Der Appetit auf Samen und Sprossen als Energielieferanten und Heilmittel hat zugenommen. Welche Sorten wofür am besten geeignet sind.

Sattes Grün für ein gekochtes Ei oder Käsebrot, extra Frische für Salat und Gemüse: Sprossen und Keimlinge sorgen für das grüne und knackige i-Tüpfelchen. Sie sind gesund und schnell verfügbar. Ebenso hoch gelobt sind derzeit Samen, zum Beispiel Chia oder Quinoa. Superfood oder nur zeitgeistiges Vogelfutter? Schon bei den Mayas und Azteken galt Chia als Grundnahrungsmittel. Zwei Esslöffel eingeweichter Samen dienten als Stärkung – die Körner sollten Ausdauer verleihen, lang anhaltend sättigen und die geistige sowie körperliche Leistungsfähigkeit unterstützen. Also kaum überraschend, dass Chia bei den Mayas „Stärke“ heißt. Die Körner sind oval mit einem Durchmesser von ein bis zwei Millimetern.

Heute wird Chia nicht mehr nur in Mexiko angepflanzt, sondern überhaupt in Südamerika, aber auch in Australien und Südostasien. Ein Anbau in Deutschland klappt nicht, die Pflanze ist nicht frostbeständig.

Chia-Samen sind reich an Vitamin B, Niacin, Calcium, Magnesium, Eisen und Zink. Der hohe Ballaststoff-Gehalt trägt dazu bei, dass die Körnchen innerhalb weniger Minuten das Neun- bis Zwölffache ihres eigenen Gewichts an Flüssigkeit aufnehmen können. Das Volumen der Nahrung vergrößert sich, die Verdauung wird zugleich gefördert. Bemerkenswert ist der hohe Anteil an ungesättigten Fettsäuren (Omega-3). Die Samen bestehen zu mehr als einem Drittel aus Fett und gehören somit zu den Ölsaaten. 100 Gramm enthalten 440 Kilokalorien, bei unbehandelter Ware wird ein maximaler Verzehr von 15 Gramm pro Tag empfohlen.

Wer Keimlinge selber zieht, mussdie Hygieneregeln penibel beachten

Sehr beliebt ist Chia-Pudding. Drei Esslöffel Samen werden über Nacht in 0,2 Liter Flüssigkeit eingeweicht, zum Beispiel in Mandel-, Haselnuss-, Hafer-, Kokos-, Soja- oder ganz normaler Kuhmilch. Dazu kann man noch Natur- oder Sojajoghurt geben, frisches oder getrocknetes Obst, Marmelade, Haferflocken oder Nüsse. Rohe Samen sind ein gutes Topping für Müsli, Salate oder Joghurt und lassen sich auch in Smoothies genießen.

Die tollen Körnchen eignen sich auch für die vegane und glutenfreie Ernährung. Wer ein Hühnerei beim Backen ersetzen möchte, kann einen Esslöffel Chia-Samen mit drei Esslöffeln Wasser mindestens 15 Minuten quellen lassen und das gewonnene Chia-Gel als Ei-Ersatz (entspricht einem Hühnerei) im Teig verwenden.

Den Samen aus dem Süden ähneln übrigens die heimischen flachen, hellbraunen und glänzenden Leinsamen. Sie schmecken leicht nussig und enthalten Ballaststoffe, Calcium, Eisen und Vitamin E sowie geringe Mengen an Kadmium und Blausäure, weswegen nicht mehr als 20 Gramm (zwei Esslöffel) pro Tag gegessen werden sollten. 100 Gramm enthalten etwa 400 Kilokalorien. Leinsamen passen gut zu Joghurt oder Müsli, finden sich in Brot und gelten als Verdauungshilfen. Die enthaltenen Schleimstoffe wirken unterstützend bei nervösem Magen und regen die Verdauung im Darm an.

Gerade angesagt ist auch Quinoa. Die hirsegroßen Samen in Rotbraun, Gelb oder Weiß sind kein Getreide, sondern stammen von einer Körnerfrucht aus den Anden. Quinoa enthält Eisen, Phosphor, Eiweiß und Calcium, ist glutenfrei und sättigend. 100 Gramm haben etwa 340 Kilokalorien. Die Körnchen können wie Reis verarbeitet werden, eignen sich als Suppeneinlage, für Aufläufe und vegetarische Bratlinge. Auf den Speiseplan derjenigen, die sich bewusst und gesund ernähren möchten, gehören Sprossen und Keimlinge schon lange. Sie enthalten Vitamine, Niacin, Eisen, Calcium, Zink und Magnesium sowie die wichtige Folsäure. Diese braucht der Körper für die Blutbildung, das Wachstum und die Zellteilung. Allerdings waren Sprossen nach der Ehec-Epidemie vor fünf Jahren in Verruf geraten. Schuld waren damals den Behörden zufolge Bockshornkleesamen aus Ägypten, die auf einem Biohof in Niedersachsen gekeimt und in denen sich gefährliche Bakterien eingenistet hatten.

Leckerer Energiespender: Chia-Pudding
mit Knuspermüsli und Zwergorangen
Leckerer Energiespender: Chia-Pudding mit Knuspermüsli und Zwergorangen © iStockphoto

In den Gemüsetheken gut sortierter Supermärkte finden sich heute wieder die Klassiker wie Kresse, Bockshornklee, Alfalfa- und Mungobohnensprossen. Doch Keimlinge lassen sich von allen möglichen Gemüse- und Getreidesamen ziehen, zum Beispiel aus Radieschen, Linsen, Weizen, Rotklee, Rettich, Sojabohnen, Rote Beete, Erbsen, Rucola, Kohlrabi, Kichererbsen, Amaranth oder sogar Sonnenblumen. Manche schmecken herb oder etwas bitter, andere mild und leicht süßlich.

Für die Anzucht zu Hause gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel spezielle Geräte aus dem Handel. Aber ein Einmachglas oder eine flache Schale mit einem feuchten Papiertuch reichen auch aus. Vor allem müssen Hygieneregeln penibel beachtet werden, denn Sprossen verderben sehr schnell. Deshalb sollten die Samen vor dem Keimen gewaschen und dann täglich mit frischem Wasser gespült werden. Nach der Keimung müssen sie innerhalb von zwei Tagen gegessen werden.

Als Sprossen gelten übrigens auch Spargel und Teile des Bambus. Und kennen Sie Brüsseler Sprossen? Das sind die Blattröschen vom Rosenkohl. Als „Choux des Bruxelles“ (Brüsseler Kohl) wurde Rosenkohl Ende des 16. Jahrhunderts zum ersten Mal in den damaligen Spanischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, angebaut. Auf Englisch heißt das Gemüse denn auch „Brussels sprouts“.