegt: Ihren Untersuchungen nach ist in der jüngeren Vergangenheit nur bei den evolutionär jüngsten Genen des Y-Chromosoms Erbinformation verloren gegangen. Beim Großteil seines Erbguts hingegen „hat der Genverlust offensichtlich vor mehr als 25 Millionen Jahren aufgehört“, schreiben die Forscher. Und das, obwohl es durchaus einige Gene auf diesen Chromosom gebe, die ihre eigentliche Funktion schon lange verloren zu haben scheinen und heute offenbar nutzlos seien.

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Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler das Y-Chromosom des Menschen mit dem des Schimpansen und des Rhesusaffen verglichen. Sie wollten herausfinden, ob im Laufe der Evolution dieser drei verwandten Arten ein stetiger Genverlust zu beobachten ist, der die Theorie des aussterbenden Y-Chromosoms stützt. Das sei jedoch eindeutig nicht der Fall gewesen. „Der Verlust der Urgene schritt anfangs schnell voran, aber verlangsamte sich dann merklich“, schreiben Hughes und ihre Kollegen.

Der Hauptteil des Erbguts aus dem Y-Chromosom habe bereits einen stabilen Punkt erreicht, bevor sich in der Evolution der Mensch vom Rhesusaffen abspaltete. Nur drei Prozent des Erbguts auf dem Y-Chromosom gehören zu dem Genbereich, in dem während der Entwicklung vom Rhesusaffen zum Menschen Gene verloren gegangen sind, schreiben die Forscher. Im menschlichen Erbgut seien danach sogar noch Gene hinzugekommen.

Viele Sexpartner treiben Evolution voran

Meerkatzenartige, zu denen der Rhesusaffe zählt, und der Mensch sind durch 25 Millionen Jahre Evolution getrennt – der Mensch und der Schimpanse nur durch sechs Millionen Jahre. Was das Y-Chromosom angeht, waren die Unterschiede zwischen Mensch und Schimpanse sogar größer als zwischen Mensch und Rhesusaffe: Die Forscher fanden fünf Urgene des Rhesusaffen, die der Schimpanse während seiner Entwicklung verloren hat, während der Mensch sie noch besitzt.

Dass der Schimpanse so häufig seine Geschlechtspartner wechselt und es daher mehr Konkurrenz beim Sperma gebe, könnte die schnelle Evolution in dieser Tierart vorangetrieben haben, vermuten Hughes und Kollegen. Denn einige Gene auf dem Y-Chromosom regulieren die Bildung der Spermien.