Vor 125 Jahren begann der Bau des Eiffelturms. Was eine Attraktion zur Weltausstellung werden sollte, wurde zum Streitobjekt der Franzosen.

Den Satz kennt fast jeder, der einmal auf der obersten Plattform gestanden hat: "Da liegt dir Paris zu Füßen." Im Norden leuchten hinter dem Palais de Chaillot die Grünflächen des Bois de Boulogne, am Horizont die Hochhäuser von La Defense. Im Nordosten reicht der Blick sogar bis zur weißen Kuppel der Kirche Sacré-Cœur auf den Hügeln von Montmartre. Kein Wunder, dass jährlich rund sieben Millionen Menschen diese Aussicht genießen wollen.

+++Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte+++

Ehrgeizig sind die Pläne für den Eiffelturm von Anfang an: Er soll das höchste Bauwerk werden, das je von Menschenhand erschaffen wurde. Zur Hundertjahrfeier der Französischen Revolution 1889 soll das architektonische Wunder Wirklichkeit werden, als Attraktion der Weltausstellung in Paris. Der Bau des 300 Meter hohen Eiffelturms beginnt am 28. Januar 1887. Anfängliche Kritik prallt an seinem eisernen Körper ab, der nach 20 Jahren geplante Abriss wird verschoben und schließlich abgesagt. Der 10 000 Tonnen schwere Koloss aus Stahl, das einzigartige Wahrzeichen Europas, ist aus der Pariser Stadtsilhouette nicht mehr wegzudenken.

+++Pariser Ingenieure planen einen grünen Eiffelturm+++

Namensgeber des berühmten Turms war Bauunternehmer Gustave Eiffel (1832-1923), dessen Firma Eiffel & Cie sich auf Eisen- und Stahlkonstruktionen spezialisiert hatte. Schon beim Umbau des Pariser Kaufhauses "Le Bon Marché", bei der Herstellung der Schleusen des Panamakanals und der tragenden Metallstruktur der Freiheitsstatue in New York war Eiffel beteiligt gewesen. Allerdings stammten Idee, Entwurf und erste Berechnungen für den neuen Turm in Paris von zwei Mitarbeitern seines Ingenieurbüros: von Maurice Koechlin und Emile Nougier. Eiffel war von den Plänen so begeistert, dass er kurz entschlossen die Patentrechte erwarb. Er beauftragte den Architekten Stephen Sauvestre mit der Fertigstellung. Nach nur 26 Monaten Bauzeit war die Meisterleistung vollendet, eine revolutionäre Synthese aus klassischer Bauweise und modernem industriellen Fertigungsverfahren.

Zusammengebaut wurden die Turmteile - soweit möglich - in Eiffels Werkstätten in Levallois-Perret, einem nordwestlichen Vorort von Paris. Auf der Baustelle setzte man die passgenauen Fertigteile mithilfe von hölzernen Gerüsten und kleinen dampfbetriebenen Kränen zusammen. Lediglich zwischen 80 und 250 Metallarbeiter waren mit der Herstellung und Montage der 18 038 vorgefertigten Einzelteile beschäftigt, die von rund 2,5 Millionen Nieten zusammengehalten wurden. Die überschaubare Anzahl gut bezahlter Spezialisten sorgte für größtmögliche Motivation und Effektivität, tatsächlich kam kein Arbeiter bei der gefährlichen Tätigkeit in schwindelerregender Höhe zu Tode.

Die offene Bauweise des Stahlfachwerkturms schafft eine maximale Winddurchlässigkeit. Deshalb kann der Turm auch stärksten Stürmen standhalten. Die vier kastenförmigen Eckstützen laufen auf einer Grundfläche von 129 mal 129 Metern gekrümmt aufeinander zu. Der Turm verjüngt sich nach oben, die Gitterwerke sind untereinander in regelmäßigen Abständen durch Metallträger verbunden. In einer Höhe von 57 Metern befindet sich eine erste Plattform, in 115 und 276 Metern folgen zwei weitere. Alle bieten Platz für Souvenirläden, Restaurants und maximal 6000 Besucher. Die Plattformen sind über Aufzüge erreichbar, von der dritten reicht eine Wendeltreppe bis ganz nach oben. Wer den Turm zu Fuß erklimmen will, braucht eine gute Kondition - knapp 1700 Stufen führen bis an die Spitze. Zum Vergleich: Auf die Plattform der St.-Michaelis-Kirche in 106 Meter Höhe führen 453 Stufen. Als Belohnung winkt die beeindruckende Fernsicht, bei gutem Wetter bis zu 70 Kilometer.

