Endlich Licht im Tunnel - am Wochenende erzeugten die Forscher des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (Desy) in Hamburg-Bahrenfeld erstmals Röntgenlicht an der neuen Synchrotronquelle Petra III.

"Wir haben einen entscheidenden Schritt in die Welt des Lichts getan. Wir wissen jetzt, dass die einzigartige Lichtquelle, die weltweit das brillanteste Röntgenlicht liefert, funktioniert", sagt Desy-Chef Helmut Dosch dem Abendblatt.

Erst kürzlich hatten die Forscher die Super-Lampe angeschaltet. Am 17. April um 10.14 Uhr sausten die ersten Positronen, die Antiteilchen zu den Elektronen, durch den 2,3-Kilometer-Speicherring. Seitdem fuhren die Desy-Forscher die Anlage vorsichtig hoch, jetzt konnten sie erstmals das Röntgenlicht erzeugen. "Wir testen nun die Messapparaturen. Im kommenden Jahr werden an Petra III die Experimente laufen", sagt Dosch. Dann werden die Positronen im Uhrzeigersinn fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Beschleuniger rasen. In einer Sekunde sausen sie dann, in Paketen von bis zu zehn Milliarden Teilchen gepresst, 130 000-mal durch den Ring. Darauf warten Mediziner, Archäologen, Biologen, Bodenkundler, Physiker, Erdbebenforscher, Materialwissenschaftler oder Geologen gespannt. Ob Medikamente oder Schweißnähte, Brillanten oder alte Schriften, Solarzellen oder Datenträger - der haarfeine, hochpräzise Röntgenstrahl von Petra III erlaubt sensationelle Blicke in die Welt des Mikrokosmos und in das Erdinnere. Petra III wird, darin sind sich alle einig, die Material- und Strukturforschung in den kommenden fünf Jahren revolutionieren. Dafür hat Hamburgs größtes außeruniversitäres Forschungszentrum den bestehenden Beschleuniger Petra in den vergangenen zwei Jahren für 225 Millionen Euro komplett überholt und umgerüstet sowie eine neue Experimentierhalle gebaut.

Um selbst kleinste Erschütterungen der hochsensiblen Messinstrumente zu vermeiden, wurde der 280 Meter lange, 24 Meter breite und ein Meter dicke Betonboden der Halle in einem Stück geschüttet. Zudem ist die Betonplatte vom Rest des Gebäudes entkoppelt. Dieses ruht auf einem Fundament von 96 Pfählen, die 20 Meter tief in den Boden getrieben worden sind.

Ihre Ingenieurs- und Baukunst können die Desy-Forscher von heute an erneut unter Beweis stellen. Um 15 Uhr wird heute der Grundstein für den Bau einer Halle gelegt, in der die Module des europäischen Röntgenlasers getestet werden. "Das ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum X-FEL", sagt Dosch. Er ist sogar so wichtig, dass Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) heute zur Grundsteinlegung kommt.