Berlin. Es geht immer eisiger zu im Netz: Das registriert die Beschwerdestelle FSM mit Meldungen rechtsradikaler und volksverhetzender Inhalte.

Beschwerden über volksverhetzende oder rechtsradikale Web-Inhalte haben stark zugenommen. 2015 gingen insgesamt 256 Meldungen zu rechtsradikalen Inhalten ein, acht Mal so viele wie im Vorjahr, wie die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM) am Montag in Berlin mitteilte (PDF). Bei den Beschwerden über volksverhetzende Seiten registrierte die FSM eine annähernde Verdreifachung auf 139 Fälle. Auf ihrer Seite kann jeder Nutzer anonym Hinweise geben.

Als Grund für den Anstieg vermutet die FSM einerseits, dass es angesichts des politischen Klimas in Deutschland tatsächlich mehr solcher Inhalte gibt. Andererseits sei auch „ein engagierteres Meldeverhalten durch erhöhte Sensibilität in der Bevölkerung“ denkbar.

Insgesamt so viele Meldungen wie nie

Dafür sprechen könnte auch, dass die FSM insgesamt Rekordzahlen meldet. Insgesamt gingen dort im vergangenen Jahr 5448 Beschwerden zu Internetinhalten ein, so viele wie noch nie. Volksverhetzende Inhalte machten drei Prozent aller Beschwerden aus, rechtsradikale fünf Prozent. Bei 256 Fällen rechtsradikaler Inhalte ging es 55-mal um Holocaustleugnung, die Verbreitung verfassungsfeindlicher Kennzeichen oder Propagandamittel ging mit 201 Fällen in die Statistik ein.

„Unsere Statistik sagt nichts darüber aus, wo die volksverhetzenden Äußerungen stattfinden“, sagt Otto Vollmers, Geschäftsführer der FSM. „Wir können aber sicherlich davon ausgehen, dass der Anstieg der Volksverhetzung mit der aktuellen Diskussion zu tun hat und der Schluss liegt nahe, dass sich davon viel in den sozialen Netzwerken abspielt.“

Facebook ist erst seit Ende vergangenen Jahres Mitglied der Freiwilligen Selbstkontrolle Medien, die für Mitglieder auch als Organ zur Selbstregulierung agieren kann. Das Netzwerk selbst fiel am Montag damit auf, dass es die Seite „Perlen aus Freital“ sperrte, die Hasspostings dokumentiert hatte.

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Jede dritte Beschwerde ohne Folgen

Ein Drittel der Beschwerden bleibt folgenlos: Entweder geht es um Fälle wie Persönlichkeitsverletzungen, Phishing oder Betrug, für die die Stelle nicht zuständig ist. Oder Nutzer melden Fälle, die sich nach Prüfung als nicht jugendmedienschutzrelevant herausstellen.

Der größte Teil der berechtigten Beschwerden bezog sich auf kinder- oder jugendpornografische Inhalte (1542), gefolgt von Erwachsenenpornografie (996). Pornografisches Material mit Kindern und Jugendlichen leitet die Beschwerdestelle ans BKA weiter. Eine mögliche Erklärung für den Anstieg hier ist die Verschärfung des Sexualstrafrechts nach dem Fall Edathy. Seit 2015 fallen auch bestimmte Posendarstellungen unter das Strafgesetz, die vorher nur vom Jugendmedienschutzrecht erfasst wurden.

Inhalte werden schnell gelöscht

Die beanstandeten kinder- und jugendpornografischen Inhalte waren in 98 Prozent der Fälle innerhalb von einer Woche gelöscht, wenn sie sich auf deutschen Seiten fanden. Wenn solches Material länger im Netz war, dann geschah das zum Teil auf Bitten von Behörden, die laufende Ermittlungen nicht gefährden wollten. Bei Inhalten aus dem Ausland seien innerhalb von vier Wochen 62 Prozente der Inhalte gelöscht worden, was zum Teil an einer anderen Rechtslage liegt: Was in Deutschland verboten ist, muss es im Ausland noch lange nicht sein.

Die 1997 von Medienverbänden und Unternehmen der Online-Wirtschaft gegründete Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia ist seit 2005 von der Kommission für Jugendmedienschutz als Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anerkannt. Bei ihrer Beschwerdestelle kann jeder Internetnutzer jugendgefährdende Inhalte im Netz melden. (epd/law)