Womit Eiffel aber nicht gerechnet hatte, war die große Ablehnung gegen "la dame en fer" (die eiserne Dame). Ursprünglich hatte der Turm nur eine begrenzte Betriebsgenehmigung, er sollte spätestens 1909 wieder abgetragen werden. Denn der Stahlkoloss war kein Denkmal, sondern ein moderner Bau ohne Funktion. Nun kamen überraschend harte Vorwürfe wie "Schandfleck", "tragische Straßenlaterne" "düsterer Fabrikschornstein", "teuflische Konstruktion" bis zur "Entehrung von Paris", besonders aus der Künstlerszene. Der Komponist Charles Gounod, die Schriftsteller Émile Zola, Guy de Maupassant und Alexandre Dumas sowie der Architekt der Pariser Oper, Charles Garnier, verfassten eine Protestschrift: "Wir Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten und leidenschaftlichen Liebhaber der Schönheit von Paris protestieren im Namen des verkannten französischen Geschmacks mit aller Macht gegen die Errichtung des unnötigen und ungeheuerlichen Eiffelturms im Herzen unserer Stadt." Eiffel fühlte sich tief getroffen.

Unnötig war der Turm dann aber ganz und gar nicht. Er erwies sich wegen seiner immensen Höhe als wertvolle Antenne für die Kommunikation und ermöglichte die ersten transatlantischen Funkverbindungen des neuen Jahrhunderts. Deshalb durfte er stehen bleiben. 1906 hatte er als die höchste Telegrafenstation der Welt eine Sendeweite von 3000 Kilometern. Während des Ersten Weltkriegs konnten feindliche Botschaften abgehört werden, was dem Eiffelturm den Beinamen "großes Ohr" einbrachte.

Auch Mata Hari wurde der Eiffelturm zum Verhängnis: Im Dezember 1916 fing die Funkstation ein Telegramm des deutschen Nachrichtendienstes ab und enttarnte die Nackttänzerin als Spionin. Anfang der 1920er-Jahre starteten vom Eiffelturm aus erste Radiosendungen, Mitte der 1930er-Jahre begann die Ausstrahlung regelmäßiger Fernsehprogramme. Heute befinden sich dort einige Dutzend Antennen. Immer noch werden Hörfunk- und TV-Programme gesendet.

Die Baukosten beliefen sich auf knapp 7,74 Millionen Franc, auf das heutige Preisniveau umgerechnet müsste man für das luftige Stahl-Fachwerk knapp 60 Millionen Euro hinblättern. Bis 1930 war der Turm tatsächlich das höchste Bauwerk der Welt. Erst dann wurde es vom Chrysler Building in New York übertroffen. Nachbauten des Eiffelturms stehen in Las Vegas, Tokio und im kalifornischen Disneyland - manche sogar maßstabsgetreu. Schon während der Weltausstellung erklommen zwei Millionen Gäste die Attraktion an der Seine und machten sie zu einem gewinnträchtigen Unternehmen. Bis heute haben insgesamt rund 250 Millionen Menschen das "Dach von Paris" besucht.

Eine Herkulesaufgabe ist die Renovierung der Fassade: Etwa alle sieben Jahre müssen die rund 200 000 Quadratmeter Fläche des Eiffelturms angestrichen werden. 25 schwindelfreie Maler tragen 60 Tonnen Farbe auf, das dauert 18 Monate und kostet drei Millionen Euro. Im März 2009 erfolgte der 19. Anstrich. Seither erstrahlt der Turm wieder im alten Glanz, nachts wird er von innen und außen angeleuchtet. Zusätzlich rotiert von der Turmspitze aus ein Scheinwerferstrahl, zu jeder vollen Stunde erzeugen Lampen durch Blinken einen Glitzer-Effekt. Das hat seinen Preis: Der jährliche Stromverbrauch beträgt 7,5 Millionen Kilowattstunden. Wie fast jedes hohe Bauwerk zog auch der Eiffelturm Selbstmörder an. 400 Menschen haben sich im Laufe der Jahrzehnte von oben in den Tod gestürzt. Aber diese Zeiten sind vorbei. Alle Ausgänge und Plattformen wurden inzwischen vergittert.