Meistens handelt es sich dabei nur um harmlose Infekte, aber es kann sich auch eine gefährliche Lungenentzündung entwickeln.

Hamburg. Carl hat Husten, der sich ein bisschen scheppernd anhört. Seit einigen Wochen schon ist der sechs Monate alte Säugling erkältet und hat immer wieder Temperatur um die 38 Grad Celsius. Carl ist nicht schwer krank, aber auch nicht so gut drauf wie sonst, erzählt sein Vater. Der Husten wird heftiger, und beim Atmen ist ein leicht röchelndes Geräusch zu hören. Deshalb ist Martin Neuhard, 42, Mitte Januar mit Carl in die Praxis von Dr. Stefan Renz (siehe Text unten) und Dr. Volker Petersen gekommen.

Mit dem Stethoskop horcht Dr. Renz die Lunge des Kleinen ab: "Das hört sich an, als wären die Bronchiolen entzündet und dadurch zu eng, das ist ein ganz charakteristisches Geräusch." Der Kinderarzt schaut sich auch noch den Rachen und die Ohren seines Patienten an. Dort ist soweit alles in Ordnung. Dr. Renz hat Viren als Auslöser des Hustens im Verdacht.

Die Assistentin der Praxis hat bereits die Sauerstoffsättigung von Carl gemessen. Carls Wert: 95 Prozent, am Morgen waren es noch 98 Prozent; der Wert ist nun also etwas schlechter, aber noch kein Anlass, ihn in eine Klinik zu überweisen. "Der Husten an sich ist ein Rettungsmechanismus des Körpers, er bewahrt ihn davor, dass Keime in die Lunge wandern", erklärt Dr. Renz. Aber: "Das müssen wir im Auge behalten." Vater und Sohn sollen am nächsten Tag wiederkommen, die Eltern sollen den Kleinen inhalieren lassen, und schauen, ob das hilft. Von Hustensäften rät der Kinderarzt ab, die Wirkung sei umstritten, der beste Schleimlöser sei immer noch, viel Wasser zu trinken.

Husten, Schnupfen, Fieber, Halsschmerzen, Mittelohrentzündung - die vielen Infekte halten Eltern und ihre Kinder vor allem in den ersten Lebensjahren auf Trab. Carl hat eine fünf Jahre alte Schwester und verbringt einen Teil des Tages bei einer Tagesmutter, die mehrere Kinder betreut. "Kaum war Carl dort eingewöhnt, ging es los mit den Keimen und den Krankheiten", sagt sein Vater. Laut dem Kinderpneumologen Dr. Christoph Runge gelten zehn bis zwölf Infekte pro Jahr durchaus als normal. "Die Kinder haben zwei, drei Wochen Schnupfen und Husten, dann ist ein paar Tage Ruhe, dann geht es wieder vor vorne los. Manche Eltern haben das Gefühl, es gibt gar keine Pause dazwischen." Mit dem Schulalter gehe die Zahl der Infekte aber deutlich zurück.

Nicht selten haben kleine Kinder bei einer Erkältung auch mit Ohrenschmerzen zu kämpfen. Krankheitserreger können über einen Verbindungsgang durch die Nase den Weg ins Ohr finden und eine Mittelohrentzündung auslösen. "Kleine Kinder weinen dann oft und jammern viel, zeigen oder sagen aber nicht unbedingt, dass die Ohren wehtun, nur ein Arzt kann dann feststellen, ob die Trommelfelle gerötet sind und eine Entzündung vorliegt", sagt Renz. Schmerzstillender Saft oder auch Nasentropfen können helfen; bei Kindern unter zwei Jahren greifen die Mediziner schneller zu Antibiotika als bei älteren Kindern. "Es besteht eher die Sorge, dass das Trommelfell durchbricht oder dass ein Teil des Schläfenbeins hinter dem Ohr sich entzündet."

Ein Hinweis auf eine Halsentzündung sei, dass die Kinder kaum noch essen und trinken. Für Streptokokken, von denen ein Teil auch Scharlach auslösen kann, gibt es einen Schnelltest, den viele Kinderärzte in der Praxis durchführen. "Liegt eine Streptokokkenangina vor, wird nach derzeitigem Stand der Medizin mit Penicillin behandelt", sagt Renz. Die Kinder seien nach 24 Stunden nicht mehr ansteckend, und ihnen gehe es deutlich besser.

