Die erfolgreichste Computerspielserie aus deutscher Produktion startet jetzt mit ihrer siebten Version.

Hamburg. Internationale Produktionen gibt es kaum in der deutschen Computerspielebranche. Die "Siedler" sind eine Ausnahme - als erfolgreichste Serie im Land. Acht Millionen Exemplare wurden bisher verkauft, weltweit in neun Sprachen. Jetzt ist die siebte Version im Handel (ca. 50 Euro).

Da gibt es viel zu tun im Studio von Blue Byte in Düsseldorf. Allerdings: Künstlerische Wirkungsstätten stellt man sich anders vor. In den kargen Räumen hinter gläsernen Wänden könnten auch Versicherungsangestellte sitzen. Der Eindruck ändert sich, sobald man Frank Hofmeister über die Schulter schaut. Auf seinem Flachbildschirm tun sich fantastische Landschaften auf: Auen mit märchenhaften Schlössern und Burgen, sonnenüberflutete Wiesen mit Schmetterlingen, dunkle Wälder, in denen hinter jedem knorrigen Baum ein Fabelwesen erscheinen könnte.

Der "Lead Level Artist" verantwortet die Gestaltung der virtuellen Spielplätze, auf denen sich die Spieler von "Die Siedler 7" bald tummeln sollen. "Jedes Bild besteht aus vielen Schichten", erklärt er. "Der Ausgangspunkt ist ein Drahtgittermodell, aus dem wir das Terrain modellieren." Sind Berge, Täler und Flüsse platziert, wird das Level auf Spielbarkeit getestet. Erst dann kommen Farb- und Detailinformationen hinzu. Die Besonderheit an den ungewöhnlich detailreichen Szenerien von "Siedler 7": Alle grafischen Elemente wurden aus vielen Einzelteilen zusammengefügt. "Das ermöglicht es uns, jeden Gegenstand individuell zu gestalten und die Szenerie besonders natürlich aussehen zu lassen", so Hofmeister. So dauert die Gestaltung einer einzigen Landschaft sechs bis acht Wochen.

Alles lebendig zu machen ist die Aufgabe des Chef-Animators Oswin Skomroch. Rund 1000 Einzelszenen gibt es im Spiel. Etwa den Bergarbeiter, der auf seiner Lore in den Stollen fährt, oder zwei Soldaten, die eine Kanone laden und abfeuern. 15 Bilder pro Sekunde lassen im Auge des Betrachters eine flüssige Bewegung entstehen. "Im Grunde muss man nur den Anfang- und den Endpunkt einer Szene festlegen", sagt Skomroch, "die Zwischenschritte errechnet der Computer automatisch." Doch je öfter der Animator Hand anlegt, desto überzeugender sieht die Szene später aus.

Jede Figur besteht aus einem eigens konstruierten Knochengerüst und darauf angeordneten farbigen Dreiecken. "Wir müssen die Illusion erzeugen, dass die Einzelteile, aus denen die Figur besteht, in Verbindung zueinander stehen. Das setzt Wissen darüber voraus, wie Bewegung funktioniert", so Skomroch, den die Liebe zum Film zu diesem Beruf gebracht hat. Beobachtungsgabe und Übung seien die wichtigsten Fähigkeiten eines guten Animators. Das größte Problem bei der Spielentwicklung sei jedoch die Zeit. "Man muss immer im Blick behalten, was man machen möchte, und Aufwand und Ergebnis in vertretbarer Balance halten."

Aufwand und Ergebnis - das sind auch die Kategorien, in denen der Produzent denken muss. Trotzdem wirkt Benedikt Grindel entspannt, während er das Ergebnis des 70-köpfigen Teams nach zwei Jahren Entwicklung präsentiert. Das PC-Spiel, das sich mit vielen unterschiedlichen Hard- und Softwarekombinationen vertragen muss, wird intensiv auf technische Schwachstellen geprüft. Solche Massentests lässt der deutsche Entwickler in Rumänien ablaufen.

"Das ist das größte und anspruchsvollste Projekt, das wir je gestemmt haben", sagt Grindel. "Projekte in dieser Größenordnung lassen sich nur durchführen, wenn man die Strukturen eines international operierenden Unternehmens hinter sich hat", sagt Norman Habakuck von der französischen Firma Ubisoft, zu der das Blue-Byte-Studio seit einigen Jahren gehört. Ubisoft unterhält Studios in Kanada, die deutsche Sektion befindet sich in Düsseldorf unter dem gleichen Dach wie Blue Byte. Und die Arbeit am Produkt ist mit seiner Veröffentlichung nicht beendet. Im Austausch mit den Spielern wird es stetig verbessert, der Online-Betrieb muss überwacht, Erweiterungen programmiert werden.

Für diese Herausforderungen holt man sich Rat aus dem Ausland. "Deutschland hinkt in Sachen Spielprogrammierung um einige Jahre hinterher", sagt Produzent Grindel. Entsprechend schwer sei es, hier fähige Programmierer zur finden. "Da ist es gut, wenn man auf den Wissenspool eines großen Unternehmens zurückgreifen kann." Für "Die Siedler 7" sicherte man sich die Unterstützung eines der ganz großen der Branche. Entwicklerlegende Bruce Shelly, der Strategie-Klassiker wie "Civilization" oder "Age of Empires" mitgestaltete, kam für mehrere Wochen nach Düsseldorf, um seine Erfahrungen einfließen zu lassen.

Wenn Grindel, der seit knapp einem Jahrzehnt an der Reihe arbeitet, sein Werk vorführt, schwingt Stolz mit: "Die Spielwelt lässt sich mit einer vollkommen freien Kamera erkunden. Ob aus der Vogelperspektive oder nah am Geschehen, ob beim Aufbau einer Wirtschaft oder im Kampfgetümmel - der Spieler muss nicht zwischen Perspektiven oder Spielmodi wechseln."

Dem Spieldrang seien keine Grenzen gesetzt. "Ob man die Geschichte durchspielen, sich in Multiplayer-Gefechte stürzen oder friedlich vor sich hinbauen will, bleibt dem Spieler überlassen. Für ein Strategiespiel ist das etwas Neues und für mich das eigentliche Highlight."

Als Spielverderber könnten sich nur die Fans erweisen. Denn die Branche hat mit Raubkopien zu kämpfen. Deshalb wünsche er sich, "dass alle, die unser Spiel spielen, es legal gekauft haben. Sie bekommen auch etwas für ihr Geld."