Facebook ist im Bereich Social Media bisher Marktführer. Der direkte Vergleich zeigt, dass Google + Mark Zuckerberg gefährlich werden kann.

Hamburg. Erst kurze Zeit ist das neue Soziale Netzwerk Google + online. Doch der Andrang ist groß. Innerhalb kürzester Zeit haben sich bereits rund 10 Millionen Nutzer angemeldet. Facebook, mit mittlerweile rund 750 Millionen Nutzern, sprengte die 12 Millionen Marke erst nach eineinhalb Jahren. Da drängt sich schnell die Frage auf: Kann Google + den derzeitigen Marktführer im Bereich Social Media vom Thron stoßen? Im direkten Vergleich werden Vor- und Nachteile beider Plattformen beleuchtet:

Was sowohl Facebook als auch Google + gemeinsam haben, ist die Profilansicht und der Nachrichtenfeed, der bei Google "Stream" heißt. Hier laufen alle veröffentlichten Nachrichten von Freunden und Seiten, denen man folgt, ein. Auch eigene Nachrichten werden hier veröffentlicht. Ein Vorteil von Google + hier: Ich kann meine Beiträge nachträglich bearbeiten. Dies funktioniert bei Konkurrent Facebook nicht.

Was bei dem blauen Gegner der "gefällt mir"-Button ist, hat Google + mit einem "+1"-Button gelöst. Alle Beiträge, die ich mit +1 bewertet habe, werden bei Google + auf einer eigenen Seite meines Profils gesammelt. Google + hat ebenfalls unter jedem Beitrag im Stream die Möglichkeit geschaffen, den Beitrag zu kommentieren oder ihn mit Freunden zu teilen.

Nun aber zum wohl größten Unterschied zwischen den beiden Konkurrenten: Während Facebook erst nachträglich die Möglichkeit eingeführt hat, die "Freunde" in verschiedene Listen (also zum Beispiel Kollegen, Familie etc.) einzutragen, kann ich bei Google + einen Kontakt direkt einem "Circle" (Freundeskreis) zuordnen. Da ich mich mit meinem Google-Konto angemeldet habe, schlägt mir Google + direkt mein gesamtes Adressbuch aus meinem Googlemail-Konto als "Freunde" vor. Wähle ich einen von diesen Kontakten aus, werde ich gleich gefragt, welchem Circle dieser angehört. Auf der Circles-Unterseite sind alle Circles - selbstredend - kreisförmig dargestellt und die ihnen zugeteilten Freunde sichtbar.

Bei Facebook kann jeder Nutzer sehen, wen ich welcher Freundes-Liste zugeordnet habe. Es sei denn, ich deaktiviere diese Funktion manuell. Bei Google+ ist die Einteilung meiner Kontakte in verschiedene Circles von vornherein nur für mich sichtbar. Dies hat den Vorteil, dass ein Arbeitskollege nicht sofort weiß, dass ich ihn vielleicht doch nicht zu meinem engsten Freundeskreis zähle.

Auch der Stream ist durch ein Seitenmenü direkt in verschiedene Circles einteilbar. Das heißt, dass ich nach einem Klick auf den Circle "Kollegen" nur die Neuigkeiten und Beiträge von meinen von mir dort eingeteilten Kollegen sehe und dort auch direkt etwas posten kann, ohne dass ein anderer Circle davon etwas mitbekommt. Ebenfalls angewendet wird diese Funktion auf den Chat. Besonders praktisch, wenn man nur für eine bestimmte Gruppe von Bekannten als online sichtbar sein möchte. Mit bis zu zehn Personen kann dann auch ein Videochat, ein sogenannter "Hangout", gestartet werden. Den alten Freundeskreis, der mittlerweile über ganz Deutschland verteilt ist, gleichzeitig sprechen? Mit dieser Funktion ist das kein Problem mehr. Mark Zuckerberg hat das wohl ein wenig Sorgen bereitet und nur eine Woche nach dem Start von Google + wurde für Facebook ebenfalls ein Videochat eingeführt.

Sinnvoll ist die Verbindung mehrerer Google-Produkte. So werden in meinem Googlemail-Account in der Kopfleiste nun auch mein Profilfoto, sowie neue Benachrichtigungen von Google + eingeblendet. Diese Verbindung kann aber auch zu bösen Überraschungen führen. Mein längst vergessenes Picasa-Album war nach einer ersten Registrierung automatisch bei Google + integriert, die Fotos aber eigentlich nicht für jedermann bestimmt. Allerdings kann auch hier relativ leicht nachjustiert werden, welcher Circle welche Fotoalben sehen darf.

In Sachen Design kann Google + überzeugen. Besonders Fans von minimalistischer Gestaltung kommen auf ihre Kosten. Es gibt so wenig Buttons, dass ich mich beim ersten Anblick der Seite gefragt habe, ob das so richtig sein kann. Tatsächlich fehlen mir im Vergleich zu Facebook aber keine wichtigen Funktionen. Allerdings sind die Buttons für den Wechsel zwischen der Photo-, Profil, Circles- und Stream-Ansicht, anders als bei Facebook, nicht zusätzlich beschriftet. Nur beim Mouseover wird die Funktion deutlich.

Bisher verzichtet Google + auf jegliche Werbung und schafft damit viel Weißraum auf seiner Seite. Ein geradezu entspannendes Erlebnis im Vergleich zur überladenen Facebook-Seite.

Fazit: Facebook muss sich tatsächlich warm anziehen. Google + ist leicht zu bedienen, überzeugt durch die Circles-Funktion auch paranoide Netzwerk-Freunde und kommt in klarem Design daher. Dennoch hakt es an vielen Stellen der Plattform noch, wenn man ihr auch zugestehen muss, dass sie sich für ihre zweiwöchige Lebenszeit und den extremen Andrang wacker schlägt. Offen bleibt allerdings die Frage nach der Datensicherheit. Google + greift durch meinen Google-Account auf zahlreiche andere Produkte des Konzerns zu, die ich ebenfalls nutze. Erst im Herbst des vergangenen Jahres waren Sicherheitslücken im Mail-Dienst von Google aufgeflogen.

Trotzdem können wohl jetzt schon die ersten Wetten abgeschlossen werden, wann Google + seinen größten Konkurrenten Facebook vom Thron der sozialen Netzwerke stoßen wird.