Im Februar 2012 wird Hubertus Walds Kunstsammlung in London versteigert. Der Erlös kommt der Hamburger Kulturszene zugute.

Hamburg. Vor wenigen Tagen transportierte eine auf Kunst spezialisierte Spedition eine große Klimakiste diskret von Hamburg nach Hongkong. Darin befand sich eines der schönsten Gemälde der klassischen Moderne, der "Eiffelturm" des französischen Malers Robert Delaunay (1885 -1941). Das fast zwei Meter hohe Bild zeigt die Eisenkonstruktion des Pariser Wahrzeichens und dessen Umgebung als kubistische Komposition in leuchtenden Gelb-, Orange-, Rot-, Grün- und Blautönen - Paris als Fest fürs Auge. In Hongkong wird das Gemälde in den Räumen des Auktionshauses Christie's nur kurz zu sehen sein, dann geht es noch London, wo es Anfang Februar versteigert wird.

An drei Abenden wird Christie's dann die private Kunstsammlung des Hamburger Unternehmers und Mäzens Hubertus Wald Stück für Stück aufrufen. Insgesamt sind es 87 Werke, zu denen neben Delaunays "Eiffelturm", dessen Wert derzeit auf einen Betrag zwischen 1,7 und 2,9 Millionen Euro geschätzt wird, zahlreiche weitere Spitzenstücke gehören. Zum Beispiel ein bezauberndes Frauenporträt des niederländisch-französischen Fauvisten Kees van Dongen (1877-1968), das Christie's auf bis zu 1,16 Millionen Euro schätzt, sowie Werke von Piero Manzoni, Henry Moore, Francis Picabia, Hans Arp, Joan Miró, Max Ernst, aber auch von Alexander Calder, Georg Baselitz oder Cy Twombly.

Hubertus Wald, der bereits im Februar 2005 starb, hatte testamentarisch verfügt, dass seine Kunstsammlung nach dem Tod seiner Frau Renate zugunsten der von ihm gegründeten Hubertus-Wald-Stiftung verkauft werden soll. Nachdem Renate Wald im April dieses Jahres gestorben war, entschied sich der Stiftungsvorstand nun für eine Auktion bei Christie's, weil sich damit vermutlich ein besonders hoher Wert erzielen lässt.

Huberts Wald wurde 1913 in Berlin geboren. Seine unternehmerische Karriere begann er in Karlsruhe, wo er 1946 das Kino "Kurbel" kaufte. Der ebenso schnelle wie anhaltende Erfolg ermöglichte es ihm, bald eine Kette mit insgesamt mehr als 20 Filmtheatern aufzubauen. Außerdem gründete er eine Werbefilm-Firma und beteiligte sich an der Produktion von Spielfilmen. In den 1960er-Jahren beendete er sein Engagement im Kino- und Filmgeschäft, um fortan in Immobilien zu investieren. Er zog nach Hamburg, wo Persönlichkeiten wie Axel Springer und Curd Jürgens zu seinem Freundeskreis zählten. 1978 heiratete er die Werbekauffrau Renate Dederichs, die seine Leidenschaft für Kunst teilte. Schon in den 1950er-Jahren hatte Wald Kunst gesammelt, zunächst vor allem Alte Meister. Sein Interesse für die Kunst des 20. Jahrhunderts wurde durch den Berliner Maler Alexander Camaro (1901-1992) geweckt. Bis zuletzt besaß Hubertus Wald zwei abstrakte Bilder dieses Künstlers.

Beim Aufbau seiner Sammlung ließ er sich stets von Experten beraten. Mit sicherem Instinkt für Qualität kaufte er mehrere Jahrzehnte lang Werke der Klassischen Moderne, aber auch der Nachkriegszeit. Dabei interessierten ihn weniger die großen Namen, sondern eher malerische Positionen. Oft kaufte er Werke von Künstlern, die sich erst später auf dem Markt durchzusetzen vermochten.

Im Herbst 2003 konnte sich ein großes Publikum einen Eindruck von der Vielfalt und Qualität der Sammlung machen, damals zeigte die Hamburger Kunsthalle eine Auswahl von 70 Werken unter dem Titel "Glanzstücke der Malerei des 20. Jahrhunderts".

Zu Hamburgs Kunstmuseen unterhielt Hubertus Wald ein besonders enges Verhältnis - als Kunstkenner und als Mäzen: 1993 ermöglichte das Ehepaar die Restaurierung des glanzvollen Altbau-Treppenhauses der Kunsthalle, bevor es 2002 den Umbau des ehemaligen TiK (Thalia in der Kunsthalle) mit 1,8 Millionen Euro zum heutigen Hubertus-Wald-Forum finanzierte. Drei Jahre nach seinem Tod konnte schließlich das Museum für Kunst und Gewerbe sein museumspädagogisches Hubertus-Wald-Kinderreich eröffnen, das jungen Besuchern einen spielerischen Zugang zu Kunst, Formgestaltung und Design eröffnet.

Bereits 1993 hatten Hubertus und Renate Wald die Hubertus-Wald-Stiftung gegründet, die sowohl auf sozialem als auch auf kulturellem Gebiet tätig ist, über den Tod der beiden Stifter hinaus. Der Erlös der Londoner Auktion wird in das Stiftungskapital einfließen und damit die Wirksamkeit der Hubertus-Wald-Stiftung weiter erhöhen. Je mehr die Christie's-Auktion im Februar erbringen wird, desto größer werden auch die Möglichkeiten der Hubertus-Wald-Stiftung künftig sein, gemeinnützige Projekte in Hamburg zu fördern. Die Vorzeichen stehen dafür nicht schlecht, Experten halten es für möglich, dass allein das "Eiffelturm"-Bild, von dem das Pariser Centre Pompidou eine weitere Fassung besitzt, einen Spitzwert erbringen könnte.

Der Rekord, der für ein Delaunay-Werk gezahlt wurde, liegt seit 1991 bei 3,9 Millionen Euro, der "Eiffelturm" könnte ihn im Februar brechen. In den nächsten Tagen wird dieses großartige Werk aber erst einmal in Hongkong bewundernde und gewiss auch begehrliche Blicke auf sich ziehen.

Infos: www.chriesties.com