Wer waren die Eltern von Tutanchamun? Seit der britische Forscher Howard Carter 1922 das Grab des legendären Kindpharaos im Tal der Könige in Ägypten entdeckte, streiten Wissenschaftler über seine Abstammung. Ein Gentest, dessen mit Spannung erwartete Ergebnisse morgen in Kairo veröffentlicht werden, soll Gewissheit bringen. Doch einige Experten zweifeln daran, ob der Streit damit endet.

Tutanchamun lebte vor rund 3300 Jahren. Er bestieg den Thron im Alter von nur neun Jahren und starb zehn Jahre später unter rätselhaften Umständen. Er ist weltbekannt, weil sein Grab eines der wenigen aus der Pharaonenzeit ist, das nicht geplündert wurde. Dort fand sich unter anderem seine goldene Totenmaske, die zu einem der wichtigsten Zeugnisse der Pharaonenzeit wurde.

Noch 2001 hatte Ägypten das Angebot japanischer Forscher abgelehnt, einen "Vaterschaftstest" mit Genproben von Tutanchamun zu machen. Dabei ging es wohl um das nationale Prestige. Inzwischen gibt es ein mit Spenden finanziertes Genlabor im Museum von Kairo. Dessen Analysen würden am Mittwoch "die Familiengeheimnisse" von Tutanchamun lüften, verspricht der medienerfahrene Chef der ägyptischen Altertumsverwaltung, Sahi Hawass.

Der Großteil der Altertumsforscher geht davon aus, dass Tutanchamun der Sohn des Pharaos Echnaton (Amenophis IV.) war. Einige Experten vermuten aber dessen Vorgänger, Amenophis III., oder Echnatons Nachfolger, Semenchkare, als Vater. Nofretete, die Hauptfrau von Echnaton, wird als Tutanchamuns Mutter angegeben, aber auch Kija, eine Nebenfrau des Pharaos. Oder handelte es sich um eine Frau, die dem jungen Pharao offiziell als Amme diente?

Im August 2008 erklärten die ägyptischen Behörden, sie hätten DNA-Proben von zwei Föten genommen, die gleichfalls im Grab im Tal der Könige lagen. Bluttests haben eine Abstammung von Tutanchamun bereits als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Gentests könnten auch Gewissheit über die Nachkommen des Pharaos und seiner Frau Ankhesenamun bringen.

Er sei "ungeduldig", das Ergebnis zu erfahren, sagt der US-Archäologe Raymond Johnson, der in Luxor arbeitet. "In anderen Fällen haben sich diese Analysen als sehr nützlich erwiesen." So konnten das in Alkohol aufbewahrte Herz des französischen Thronfolgers Ludwig XVII. identifiziert werden, dessen Vater, Ludwig XVI. während der Französischen Revolution hingerichtet wurde. Auch bei der Familie des Zaren Nikolaus II., die während der Oktoberrevolution getötet wurde, brachte die Erbgut-Analyse Gewissheit.

Auch wenn der einbalsamierte Körper Tutanchamuns relativ gut erhalten ist, bezweifeln einige Spezialisten, ob der Test bei der Tausende Jahre alten Leiche zum Erfolg führen kann. "Das Hauptproblem besteht darin, eine verlässliche DNA für so alte Überreste zu bekommen", sagt Michel Wuttmann vom französischen Archäologie-Forschungsinstitut IFAO in Kairo. Denn der Pharao wurde über Monate wohl von Dutzenden Menschen einbalsamiert, die ihre eigenen Spuren hinterließen.

Ein Hindernis ist auch, dass die Genspuren mutmaßlicher Väter und Mütter von Tutanchamun zweifelhaft sind, sagt der Forscher Marc Gabolde von der Universität Montpellier. Das Erbgut der Mumien werde auch durch die Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen stark beschädigt.

Kritisch sieht der Vorgänger von Hawass, Abdel Halim Nureddin, den "Vaterschaftstest". Er könne nicht sagen, "ob die DNA-Tests wirkliche Ergebnisse bei Mumien von mehr als 3500 Jahren Alter bringen können", sagt der Archäologie-Professor aus Kairo. "Andere archäologische Beweise sind notwendig, die es mit Sicherheit ermöglichen, den Stammbaum zu erstellen."