Start des Projekts 1000 mutige Männer für Harburg. Kampagne soll Bewusstsein für Bedeutung der Darmkrebsprävention schärfen.

Harburg. Jahr für Jahr erkranken 1250 Hamburger an Darmkrebs, 123 von ihnen wohnen in Harburg. Viel zu viele, sagen die Hamburger Krebsgesellschaft und die Barmer GEK und suchen jetzt "1000 mutige Männer für Harburg", die sich in einer konzertierten Aktion bis zum 31. März 2013 einer präventiven Darminspektion unterziehen. "Wenn uns das gelingt, werden wir 50 Leben retten", sagt Professor Friedrich Kallinowski, Chef der Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Asklepios-Klinik Harburg (AKH), die zu den Kooperationspartnern der Kampagne gehört.

Dass indes zeitgleich zur offiziellen Auftaktveranstaltung am Dienstagabend im Harburger Rathaus in der AKH ein Vortrag zum Thema "Moderne Therapien von Dickdarmtumoren" stattfand, bleibt unverständlich. Kallinowski begründete die Terminkollision mit einer langen Vorlaufphase der Reihe "Harburger Nachtvorlesungen". Da sei aber sicher auch nicht optimal kommuniziert worden, räumte er ein.

Der Große Rathaussaal war derweil trotzdem gut gefüllt, als Dr. Roland Diel, der Chef des hiesigen Gesundheitsamtes, den Start der Kampagne verkündete. Dafür war ursprünglich Bezirksamtsleiter und Aktionspate Thomas Völsch vorgesehen, der aber kurzfristig einen anderen wichtigen Termin zum Thema Moorburg wahrnehmen musste. Für Diel war es einer seiner letzten öffentlichen Auftritte als Leiter des Gesundheitsamtes. Ende November wird der 53 Jahre alte promovierte Gesundheitsökonom Harburg nach 18 Jahren verlassen, um eine Professur an der Christian-Albrechts-Uni Kiel anzutreten.

Zuvor sei es ihm aber ein persönliches Anliegen, dass die Aktion "1000 mutige Männer für Harburg" ein Erfolg werde. "Darmkrebs ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland, jährlich sterben 28 000 Menschen daran. Was zeigt, wie brisant dieses Thema tatsächlich ist", so Diel.

Das bewies auch die äußerst prominent besetzte Gästeliste der Auftaktveranstaltung. Gleich acht Experten nahmen in drei verschiedenen Gesprächsrunden auf dem Podium Platz. Laut Professor Ulrich R Kleeberg, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Krebsgesellschaft, sei die Vorsorge bei Darmkrebs vor allem deshalb so wichtig, weil Vorstadien rechtzeitig erkannt und die Entstehung von Tumoren so definitiv verhindert werden könnten: "90 Prozent aller Darmkrebsfälle treten jenseits des 50. Lebensjahres auf, deshalb sprechen wir mit unserer Aktion vor allem Männer ab 55 Jahren an."

In den vergangenen acht Jahren seien 50 000 Menschen durch Vorsorgeuntersuchungen gerettet worden, rechnete Professor Friedrich Kallinowski vor: "Es hätten aber dreimal so viele sein können, weil nur jeder Dritte die Vorsorge wahrnehme." So hoffe er, die "schweigende Mehrheit der Vorsorge-Muffel" werde durch die Kampagne ermutigt, zur Spiegelung zu gehen.

Zu praktischen Aspekten der endoskopischen Untersuchung nahm Dr. Klaus Reuter Stellung. Er ist einer der sechs niedergelassenen Harburger Gastroenterologen, die regelmäßig Vorsorge-Koloskopien durchführen. Für ihn ist ganz entscheidend, den Männern die Angst zu nehmen. Das Vorbereitungsprozedere mit der Aufnahme von vier bis sechs Litern Abführmittel sei im Grunde schon das Unangenehmste. Die Spiegelung selbst erfolge dann unter einer Kurznarkose und dauere zwischen 15 und 30 Minuten. "Selbst der Abtrag möglicher Polypen ist in der Regel schmerzlos, weil die Darmschleimhaut keine Schmerznerven hat", so Reuter. Nur in 0,19 Prozent aller Fälle, etwa jedem 500., käme es zu Komplikationen wie Blutungen oder Herz-Kreislaufproblemen. Eine Perforation des Darms ist mit 0,02 Prozent sogar noch seltener.

Inzwischen haben sich neben dem Abendblatt schon eine ganze Reihe prominenter Unterstützer der Aktion gefunden. Dazu zählen neben der Asklepios-Klinik unter anderen der Channel Hamburg, die Firma Hornbachers, die Sparkasse Harburg-Buxtehude und Olympus, die auch den Hauptpreis für die Tombola gestiftet hat, eine Digitalkamera.

Eine Nachfrage des souveränen und sehr kompetenten Moderators Jörn Straehler-Pohl im Auditorium ergab, dass etwa 20 der anwesenden Männer sofort zu einer Spiegelung bereit wären. Das war schon mal ein optimistischer Auftakt. Kathrin Stannieder, die Koordinatorin der Aktion, relativierte derweil schon mal die Erwartungshaltung: "Ich denke, wenn wir am Ende 500 Männer mobilisieren konnten, wäre das schon ein großer Erfolg."