Exotische Haustiere sind oft gefährlicher, als ihre Besitzer ahnen. Vor allem Kleinkinder und Schwangere können sich mit Salmonellen infizieren

Hamburg. Durchfall, Erbrechen und hohes Fieber: Mit diesen Beschwerden kam der drei Monate alte Leon (Name geändert) ins Krankenhaus. Dort stellten die Ärzte eine Salmonellen-Meningitis fest. Wo aber hatte der Junge sich angesteckt? Die Analyse der Erreger erbrachte einen überraschenden Befund: Leons Salmonellen waren identisch mit den Erregern von zwei Bartagamen, possierlichen Echsen, die im Haushalt des Jungen lebten.

Mehr als 600 000 Reptilien werden nach Angaben des Zolls am Flughafen Frankfurt am Main jedes Jahr nach Deutschland eingeführt. Schlangen, Schildkröten und Echsen wie Bartagamen, Geckos und Leguane bevölkern mittlerweile viele Wohnungen. Dass solche Exoten ein Gesundheitsrisiko darstellen können, insbesondere für Kleinkinder, Schwangere und ältere Menschen, ist vielen Haltern womöglich nicht bewusst.

Experten sind jedoch alarmiert. Das Robert-Koch-Institut (RKI) stellte in den vergangenen Jahren fest, dass unter den gemeldeten Fällen von Salmonellen-Erkrankungen ein hoher Anteil von Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren war. Um die Infektionsherde ausfindig zu machen, führte das Institut eine Studie durch. Das Ergebnis: In vielen Fällen hatten Reptilien die Erreger auf die Kinder übertragen. "Jedes dritte Kind, das mit einer schweren Salmonellen-Infektion in ärztliche Behandlung kommt, hat sich mit Keimen von exotischen Tieren angesteckt", sagte der Mediziner Dr. Wolfgang Rabsch vom RKI auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie in Leipzig.

Dort warnte er davor, sorglos mit Reptilien umzugehen. "Die Tiere sehen sauber aus, aber das ist ein Trugschluss." Weil die Reptilien in ihren Gehegen teilweise durch ihren eigenen Kot liefen, der oft Erreger enthalte, könnten sich Salmonellen auf ihrer Haut ansiedeln. Prof. Michael Borte vom Städtischen Klinikum in Leipzig schätzt, dass 90 Prozent aller im Handel gekauften Reptilien mit Salmonellen infiziert sind.

Für Kleinkinder, Schwangere und ältere Menschen könne dies insofern eine Gefahr bedeuten, weil ihr Immunsystem oft nicht stark genug sei, die Erreger abzuwehren. "Die möglichen Erkrankungen reichen von Hautinfektionen über Blutvergiftungen bis hin zu Knochen- und Hirnhautentzündung", sagte Borte. Auf der Tagung in Leipzig hatten die Ärzte deshalb eine klare Botschaft: Insbesondere in Haushalten mit Kleinkindern hätten Reptilien nichts zu suchen. Grundsätzlich raten sie Besitzern von Reptilien, sich nach jedem Kontakt die Hände zu waschen.

Auch erfahrene Halter setzen sich Risiken aus, zumindest wenn sie mit hochgiftigen Schlangen, Spinnen oder Skorpionen zu tun haben. Wie Dirk F. aus Hamburg, dessen Fall vor Kurzem bekannt wurde. Der Mann kannte sich mit Schlangen aus, doch als er bei einer privaten Reptilienführung in Österreich in ein Terrarium griff, wurde er von einer hochgiftigen südamerikanischen Klapperschlange gebissen. Dirk F. starb kurze Zeit nach dem Biss. Während die private Haltung von gefährlichen Exoten in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein verboten ist oder einer besonderen Genehmigung bedarf, gibt es in Hamburg keine Haltungsbeschränkungen. Zwar hatte die SPD 2009 einen Gesetzesantrag zu einer "Gefahrtierverordnung" für Giftschlangen und andere Exoten an die Hamburger Bürgerschaft gestellt, doch dieser wurde abgewiesen. Nach Einschätzung der Amtstierärzte gibt es für eine solche Verordnung in Hamburg keinen Bedarf. Aus Sicht der Hamburger Umweltbehörde reicht daher die "gefahrenabwehrrechtliche Verpflichtung" nach Paragraph 121 des Ordnungswidrigkeitsgesetzes aus. Danach kann eingegriffen werden, wenn Dritte gefährdet sind. Dem Hamburger Tierschutzverein reicht das nicht aus. Er arbeitet deshalb an einem neuen Vorschlag zu einer Gefahrtierverordnung.

Tierschützer bemängeln zudem eine Wegwerf-Mentalität. "Reptilien zu halten ist seit einigen Jahren der letzte Schrei. Viele Leute schaffen sich diese Tiere aber unüberlegt als lebende Dekoration an", sagt Sandra Altherr vom Verein Pro Wildlife in München. "Werden die Tiere groß oder gar gefährlich, landen sie oft im Straßengraben oder im Wald." Aus Sicht des Tierschutzes, aber auch aus Sicherheitsgründen müsse der Handel mit exotischen Tieren strenger reglementiert werden, so Altherr.

Quelle: www.tierschutzbund.de