Bei lang anhaltendem Husten denkt Dr. Renz auch immer an Keuchhusten, selbst wenn die Kinder dagegen geimpft sind. Dieser bakterielle Infekt beginnt harmlos mit Husten, Niesen, Heiserkeit, nach etwa zwei Wochen fangen die typischen Hustenanfälle an, teils wirken die Kinder so, als ob sie ersticken, sagt der Kinderarzt. "Das wirkt sehr bedrohlich auf die Eltern. Vor allem für Säuglinge kann Keuchhusten gefährlich sein." Einige Tage später ist Carl immer noch nicht gesund. Könnte sich eine Lungenentzündung entwickeln? "Ja, schon. Wir müssen achtsam sein", sagt Dr. Renz. Pneumonien können durch verschiedene Bakterien und Viren verursacht werden, Kinder mit Grunderkrankungen wie Asthma oder Mukoviszidose sind gefährdeter als andere. Auch Grippeviren können eine Lungenentzündung mit sich bringen. Bei einer "richtigen" Grippe (Influenza) fühlen sich die Kinder laut Experten von einem Moment auf den anderen so krank, dass "nichts mehr geht".

Alarmzeichen für eine Pneumonie sind mehrere Tage Fieber über 38,5 Grad Celsius oder akut hohes Fieber. Dazu können extremer Husten ohne größere Pausen in der Nacht und eine angestrengte, schnellere Atmung kommen. "Diese kann man bei Kleinkindern am Stöhnen, am Blähen der Nasenflügel beim Atmen und an Einziehungen der Haut unterhalb des Rippenbogens erkennen", sagt Lungenspezialist Runge. Wachsam müsse man sein, wenn ein Kind nicht mehr spiele und sehr krank wirke. Bei kleinen Babys jedoch komme es vor, dass sie kränker seien, als es den Anschein habe - oder umgekehrt. Kinderärzte können eine Lungenentzündung an den "feinblasigen Rasselgeräuschen" über der Lunge erkennen, aber nicht immer: "Es kann sein, dass die Pneumonie sehr tief in der Lunge sitzt, oder zwischen Lungen- und Rippenfell Flüssigkeit ist, dann fällt es schwer, die typischen Geräusche zu hören." Klarheit könne dann nur ein Röntgenbild bringen.

Nach einer Woche ist Carl noch nicht gesund. Als er an einem Nachmittag plötzlich mehr als 40 Grad Celsius Fieber hat, bricht Martin Neuhard sofort in die Praxis Renz/Petersen auf. Die Empfehlung: Ab ins Altonaer Kinderkrankenhaus, ein Röntgenbild machen. Dr. Renz ist an diesem Tag in der Kardiologie vor Ort und sieht sich die Bilder zusammen mit dem Oberarzt Dr. Frank Ahrens an (siehe Interview). Leider hat Carlchen nun doch eine leichte Lungenentzündung, und muss zehn Tage lang Antibiotikasaft nehmen. Die Ärzte gehen davon aus, dass sich auf den viralen Infekt noch Bakterien "draufgesetzt" haben, sie sprechen von einem typischen "zweizeitigen Verlauf" der Erkrankung. Im Altonaer Kinderkrankenhaus bleiben muss Carl aber nicht, dort werden etwa 500 Kinder im Jahr wegen Atemwegsinfekten stationär behandelt.

Schon vier Tage nach Beginn der Therapie geht es Carlchen wieder besser, er mag seinen Arzneisirup. "Ein Glück, dass Carl seine Medizin ganz lecker findet, und er sich auf seine drei Portionen Antibiotika am Tag immer freut", sagt sein Vater. Die Neuhards geben die Medizin weiter, nach zehn Tagen ist Carl wieder ganz der Alte - die Lungenentzündung ist überstanden.

Alle Folgen

28.1. Bauchschmerzen

30.1. Neurodermitis

31.1. Infektionen

1.2. Diabetes

2.2. Asthma und Allergien

3.2. Erkältungen

4.2. Sport und geistige Entwicklung

6.2. Spielen und seine Bedeutung

7.2. Kopfschmerzen

8.2. Ernährung

9.2. Augenkrankheiten

10.2. Unfälle

11.2. Gesundheitsgipfel